Pitch Black
ein Tablett. »Momentan ist gerade keine Essensausgabe. Ich musste selbst in die Küche runter.« Sie schob ihm das Tischchen über den Schoß und stellte das Tablett darauf ab. »Und da unser Diätassistent nichts mitbekommen hat, konnte ich die guten Sachen zusammensuchen.« Sie zwinkerte ihm zu.
»Danke.« Einmal mehr musste er das Gefühl abschütteln, hereingelegt zu werden, musste sich vergegenwärtigen, dass Leute einem manchmal einen Gefallen taten, einfach weil sie nett sein wollten.
»Fang lieber gleich zu essen an. Ich glaube, deine Entlassungspapiere sind so gut wie fertig.«
»Prima«, sagte M. »Danke.«
Die Schwester nickte M zu, dann lächelte sie ihn noch mal an, ehe sie ging. Diesmal schaffte Ethan es, ihr in die Augen zu schauen und zurückzulächeln.
»Kannst du mal fragen, wie lange es noch dauert, bis ich zu Jordan kann?«, fragte er M.
»Klar. Ich muss auch noch jemanden anrufen, der uns nach Hause fährt. Es dauert nicht lang.«
Er nickte und nahm die Gabel.
Die meisten Jugendlichen beschwerten sich immer über »Kantinenfraß« und »Krankenhausfraß«, aber Ethan hatte zu oft gehungert, um solche Kommentare von sich zu geben. Deshalb fühlte er sich auch schuldig, weil er das Essen nicht hinunterbrachte. Noch dazu, wo die Schwester sich so viel Mühe gegeben hatte. Er deckte alle Schüsseln ab und schob die Brocken so lange hin und her, bis es aussah, als hätte er etwas gegessen. Hoffte er wenigstens. Er wollte wirklich nicht ihre Gefühle verletzen, aber wenn er jetzt etwas essen würde, käme es ihm garantiert gleich wieder hoch.
Gabe war es wichtig, sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Es gab keinen Grund für die Annahme, McPhersons Tod sei etwas anderes als ein tragischer Unfall gewesen–dennoch, es war seine Aufgabe, jeden Todesfall gründlich zu untersuchen. Die Befragung der anderen Jungs hatte er auf später verschoben–aus Sorge, es würde dunkel werden, ehe er McPherson vom Berg herunterholen könnte. Er wollte niemanden abkommandieren, die Nacht oben zu verbringen, außerdem brauchte er eine offizielle Bestätigung des Tods, damit er Kate so schnell wie möglich informieren konnte.
Auf der Fahrt zum Gebirgspfad versuchte er Carter zu erreichen, war jedoch nicht überrascht, als er keine Antwort erhielt. Er würde es mit seinem kleinen Funkgerät noch einmal versuchen, sobald er innerhalb der Reichweite war, was höchstwahrscheinlich auf halber Strecke der Fall sein würde.
Während seines Aufenthalts im Krankenhaus hatte der Regen nachgelassen. Mittlerweile schien die Sonne am spätnachmittäglichen Himmel. Was für ihn insofern eine gute Nachricht war, da es dann etwa dreißig Minuten länger hell sein würde als bei Bewölkung. Jede Sekunde davon würden sie brauchen.
Gabe fuhr zu der Stelle, wo der Aufstieg begann. Carter war mit einem der Geländewagen der Polizeistation gekommen, der neben McPhersons weißem Bus stand. Der Kombi des Gerichtsmediziners und ein Rettungsfahrzeug der Feuerwehr parkten ebenfalls hier. Gabe stellte sein Auto neben dem von Carter ab und versuchte es noch einmal mit dem Funkgerät. Freudig überrascht hörte er durch das Knistern Carters Stimme.
»Sind der Leichenbeschauer und die Feuerwehrleute schon da?«, fragte Gabe.
»Dr. Zinn ist mit mir raufgegangen. Sie ist fast fertig. Die vier Jungs von der Feuerwehr sind gerade erst gekommen. Wir verschwenden hier nur unsere Zeit. Wann kannst du denn hier sein?«, fragte Carter.
»Ist die Leiche am Fuß der Black Rock Falls?«
»Ja.«
»Ich marschiere jetzt los.«
»Das wird denkbar knapp. Die Ärztin und ich sind uns einig: McPherson ist gestürzt. Diese verdammten Felsen sind höllisch rutschig. Sie schätzt den Todeszeitpunkt auf letzte Nacht. Ich habe massenhaft Fotos gemacht. Können wir ihn nicht einfach aufladen und runterbringen?«
»Nein. Ich komme, so schnell ich kann.«
Carter war der Beste von seinen Leuten. Und Gabe traute seinem Deputy durchaus zu, den Ort des Geschehens zu überprüfen. Allerdings hatten sie in Forrest County kein Tötungsdeliktgehabt, seit Carter dazugestoßen war–Mann, in den ganzen elf Jahren, in denen Gabe hier in der Dienststelle arbeitete, war es nur eine Handvoll gewesen. Und da einige Teile dieses Puzzles noch nicht so ganz klar waren, wollte Gabe lieber alles selbst in Augenschein nehmen, ehe die Leiche abtransportiert wurde.
Trotz brennender Beinmuskeln und keuchendem Atem schaffte Gabe es in knapp über fünfzig Minuten bis zu
Weitere Kostenlose Bücher