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Piratenbraut

Piratenbraut

Titel: Piratenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Geisler
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statt. So habe niemand einen Überblick, »hinter welchen Accounts tatsächlich ein stimmberechtigtes Mitglied steht«.
    Eine Partei, die einen maßgeblichen Teil ihrer Mitgliedschaft aus der Hackerszene rekrutiert, geht angeblich lax mit Sicherheitsstandards um. Kann das sein? Oder handelt es sich um eine Fehde unter Nerds?
    Im Internet finde ich seitenlange Argumentationen der Gegenseite. Der Pirat Pavel Mayer, ein Softwareunternehmer, der im Herbst 2011 ins Berliner Abgeordnetenhaus einzog, hatte sich kurz nach dem Start von Liquid Feedback in einem langen Blog-Beitrag zu den Vorwürfen positioniert. Er hält den Umgang seiner Partei mit Liquid Feedback für undramatisch, Manipulationen seien unwahrscheinlich und könnten außerdem auffliegen, schreibt er. Denn die Partei könne jederzeit Pseudonyme im Liquid Feedback aufdecken. Es sei aber eher unwahrscheinlich, »dass es dazu jemals kommen wird«, schreibt Pavel Mayer, denn »allein die Tatsache, dass diese Möglichkeit besteht, wird wahrscheinlich dazu führen, dass niemand einen Anlass dazu geben wird«.
    Für mich hört sich das an, als werde niemand je ein Auto klauen, weil man ja dabei erwischt werden kann. Noch bemerkenswerter ist allerdings, was Pavel Mayer zur Bedeutung der Mitgliederverwaltung für die Verlässlichkeit von Liquid Feedback schreibt: Die Software könne und müsse nicht sicherer sein als die Mitgliederverwaltung. Ihr Einsatz trage aber »nicht unerheblich dazu bei, dass die Daten der Mitgliederverwaltung belastbarer werden und einem höheren Prüfungsdruck ausgesetzt sind«.
    Wie schön, dass es dank der Abstimmungssoftware einen »höheren Prüfungsdruck« für die Mitgliederverwaltung gibt, sonst ginge es da sicherlich drunter und drüber!
    Ich klicke auf einen Link, den ich bei Twitter entdeckt habe: eine aktuelle Liquid-Feedback-Initiative zur Frage, wie viele Mitglieder die Piratenpartei wirklich hat. Die Begründung beginnt harmlos, hat es aber in sich: Leider sei unklar, wie viele Mitglieder die Piratenpartei tatsächlich habe, stellt der Antragsteller fest. Zwar stünden mehr als 30.000 Datensätze in der Mitgliederdatenbank, aber: »Datensätze sind keine Mitglieder.« Schließlich könne eine Person mehrere Mitgliederdatensätze generieren und »auch der aufmerksamste Mitgliederverwalter« sei nicht in der Lage, das zu verhindern. Mit dem nötigen Geld könne eine Person sogar »so viele stimmberechtigte Mitgliederdatensätze erzeugen, wie sie will«. So wisse niemand, hinter welchen Datensätzen »satzungsgemäße« Mitglieder stehen.
    Für mich steht damit fest: Das Doppelmitglied Astrid Geisler ist offensichtlich kein Einzelfall. Eines aber lässt die Initiative leider unbeantwortet: Ob »stimmberechtigte« Mehrfachmitglieder der Piratenpartei ebenso einfach auch stimmberechtigte Mehrfachmitglieder im Liquid Feedback werden können.
    Für ein Doppelmitglied wie mich sollte es eigentlich kein Problem sein, das herauszufinden! Ich muss es einfach testen: Ein zweites Mal den Mitgliedsbeitrag überweisen, auf einen zweiten Liquid-Feedback-Zugang warten und, falls er mir tatsächlich zugeschickt würde, ausprobieren, ob er sich aktivieren ließe. Wird nicht von uns Piraten genau solche Eigeninitiative erwartet – wegen des allgemeinen piratigen Mandats und so?
    In meiner Fantasie begrüße ich im Liquid Feedback bereits einen leidenschaftlichen Unterstützer: Er könnte sich Pirat111 nennen oder schlicht Doppelgänger und alles spitzenmäßig finden, was die Piratin Astrid Geisler auf der Abstimmungsplattform voranzutreiben versucht. Wäre das Wahlbetrug? Ich sehe es anders. Es wäre ein notwendiger Sicherheitstest.

12 »Es wird beantragt, im Wahlprogramm einzufügen ...«
    12 »Es wird beantragt, im Wahlprogramm einzufügen ...«
Aus dem Gartenstuhl heraus am Programm für die Bundestagswahl mitschreiben – kann das funktionieren?
    Ich sitze im Schatten einer 200 Jahre alten Rotbuche auf der Terrasse meiner Eltern, neben mir prickelt ein Glas kühles Selterswasser, vor mir erstreckt sich der weitläufige Hanggarten. Der W-Lan-Empfang hier ist erstaunlich gut. Ein Zitronenfalter flattert durch die Julihitze. Mein Laptop surrt leise vor sich hin, und unten, am anderen Ende des Gartens, höre ich die Kinder vergnügt im Planschbecken quietschen.
    In Berlin sind Sommerferien, unsere Kita hat zu, wir machen Urlaub bei den Großeltern in der Provinz. Nur muss das die Partei natürlich nicht interessieren. In gut einem Jahr soll der

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