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Piratenbraut

Piratenbraut

Titel: Piratenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Geisler
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Bundestag neu gewählt werden, die Piraten brauchen ein Wahlprogramm. Darin wird alles stehen, was die Parteibasis entwickelt und bei den nächsten Bundesparteitagen beschließt. Umgekehrt heißt das: Themen, um die sich niemand kümmert, kommen im Programm nicht vor. Sie werden einfach fehlen.
    Angeblich sollen Programmanträge bis zum 6. August im Liquid Feedback eingebracht sein, damit sie es noch auf die Tagesordnung beim Bundesparteitag in Bochum Ende November schaffen. Zumindest hat das kürzlich irgendjemand auf Twitter verbreitet. Wenn das stimmt, dann bleibt mir nicht viel Zeit.
    Ja, mir. Ich habe mich entschieden, den Piraten nicht nur beim Geschirrspülen in der Parteizentrale und beim Aufbau des monatlichen Infostands in meiner Nachbarschaft behilflich zu sein, sondern auch bei ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl! Warum auch nicht? Mir jedenfalls erscheint die Idee, als Neuling am Parteiprogramm mitzuarbeiten, ausgesprochen reizvoll.
    Schließlich hätten die Piraten mit Sicherheit nichts dagegen, im Herbst 2013 von Leuten wie mir gewählt zu werden. Und da wäre es natürlich sinnvoll, wenn die Partei mir und meinesgleichen zu verstehen gäbe, dass wir ähnliche politische Ziele haben. Was läge also näher, als einfach ein paar Ideen aufzuschreiben, die ich selbst im Wahlprogramm lesen möchte – zumal an einem solch prächtigen Julinachmittag unter der Rotbuche im elterlichen Garten?
    Immerhin habe ich inzwischen ein Thema gefunden. Das mag selbstverständlich klingen, war es aber nicht. Als ich zum ersten Mal erwog, mich persönlich in die Programmarbeit einzumischen, stellte ich fest: Ich wusste gar nicht, was ich konkret fordern sollte.
    Schließlich nahm ich einfach meine eigene Lebenssituation in den Blick: Als Mutter zweier kleiner Kinder, die zweimal Elterngeld beantragt, viele Monate mit der Suche nach Kitaplätzen zugebracht und die Inkompatibilitäten von Familien- und Berufswelt kennengelernt hat, fand ich es enttäuschend, dass die Piraten auf diesem Politikfeld bisher nicht viel bieten. Wieso also nicht versuchen, diese Lücke zu schließen? Klar, Familienpolitik mag ein bisschen uncool klingen. Aber es können ja auch nicht alle Wirtschafts- oder Außenminister werden.
    Schon vor mehr als einem Monat hatte ich begonnen, eine Debatte anzustoßen. Unter dem Betreff »Piratige Alternativen zum Betreuungsgeld« schickte ich testweise Reformideen zum Elterngeldgesetz auf die Mailingliste des geschlechterpolitischen Netzwerks der Piratenpartei, dem »Kegelklub«.
    Meine Vorschläge zielten darauf ab, Väter stärker in die Kinderbetreuung einzubinden und damit die Nachteile für Mütter auf dem Arbeitsmarkt abzubauen.
    Doch die Resonanz auf meine E-Mail war bescheiden: drei Antworten, alle eher ablehnend. Meine Vorschläge seien zu stark auf die Erwerbsarbeit fixiert, zu unflexibel und so weiter. Dann war auch schon Schluss. Ich verstand das nicht: Sonst diskutierten die Piraten doch immer gerne bis zur Schmerzgrenze! Wieso interessierten sich so wenige für meine programmatische Frage? War mein Anliegen etwa zu konkret?
    Ich wollte das nicht hinnehmen und mailte ein paar Tage später meine Vorschläge kurzerhand noch einmal herum. Und tatsächlich: Diesmal entspann sich plötzlich ein munteres familienpolitisches Wünsch-dir-was auf der Mailingliste. Nicht lange, dann stand so ziemlich alles zur Debatte: Kitaplätze, Ehegattensplitting, Kindergeld. Eine Piratin plädierte dafür, die Elternzeitregeln zu flexibilisieren, der Nächste gab zu bedenken, man solle die Interessen der Freiberufler in der Debatte nicht vergessen. Jemandem missfiel die Bevorzugung der Besserverdienenden durch das Elterngeld, ein anderer erinnerte an die Benachteiligung der Hartz- IV -Empfänger.
    Doch wie verhielten sich diese ganzen Ideen, Einwände und Exkurse zueinander? Wären sie irgendwie kompatibel? Würden sie sich gegenseitig ad absurdum führen? Spontan beschloss ich, einfach selbst mein erstes Piratenpad anzulegen, und sortierte darin die Ideen, Fakten und Thesen. Eine dröge Fleißarbeit, aber ich war mir sicher: Die Übersicht würde helfen, die Debatte strukturiert weiterzuführen. Ich mailte den Link zu meinem Pad herum und wartete. Doch niemand reagierte. Schwarmintelligenz? Nicht hier. Eine Piratin beschwerte sich, ich hätte die falsche Schriftfarbe für das Pad gewählt, sie sei so schlecht lesbar. Immerhin, wenigstens hatte sie mal meinen Link angeklickt.
    Ob es an mir lag? Vielleicht war

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