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Pitch (German Edition)

Pitch (German Edition)

Titel: Pitch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Weski
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dem
Derby, dem Wettrennen der Berberrosse, und dann diese Wahnsinnigen,
Monomanen, Kleptomanen und zuletzt dieses apokalyptische Floß
der Medusa, diesen Abgrund des Grauens, der Aussatz der
Verschollenen, die Sterbenden und Überlebenden, die sich auf
engstem Raum drängten, ein Kapitel der Kolonial- und
Seegeschichte, festgehalten in einem Moment, in der das Floß
sich von dem Schiff, das es zog, losgerissen hatte, das Bild fing die
Dauer der Tage ein, in der immer mehr starben, durch Hunger und
Durst, dem manche dadurch zu entrinnen suchten, dass sie zu
Kannibalen wurden, und es zeigte jenen Augenblick, in dem sie am
Horizont die Segel eines rettenden Schiffes herannahen sahen, dieser
ganze Verlauf dargestellt in einer ansteigenden Diagonalen, von Tod,
Trauer und Verzweiflung hinauf zu Hoffnung, Freude und erreichbarer
Erfüllung, Schwarz sieht sich um und sieht mit seinen Argusaugen
hier in dem Treiben, das ihn umgibt, ebensolche Schiffbrüchige,
gerade fährt draußen ein schöner alter meißenblauer
Sportwagen direkt in die Parkbucht vor ihm, ein alter und ein junger
Mann steigen aus, beide wirken bedrückt, aschfahl die schönen
Wangen des Jungen, eingefallen, wie verhungert, aber auch der Alte
sieht nicht mehr aus wie von dieser Welt, als hätte er mit allem
abgeschlossen, sie kommen herein und setzen sich an einen Tisch auf
der Empore, nahe dem Buffet, an dem bereits vier junge Leute sitzen,
augenscheinlich kennt man sich, aber im Gegensatz zu den beiden neu
Hinzugekommenen sind die bereits Dasitzenden sehr aufgeräumt,
man scherzt, man lacht, man schaut hinüber zur Auslage der
Speisen, zeigt auf Snacks und Sandwiches, die beiden aber, der junge
und der alte Mann, scheinen von alldem völlig unberührt,
als ginge sie das Ganze nichts mehr an, als wären sie durch
dicke Mauern von allem abgeschlossen, im neunten Kreis der Hölle,
resigniert hat der Alte den Jungen am Arm berührt, als wolle er
ihn halten und wüsste doch, dass er ihn schon verloren hat,
Schwarz schaut noch hinüber zu dieser Szene, die ihn an etwas
erinnert, er weiß nur nicht woran, sie ist von dieser
widerständigen Schönheit, die einen deshalb ergreift, weil
sie das unüberbrückbar Widersprüchliche in sich
vereint, er trinkt von seinem Pils, fährt mit der Zunge über
die Oberlippe, plötzlich setzt sich jemand an seinen Tisch und
sagt, Peter, du hier, ich dachte, du wärst in Paris, Schwarz
dreht sich um und sieht sich Sören Röder gegenüber,
Sören, sagt er, was machst du denn hier, das gibt’s doch
gar nicht, gibt’s schon, sagt Röder, wie kommt’s,
fragt Schwarz, so, wie’s eben kommen muss, der große Karl
Keiser ist heute Morgen mit Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert
worden, da rotieren alle, jeder ist auf den Beinen und auf
irgendjemand angesetzt, der wissen könnte, wie es mit dem
Autoriesen weitergeht, und was, fragt Schwarz, machst du dann hier,
ich bin denen da auf der Spur, Röder zeigt auf die Gruppe, die
Schwarz bis gerade eben so interessiert betrachtet hat, was, fragt
er, haben die denn mit Keiser zu tun, das sind Werber, sagt Röder,
die hatten heute eine Präsentation im Unternehmen, und die wurde
nicht abgesagt, fragt der andere, nein, das ist aber komisch, ja,
sagt Röder, das ist wirklich sehr erstaunlich, und genau
deswegen fahre ich ihnen mal hinterher und schaue, was passiert,
jetzt schauen sie beide rüber, so, als könnte gleich etwas
passieren, und wirklich, in diesem Augenblick tritt ein schönes
Mädchen, es könnte auch ein Model sein, an den Tisch der
Werber und spricht den Aschfahlen an, den sein ockerfarbener Anzug
nur noch blässer und bleicher erscheinen lässt.

54
Das
Mädchen …

    … ist
tatsächlich ein Model, ihre Agentur führt sie unter dem
Namen Donna, das klingt schick und international, sie hat etwas
unschuldig madonnenhaftes, und deswegen hat ihr Entdecker zu ihr
gesagt, dich nennen wir Donna, Donna Rice, im bürgerlichen Leben
heißt sie Beatrix Reiser und kommt aus dem Fränkischen,
das gibt ihrem R dieses rollend Grollende eines verhinderten
Gewitters und nimmt Ihrem Künstlernamen auf den letzten Silben
etwas von seiner bemühten Anglizität, sie, die heute in New
York, morgen in Paris und übermorgen in Tokio über die
Laufstege steltzt, präsentiert sich Fotografen nicht nur in der Haute Couture , sie lässt sich auch für ganz
normale Produkte ablichten, so wie letztes Jahr für dieses
grässliche Parfum, das ein ganz besonders wilder Duft hat sein
sollen, wiewohl

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