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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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war.«
    »Aber dir von Homosexualität und Masturbation zu
    erzählen, das erscheint mir doch etwas übertrieben…«
    »Bestimmt gibt es Tausende frommer Damen, vor de-
    nen man diese Worte nicht einmal aussprechen könnte.
    Aber denen käme es auch nicht in den Sinn, daß es un-moralisch und ungerecht sein könnte, hundert junge
    Männer das ganze Leben lang in einer winzigen und
    stinkenden Sklavenhütte aneinanderzuketten. Bruder
    Anselmo versicherte mir, daß diese scheinheiligen Hexen es als Sünde ansähen, diesen Männern eine Frau zu geben; aber sie Tag für Tag und Jahr für Jahr in dieses üble Laster zu treiben, das hieß, unserer Verpflichtung, sie zu >christianisieren<, nachzukommen.«
    »Ein seltsamer Mönch, bei Gott!«
    »Er war schon in Ordnung. Und wenn ein trauriges
    und einsames Mädchen einem solchen Mann begegnet,
    der ihr die Augen öffnet, ihr eine so andere Welt zeigt und mit ihr wie mit einer Erwachsenen spricht, dann reagiert man entweder so wie ich oder man ist aus
    Stein.« Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln.
    »Beantwortet das deine Frage?«
    »Natürlich!« sagte der Margariteno und stand auf, um zu seiner Hängematte zurückzukehren, die er unter frei-em Himmel auf dem Achterkastell aufgespannt hatte.
    »Auch wenn sie mir jetzt ziemlich albern vorkommt.«
    Vier Tage folgten sie nun schon mißmutig dem Kiel-
    wasser der stinkenden Maria Bernarda. Deren schlaffe Segel konnten den Wind nicht einfangen, und so trieb lediglich eine sanfte Meeresströmung sie nach Westen.
    Endlich kündigten die ersten Möwen und Tölpel die
    nahe Küste an. Doch als alle Augen den Horizont nach Land und damit dem Ende der zeitraubenden Fahrt ab-suchten, rief plötzlich Silvino Peixe vom Mastkorb herab:
    »Schiff in Sicht! Backbord!«
    Während die Maria Bernarda ihren Kurs um kein Jota
    änderte, steuerte die Dama de Plata auf die im Dunst verschwimmende Silhouette eines düsteren Schiffs zu.
    Doch ein Schiff konnte man das eigentlich nicht mehr nennen, was da träge auf dem ruhigen Wasser schau-kelte, eher schon den halbverwesten Kadaver von et-
    was, was lange zuvor einmal ein Sklavenschiff gewesen war: ein wuchtiger, mächtiger Kahn mit fast tausend Tonnen Wasserverdrängung. Jetzt bot er nur noch einen kläglichen Anblick: Die Segel waren zerschlissen, die Masten zersplittert, und die Taue baumelten wie die schlaffen Tentakel eines Riesenkraken an der Bord-wand herab. Allein beim Anblick von so viel Verwü-
    stung und Verlassenheit lief es einem schon kalt den Rücken hinunter.
    Doch erst als sie das elende Schiff umrundeten und
    der bescheidene Rest des einstigen Großsegels allmählich den Blick auf einen am Mast flatternden Fetzen freigab, schnürte es allen bis zum letzten Mann buchstäblich die Kehle zu.
    Gütiger Himmel!
    Eigentlich war es gar keine Fahne, eher ein verblaßter schmutziger Stoffetzen, den man vielleicht aus einem alten Hemd oder dem weiten Rock einer Matrone gerissen hatte. Aber wen interessierte schon, wie groß sie war und woher sie stammte, nur eines zählte…
    Die Fahne war gelb!
    Gütiger Gott!
    Sie war gelb!
    »Madonna, hilf!« flehten hundert Stimmen im Chor.
    »Sie ist gelb!«
    Die Pest!
    Die Pest: das absolute Tabuwort an Bord eines
    Schiffs.
    Den mutigsten Kerlen bescherte es kalte Schweißaus-
    brüche.
    Ein Schrecken, der nicht greifbar war.
    Der unweigerliche Tod.
    Die Pest!
    »Ruder hart steuerbord!« rief der Venezianer sofort.
    »Volle Wende!«
    »Ruder hart steuerbord!« echote sein Adjutant und
    blies hysterisch in seine Pfeife. »Volle Wende!«
    Schamrot gaben sie Fersengeld. Alle Augen fixierten dabei die schemenhaften Gestalten an Bord des grausigen Schiffs, die mit den Armen ruderten, um von einer mächtigen Galeone Hilfe zu erflehen. Doch die floh
    wie ein geprügelter Hund vor Menschen, die nicht einmal die Kraft hatten, den Abzug einer Muskete zu
    drücken.
    Celeste blickte durch das stärkste Fernglas an Bord und konnte damit schließlich an die fünfzig Menschen an Deck des sterbenden Schiffs ausmachen, die Zeichen gaben. Dann aber fiel ihr Blick auf eine wabernde graue Masse auf der Reling, den Deckplanken und den Giekbäumen. Lange glaubte sie ihren Augen nicht zu
    trauen.
    Ratten!
    »Schaut euch das an!« rief sie fassungslos. »Entweder bin ich verrückt, oder das sind Ratten!«
    Buenarrivos Auge klebte als erstes am Sucher, und
    kurz darauf schallte seine rauhe Stimme so kellertief wie nie zuvor.
    »Ihr habt recht! Es sind tatsächlich

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