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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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erschien mir so grausam und ungerecht, und deshalb wollte ich es beenden. Aber Bruder Anselmo hat in kurzer Zeit einen anderen Menschen aus mir gemacht. Er hat einen gro-
    ßen Teil seines Lebens auf Kuba verbracht und mir
    erklärt, wie ungerecht und grausam es auf den Zucker-plantagen zuging. Dort hatte er versucht, den Sklaven zu helfen, bis die Eigentümer beim Gouverneur inter-venierten und dieser ihn wegen rebellischer Umtriebe< deportieren ließ.«
    »Ich erinnere mich daran«, räumte der Offizier ein.
    »Als er nach Margarita kam, haben sie uns vor seinen revolutionären Ideen gewarnt. Allerdings hat er nie Probleme gemacht.«
    »Weil es auf Margarita nicht viele Sklaven gibt. Au-
    ßerdem haben wir sie nie so behandelt wie auf Kuba
    oder Puerto Rico. Für uns sind sie nur Schwarze, die etwas ärmer sind als die Weißen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um für einen Hungerlohn nach Perlen zu fischen.«
    »Und die Schwarzen zwingen, in zu große Tiefen zu
    tauchen, wodurch viele von ihnen ertrinken«, bemerkte der Artillerist.
    »Das stimmt wohl. Aber Bruder Anselmo versicherte,
    daß die Schwarzen auf Margarita sich gut behandelt
    fühlen würden, weil sie ihre Arbeit mit den Weißen
    teilen und in relativer Freiheit leben. Auf Kuba gehen sie mit den Schwarzen dagegen wie mit Vieh um,
    zwingen sie, achtzehn Stunden täglich zu arbeiten und in Ketten zu schlafen.«
    »Achtzehn Stunden täglich!« entsetzte sich der andere.
    »Das ist doch nicht möglich!«
    »Und ob!« bestätigte Celeste, die immer mehr in Zorn geriet. »Irgendwann sind sie völlig erschöpft, und wenn ihnen ihre Herren dann etwas Ruhe gönnen, weil sie ansonsten keinen Profit mehr einbringen, ist es zu spät.
    Also läßt man sie einfach am Wegrand zurück, damit
    sie Hungers sterben.«
    »Ich kann nicht glauben, daß die Krone so etwas zu-
    läßt. Die Gesetze sehen vor…«
    »Wir wissen alle, daß die Gesetze aus Sevilla in der Neuen Welt nur Schall und Rauch sind. Die Krone
    führt zugunsten des Sklavenhandels vor allem ins Feld, daß wir einige arme Eingeborene befreien, die unter dem Joch einiger Häuptlinge leben, von denen sie in Sünde und Unwissenheit gehalten werden. Wir dagegen retten ihre Seelen mit einem neuen Leben, in dem wir ihnen den Weg zum wahren Glauben weisen, nicht
    wahr?«
    »So heißt es auf jeden Fall.«
    »Wenn das so ist… warum retten wir dann nur Män-
    ner, die in einem Alter sind, in dem sie den größten Profit auf einer Zuckerplantage abwerfen? Von zehn
    Schwarzen, die auf Kuba an Land gehen, sind neun
    junge Männer, zwischen fünfzehn und zwanzig Jahre
    alt, die nicht nur schuften und hungern müssen und der Verzweiflung nahe sind, sondern auch noch auf Frauen verzichten müssen. Die Krone und die Kirche, die das billigt, macht aus jungen und arglosen Männern, die in ihrer Heimat nach klaren und naturgemäßen Bräuchen
    leben, schmutzige Sodomiten, die kein Recht auf Kinder haben: Das ist nicht einmal dem niedrigsten aller Tiere verwehrt.«
    »Niemals hätte ich gedacht, daß sie keine Frauen haben«, gestand der Offizier.
    »Aber so ist es«, beharrte sie. »Die Plantagenbesitzer haben herausgefunden, daß es viel kostspieliger ist, ein Negerkind aufzuziehen, bis es arbeiten kann, als schon erwachsene junge Männer aus Afrika einzuführen. Daher sind sie auch nicht daran interessiert, daß die Skla-vinnen schwanger werden, wenn sie sie nicht selbst
    schwängern. Die logische Folge sind Homosexualität, Masturbation und Sodomie unter den jungen Sklaven.«
    Hauptmann Sancho Mendana war beim aufmerksamen
    Zuhören die Pfeife ausgegangen. Lange dachte er nach und schüttelte schließlich ungläubig den Kopf.
    »Wenn ich dich so ansehe, kann ich kaum glauben,
    daß du jenes kleine Mädchen bist, das am Hosenbein
    seines Bruders hing und ihm überallhin folgte. Aber noch weniger kann ich fassen, daß ein Dominikaner-mönch mit einer wohlerzogenen Senorita solche Ge-
    spräche führt.«
    »Bruder Anselmo hat die Menschen nie nach ihrer ge-
    sellschaftlichen Stellung, ihrem Geschlecht oder ihrem Alter beurteilt, sondern immer nach ihrem Verstand, und keiner konnte diesen Verstand besser schärfen als er. Er hat mich als unglückliches kleines Mädchen kennengelernt, das nur darüber nachgrübelte, wie es sich für das Übel rächen konnte, das man ihm angetan hatte.
    Er konnte mich davon überzeugen, daß ich angesichts dessen, was die meisten Menschen zu leiden hatten, ein privilegiertes Geschöpf

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