Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
ihrer Habe in den Busch und fuhren die darauffolgende Nacht mit ihren Kanoes nach der Insel Española. Und sie hatten den Vorteil, dass sie nicht beschwert waren mit Weib und Kind, sodaß ein jeder buschwärts laufen und sich Nahrung suchen konnte; auch gab ein jeder Bescheid an seine Genossen, um den Spaniern ja keine Zeit zu lassen, auf der Insel einige Fortification zu bauen.
Indessen setzten die Spanier sogleich über in der Absicht, die Franzosen aus den Wäldern zu vertreiben oder sie darinnen Hungers sterben zu lassen, wie sie es mit den Indianern getan. Allein es wollte ihnen nicht glücken, weil die Franzosen mit Kraut und Lot, auch mit guten Feuerrohren allzu wohl versehen waren. Ja diese nahmen zu einer Zeit die Gelegenheit inne, da die Mehrzahl der Spanier nach der großen Insel übergefahren war, mit ihrem Gewehr und Volk die Franzosen aufzusuchen, kehrten mit ihren Kanoes wieder nach Tortuga zurück, jagten alle Spanier, so sie noch da waren, wieder davon, verhinderten auch die anderen wiederzukommen und blieben so der Insel Meister.
Nachdem nun so die Franzosen wiederum der Insel Meister waren, schickten sie zum Gouverneur oder General von St. Christoph um Hilfe und baten, ihnen einen Gouverneur zu senden, um das Volk besser unter Gehorsam zu bringen, und allda eine Kolonie zu pflanzen. Der General, dem solches gefiel, gab von Stund an Order ein Schiff, das auf der Reede lag, klar zu machen und sandte ihnen als Gouverneur von Tortuga Monsieur Levasseur mit viel Volk und allerhand Notdurft. Sobald dieser Gouverneur angekommen, ließ er oben auf einen Felsen ein Fort aufwerfen, wodurch er den Hafen vor feindlichen Schiffen sicherte. Dieses Fort ist inaccessibel, oder so gelegen, daß man nicht dazu kommen kann, außer von einer Seite, wo jedoch nicht mehr als zwei Personen nebeneinander gehen können. Mitten in demselben ist eine Höhle in dem Felsen, die zu einem Munitionshaus dient und überdies ist da eine bequeme Gelegenheit eine Batterie anzulegen. Der Gouverneur ließ auf das Fort ein Haus bauen, pflanzte zwei metallne Stücke darauf und gebrauchte eine Leiter, um hinaufzusteigen. In dem Fort ist ein Quell süßen Wassers, genug, täglich tausend Menschen zu tränken, es kann auch nicht abgeschnitten werden, denn es kommt aus dem Felsen, rund um das Fort sind Plantagen, die sind sehr fruchtbar an Tabak und anderen Früchten. Nachdem die Franzosen hier ihre Kolonie gepflanzt hatten und ziemlich stark geworden waren, begann ein jeder, sein Heil zu versuchen. Einige fuhren hinüber nach der großen Insel, um zu jagen und Häute zu bekommen; andere, die solches zu tun nicht Lust oder Neigung hatten, begaben sich auf den Raub und fuhren nach den Küsten der Spanier zum Kapern aus, wie sie noch heutigen Tages tun; die übrigen, so sie Weiber hatten, blieben auf der Insel: einige legten Pflanzungen an und pflanzten Tabak, andere taten anderes, also daß jedweder Gelegenheit zu seinem Unterhalt fand.
Inzwischen konnten die Spanier alles dieses unmöglich mit guten Augen ansehen, weil sie wohl vermuteten, es möchten die Franzosen daselbst immer mächtiger werden, und endlich kommen und sie auch von der großen Insel vertreiben. Sie nahmen daher die Gelegenheit wahr, da eben viele Franzosen auf See und nicht wenige auf der Jagd waren, rüsteten ihre Kanoes aus und landeten zum zweiten Mal auf Tortuga mit Hilfe einiger französischer Gefangener, die sie bei sich hatten. Die Spanier waren achthundert Mann stark; die Franzosen konnten ihnen das Landen nicht verwehren und begaben sich deswegen in das Fort. Der Gouverneur ließ alle Bäume um das Fort niederhauen, um den Feind desto besser zu sehen. Weil nun die Spanier merkten, daß sie ohne Geschütz nichts ausrichten konnten, beratschlagten sie, wie sie ihre Sache aufs beste angreifen möchten. Sie sahen, dass alle die hohen Bäume, die das Fort gedeckt hatten, abgehauen waren, und dieses daher von einem gegenüberliegenden Berg beschlossen werden konnte. So machten sie einen Weg, das Geschütz da hinauf zu bringen. Dieser Berg ist ziemlich hoch und man kann, wenn man droben ist, das ganze Eiland übersehen; oben ist er flach und ringsum felsig, so daß es sehr beschwerlich fällt hinauf zu gelangen, außer auf dem Weg, den die Spanier damals gemacht haben, wie ich im folgenden erzählen will.
Die Spanier hatten viele Sklaven und Arbeitsleute bei sich, sowohl Matates oder Halbblut als Indianer, diese sollten einen Weg durch die Felsen brechen, das
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