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Piratenbraut

Piratenbraut

Titel: Piratenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Geisler
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sexistisch und wird in keiner Weise der inhaltlichen Debatte, auf die er sich bezog, gerecht.« Deshalb könne er sich nur bei jedem, den er verletzt habe, »in aller Form entschuldigen«, beteuert Claus-Brunner. Schließlich sei die Diskussion um die Quote bei Listenaufstellungen innerhalb der Piratenpartei »eine wichtige und richtungsweisende und sollte sachlich und mit Rücksicht auf die Interessen und Gefühle Einzelner geführt werden«.
    Kaum vorstellbar, dass einer wie dieser »Faxe« sich plötzlich eine so gestelzte Entschuldigung ausdenken würde. Ich wünschte, ich wüsste, was da wirklich passiert ist.
    Im Internet finde ich immerhin heraus, dass gestern Nachmittag im Abgeordnetenhaus von 15.06 Uhr bis 17.34 Uhr die wöchentliche Fraktionssitzung der Piraten stattgefunden hat. Ob »Faxe« dort von seinen Parteifreunden bearbeitet wurde? Ob sie ihn bedrängt haben? Oder kam er selbst auf die Idee, sich lieber doch noch in aller Form zu entschuldigen?
    Bei den Piraten sollte so etwas ja einfach herauszufinden sein. Denn die Fraktion hält ihre Sitzungen – im Gegensatz zur politischen Konkurrenz – stets öffentlich ab und dokumentiert sie ausführlich im Internet. Das gestrige Sitzungsprotokoll ist immerhin dreißig Seiten lang und wirklich detailliert. Es gibt sogar wörtlich einen Antrag gegen Handygebimmel während der Fraktionssitzung wieder, den die Parlamentarier beraten haben: »Für Mitglieder der Fraktion und deren Mitarbeiter gilt: Wessen Handy während der Fraktionsversammlung klingelt (also nicht lautlos ist), der zahlt 5 Euro in einen Topf, der am Ende der Legislaturperiode für einen guten Zweck gespendet wird (z. B. Pflanzung eines Baums).«
    Den »Tittenbonus« aber suche ich im Sitzungsprotokoll vergeblich. Fand die Debatte um »Faxes« Entgleisung vielleicht nur im nichtöffentlichen Teil statt? Oder etwa nur »im persönlichen Gespräch«? Oder gar nicht? Womöglich müsste ich jetzt einfach nachfragen. Aber bei wem? Würde ich eine Antwort bekommen? Wenn ja, wäre sie verständlich? Und: Könnte ich sie glauben?
    Ich weiß ja nicht einmal, ob das den Aufwand wert wäre. Nur weil ich zufällig Zeugin einer Verbalentgleisung eines Piraten im Internet wurde? Vermutlich sind mir viele ähnliche, schlimmere Äußerungen entgangen oder entgehen mir just in diesem Moment. Ich könnte meiner Partei und ihren mehrheitlich männlichen Repräsentanten auch einfach nur vertrauen – so wie das in anderen Parteien gehandhabt wird. Aber wozu dann das ganze Transparenz-Gedöns?
    Mein Kopf schwirrt – und ich stelle mir zur Ablenkung vor, was wohl in der CSU los wäre, wenn die Parteibasis ihre Ansichten über Frauen und Gleichberechtigung auf Twitter kundtun würde, statt beim Weißbier im Wirtshaus. Da geht es mir gleich wieder besser.

5 »Bitte mal bei Neupiraten doppelklicken«
    5 »Bitte mal bei Neupiraten doppelklicken«
Warum mein erster Ausflug ins virtuelle Parteileben in der Notaufnahme einer Telefonkonferenzsoftware endet
    Ich wusste, dass dieser Moment kommen würde: Die Partei führt mir meine Unfähigkeit vor. Ich sitze am Küchentisch, die Spülmaschine rumpelt sanft vor sich hin, die Kinder sind im Bett. Ich möchte mich endlich ins virtuelle Parteileben einschalten und an einer dieser wichtigen Mumble-Sitzungen teilnehmen, zu denen sich Piraten ständig verabreden. Schließlich bin ich ja auch deshalb Piratin geworden: Weil die Piratenpartei vorantreibt, was die anderen verschlafen haben. Sie versucht, die Demokratie auf digitalem Weg neu zu beleben.
    Und dieses Mumble, eine Sprachkonferenzsoftware, ist offensichtlich nicht irgendein Programm. Es wird auf der Parteiwebsite in der Rubrik »Mitmachen« als »zentrales Arbeitswerkzeug unter Piraten« angepriesen. Die Beschreibung liest sich geradewegs, als wäre es für Hobbypolitikerinnen mit kleinen Kindern entwickelt worden: Ob Parteivorstand oder regionale Arbeitsgruppe – dank Mumble könnten sich alle Piraten jederzeit dezentral übers Internet besprechen, ohne dafür »quer durch das Land reisen zu müssen«, steht dort. »Es wird diskutiert, geplant und zusammen auch gelacht.« Nach den virtuellen Vorstandssitzungen kehre sogar der Bundesvorstand »regelmäßig in unserer digitalen Kneipe ein«. Eine digitale Kneipe? Für eine analog aufgewachsene Mittdreißigerin wie mich klingt das fast schon extraterrestrisch.
    In Gedanken mache ich es mir mit einem Pfefferminztee daheim auf der Couch gemütlich und proste einem

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