Pitch (German Edition)
se sia
brutta, se sia bella , drüben herrscht jetzt Schweigen, man
scheint sich anzuziehen, sie sprechen nicht mehr miteinander, aber
wie mag es jetzt weitergehen, in dem Augenblick stößt
jemand mit Schwung die Tür zur Damentoilette auf und es brüllt
in den Raum, es ist die Stimme ihrer Reiseleiterin, Frau Demer sind
Sie hier, bitte beeilen Sie sich, wir fahren weiter, diese Worte
lassen den Knoten platzen und mit einem gewaltigen Tremolo, mit einem
das Universum erschütternden Posaunenton, einem langgezogenen
blubbernden Furz entlädt sich das Innere Claudia Demers in die
Schüssel.
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Achtzehn
Dreißig, ...
… TV4U
präsentiert die Nachrichten des Tages im amerikanischen Stil,
guten Abend meine Damen und Herren, mein Name ist Wenzel Schulz, ich
und meine Kollegin Cornelia Falkenstein informieren Sie darüber,
was heute die Welt bewegte, und ich glaube, Cornelia, du hast uns
schon einiges zu erzählen, was war denn da heute los in ... die
Kamera schwenkt auf Cornelia, die sich mit großen Augen und
breitem Lächeln an jene wendet, die ihr zuschauen, auf der
blauen Projektionsfläche hinter ihr wird das Bild Karl Keisers
mit der Schlagzeile Automogul erleidet Schlaganfall eingeblendet,
und Cornelia berichtet, wie es heute in der Landeshauptstadt drunter
und drüber ging, doch was immer sie sagt, egal, in wie vielen
Tausend Wohnzimmern sie gerade empfangen wird, in der
Autobahnraststätte Zur schönen Buche hört sie
niemand, zwar hängt ein Fernseher von der Decke, doch der Ton
ist abgedreht, Lachmann-Zeil und seine Crew sitzen dem Bildschirm
direkt gegenüber, Ferdi liest die Schlagzeile und flüstert,
dieses verdammte Schwein, sofort werden alle still, sie folgen Ferdis
Blick und sehen Aufnahmen von Keisers letztem öffentlichen
Auftritt, dann Bilder von Reportern, die heute vor dem Firmengelände
Stimmen betroffener Mitarbeiter eingefangen haben, abfahrende und
ankommende Autos, selbst ihre eigenen Fahrzeuge sind darunter, und
uns, zischt Lachmann-Zeil wütend, sagt dieser Mellendorf, Keiser
sei indisponiert , so ein Schwein, so ein intriganter Hund, die
anderen sagen gar nichts, der Monitor zeigt die Villa des
Vorstandsvorsitzenden, zugezogene Vorhänge, der Wagen des
Pfarrers, wie er ankommt, die aufgelöste Frau, Witwe darf man ja
noch nicht sagen, die ihm die Tür öffnet, der Augenblick
des Abschieds, der Pfarrer bedrückt, die Gattin hingegen
geradezu gelöst, Trost scheint er ihr gespendet zu haben, dann
die nächste MAZ, der Ministerpräsident des Landes in der
Klinik im Gespräch mit dem Chefarzt und mit Mellendorf, Keisers
Stellvertreter, ein kurzes Interview als er die Klinik verlässt,
der Eindruck, dass die Lage zwar ernst, aber nicht hoffnungslos sei,
sie haben alles im Griff, die Herren da oben, alles läuft
stillschweigend, die Worte der Reporter, die mit dem Mikrofon in der
Hand der Moderatorin Rede und Antwort stehen, bleiben
Lippenbewegungen, die Unterzeile einer total zertrümmerten
Luxuslimousine lautet Tragödie bei Automobilkonzern , es
geht um Michael Worbs, der in einem kurzen Feature als möglicher,
aber nun tragisch ausgeschiedener Nachfolger Keisers vorgestellt
wird, das glaub ich einfach nicht, murmelt Ferdi, die anderen glauben
es auch nicht, mit offener Kinnlade starren sie auf den Bildschirm,
tja, sagt Ferdi, damit können wir einpacken, das war’s
dann wohl, Keiser ist weg vom Fenster, Worbs auch, das waren unsere
Trümpfe im Spiel, niemand sagt etwas dazu, doch allen ist klar,
dass Ferdi Recht hat, der Monitor zeigt nun den Ministerpräsidenten,
wie er aus der Kabinettsitzung kommt und später noch einmal in
der Bundeshauptstadt, auf dem Weg in die Bundesratssitzung, Alex Mack
sagt grimmig ins Nichts hinein, ich bin ja nun was Medien angeht
nicht von gestern, aber ich möchte mal wissen, wie die das
hinkriegen, einen dreimal in die Nachrichten zu bringen, an völlig
verschiedenen Orten, da kann mir niemand sagen, dass die wirklich
konzentriert arbeiten können, die sind, sagt von Lachmann-Zeil,
nicht dazu da, um zu arbeiten, regieren ist nicht ihre Sache, die
sind nur gewählt worden, um von der Macht abzulenken, Demokratie
ist Volksbelustigung, wir sollten los, er schaut sich um, wo ist Jo,
der ist mit seinem Model aufs Klo gegangen, sagt Stefan Zille, da
kommt er, etwas derangiert sieht er aus, verwirrt, eine seiner
schwarzen Locken hängt ihm malerisch in die Stirn, wo hast du
gesteckt, fragt Ferdi, aber noch bevor Jo antworten kann, sagt er,
lass mal, du hast da
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