Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter
Vorfall niemals auf sich beruhen lassen.
Immer wieder versuchte der Adjutant, sich an Sasonow vorbeizuzwängen, doch der versperrte ihm den Weg wie eine bewegliche Mauer.
»Es ist dringend!«
»Das verstehe ich doch«, beschwichtigte Sasonow, dessen Augen in der Dunkelheit funkelten. »Was hat dir der General denn aufgetragen?«
Der Adjutant blickte sich verzweifelt um, doch er fand keinen Ausweg.
»Ich muss einen Zettel überbringen.«
»Was für einen Zettel?«
»Lassen Sie mich durch! Ich darf das nicht …«
»Du hast ihn aber verloren«, sagte Sasonow. »Schau doch nur, du Dummerchen, du hast nichts in der Hand.«
Der Adjutant geriet ins Grübeln und öffnete seine linke Hand.
Der Moment der Wahrheit.
In seiner Hand lag der Zettel. Eine blitzartige Bewegung. Im nächsten Augenblick schloss der Adjutant die Hand wieder. So schnell er konnte. Doch er griff ins Leere.
Sasonow hielt triumphierend den Zettel in der Hand und las begierig die Notiz. Einmal, zweimal, dann ließ er den Zettel einfach fallen.
Das Papier schwebte langsam zu Boden. Der Adjutant fing es auf und rannte davon, den Tränen nahe. Er hatte sich austricksen lassen.
Schnell muss man sein, dachte Sasonow.
Eine halbe Minute später hatte er bereits einen Plan gefasst. Er blieb kurz stehen und spielte ihn noch einmal durch. Es musste funktionieren.
Sein sechster Sinn hatte ihn auch diesmal nicht im Stich gelassen. Es hatte sich gelohnt, das Risiko einzugehen.
Im Sturmschritt verließ Sasonow den Ort des Geschehens.
Iwan lebte.
Und er hielt sich am Newski auf.
Tralala, Bato-ontschiki.
Rasch überquerte Sasonow den Bahnsteig und sprang aufs Gleis hinunter. In einem Kabuff unterhalb des Bahnsteigs der Admiraltejskaja hatten die Digger ihr provisorisches Hauptquartier eingerichtet. Als Sasonow die Tür aufstieß, schlug ihm der Gestank billigen Fusels und ungewaschener Körper entgegen. Angewidert verzog er das Gesicht. Dann ging er hinein und trat mit dem Fuß gegen einen unförmigen Klumpen, der unter einer dreckigen Decke lag und nach Alkohol stank.
»Leck mich …«, brummte der Klumpen und drehte sich auf den Rücken. Unter der Decke lugte Gladyschews unrasierte Visage heraus. »Was willst du?«
Sasonow lächelte.
»Genug geschlafen, Jegor! Es gibt was zu tun!«
Der Oberführer zeigte auf die große weiße Uhr mit den schwarzen Ziffern.
»Zehn Minuten«, formte er mit den Lippen.
Iwan nickte, legte den Hörer ans andere Ohr und klemmte ihn mit der Schulter ein. Dann schrieb er auf einen Zettel: »M. wird schon nervös« und zeigte ihn dem Skinhead.
»Na, General, wollen wir ein bisschen plaudern?«
»Was willst du, Iwan?«
»Sie schulden mir noch eine präzise Antwort. Wenn Sie nichts dagegen haben, General, würde ich die jetzt gern von Ihnen hören.«
»Frag, was du willst. Ich antworte dir gern.«
Er spielt auf Zeit, dachte Iwan. Aber damit haben wir gerechnet.
»Ich möchte wissen, wozu das alles nötig war. Dieser Diebstahl. Dieser Mord. Dieser Krieg.«
Der General ließ sich Zeit mit seiner Antwort.
»Wenn ich nur wüsste, wie ich dich überzeugen kann, Iwan«, erwiderte er schließlich. »Egal, was ich jetzt sage, du wirst es vermutlich doch nicht glauben. Aber eines musst du wissen: Ich habe getan, was ich für nötig hielt. Von der Menschheit ist zu wenig übrig, als dass wir uns diese egoistische Grüppchenbildung leisten könnten. Ja, du hast recht, meine Methoden sind radikal. Diebstahl, Mord und Krieg sind für mich Mittel zum Zweck. Aber ich kann es niemandem erlauben – weder den Moskowitern noch der Wassileostrowskaja , noch sonst jemandem –, sein eigenes Süppchen zu kochen, während alle Übrigen für unsere Zukunft kämpfen. Wir müssen an einem Strang ziehen, verstehst du das?«
»In der Einheit liegt die Kraft, nicht wahr, General?«, stichelte Iwan. »Oder haben Sie sich in der Zwischenzeit eine neue Losung ausgedacht, von der ich noch nichts weiß?«
Memow seufzte.
»Du begreifst nicht, worum es hier geht. Wir stehen an der Schwelle eines großen Kriegs.«
Iwan schmunzelte.
»Was Sie nicht sagen.«
»Ob du es glaubst oder nicht. Es ist Fakt. Was weißt du über das Imperium der Veganer?«
Sofort schossen Iwan die Bilder aus der Vergangenheit durch den Kopf. Die grauen Bartstoppeln am Hals des Arztes. Und wie er elend langsam zu Boden stürzte.
Iwan blinzelte und wandte sich ab, damit die anderen sein Gesicht nicht sehen können.
»Darüber weiß ich mehr als genug.«
»Einen Dreck
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