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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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interessiert sich dafür.
    Im Spind hängt auch der schwarze Marinemantel mit den Schulterstücken eines Leutnants.
    Er hat nicht das Recht, ihn zu tragen. Doch er hängt im Spind, geheimnisvoll und düster, und wartet darauf, dass seine Stunde kommt. Selbst in den schlimmsten Zeiten des Suffs hat er sich nicht von ihm getrennt.
    Der Krassin aus der jüngeren Vergangenheit weiß nicht so genau, warum er den Mantel eigentlich aufhebt.
    Der Krassin, der jetzt lächelnd im U-Boot stand, die Hände eingetascht und das schwarze Schiffchen auf dem Kopf, wusste es dagegen umso besser.
    Damit zwanzig Jahre nach der Katastrophe ein nicht ausgelernter Marineoffizier hineinschlüpfen und mit einem verrosteten Museums-Boot in See stechen konnte.
    Das hatte schon alles seine Ordnung.
    Die Kontrolllampen an den Tableaus leuchteten immer noch. Das Wasser stand Krassin inzwischen fast bis zum Bauchnabel. Der Flachmann mit dem Kognak steckte immer noch in der Innentasche.
    Ein besonderer Kognak. Für einen besonderen Anlass.
    Puff. Diesmal hatte es eine Lampe im Akkumulatorenraum zerrissen.
    Krassin lächelte.
    Als er von der verrückten Diggertruppe hörte, die zum Leningrader AKW wollte, war ihm sofort klar gewesen, dass dies seine Chance war.
    Und er hatte sie beim Schopf gepackt.
    So war er doch noch zu seiner ersten und einzigen Mission auf hoher See aufgebrochen. Wer konnte das nach der Katastrophe schon von sich behaupten?
    Als Krassin im Halbdunkel der überfluteten Kommandozentrale die riesenhafte graue Gestalt gegenübertrat, grinste er nur. Soll ich jetzt etwa erschrecken? Pah. Als ich auf Entzug war, hab ich Dinge gesehen, dagegen ist dieses graue Monster ein nettes Haustier.
    Eine Art Schiffskätzchen.
    Der graue Gigant schaute ihn an und schwieg. Sein winziges Kindergesicht legte sich in Falten.
    Krassin nickte: Du hast recht, es ist Zeit.
    Er nahm seinen Flachmann aus der Innentasche und schraubte säuberlich den Deckel ab. Er hielt sich die Öffnung an die Nase und sog das Aroma ein.
    Na dann.
    Man musste kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass dies das letzte Schiff und der letzte Kognak in seinem Leben sein würden.
    Krassin lächelte und setzte den Flachmann an. Seine Lippen berührten den metallischen Flaschenhals. Der ganze Körper jubelte in freudiger Erwartung …
    Pause.
    Krassin setzte den Flachmann wieder ab, betrachtete ihn, warf einen Blick auf die graue Gestalt und neigte dann langsam das Fläschchen. Die kostbare braune Flüssigkeit ergoss sich in die schwarze, schäumende Brühe und löste sich darin auf.
    »Nein!«, schrie sein Körper.
    Oder sogar: » NEIN!!! Alles, nur das nicht!«
    Krassin öffnete die Hand und ließ die Flasche los. Sie fiel ins Wasser. Plopp.
    Das war’s.
    Er nahm Haltung an und salutierte.
    »Genosse Expeditionsleiter. Melde gehorsamst: Das Unterseeboot S-189 hat seine Mission erfüllt. Kommandant Leutnant Krassin.«
    Als ihm im nächsten Augenblick eine mächtige Pranke den Brustkorb zertrümmerte, dachte er noch: Ich habe gesiegt.
    Iwan schaute nach vorn.
    Jemand beobachtete ihn. Wenn man diesen Jemand größenmäßig mit der S-189 verglich, dann … Iwan schwieg. Derjenige, der den Digger beobachtete, wirkte völlig teilnahmslos. Er hatte etwas Unmenschliches. Iwan sah nur seine Augen. Dieser Jemand war grö ßer als das U-Boot. Iwan konnte ihn mit dem Verstand nicht begreifen, deshalb wartete er einfach ab. Die restliche Luft in seinen Lungen verbrannte zu einem ätzenden, bitteren Saft. Iwan schwebte.
    Und sie sahen einander an. Dann bewegte sich dieser Jemand plötzlich, drehte sich langsam um – Tentakel huschten durchs Bild – und verschwand allmählich in der Ferne.
    Erst jetzt, da Iwan ihm hinterherschaute, packte ihn verspätetes Entsetzen.
    Eisiges Wasser. Iwan spürte, wie man ihn zog und an ihm zerrte. Dabei wollte er nur in Ruhe gelassen werden. Zu Atem kommen. Ein bisschen schlafen … Wasser klatschte gegen die Sichtscheiben der Gasmaske. Die Beine schleiften über etwas Federndes und gleichzeitig Weiches. Schlurf. Sand. Bonk. Steine.
    Kälte.
    Kälte beißt dir in die Knie. Du willst nur noch die Augen zumachen und schlafen. Die Füße – Eisklumpen.
    An dem grauen Himmel über ihm ballte sich weißes und gewitterträchtiges Gewölk. Iwan lag auf dem Rücken, die Arme zur Seite gestreckt. Auf den Sichtscheiben hafteten Tropfen.
    Durch die Tropfen hindurch betrachtete er den turbulenten Sommerhimmel. Jetzt abheben und in die Wolken fliegen, dachte er. Oder

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