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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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dem Helm. Diesmal hatte er sie bis zur Nase herabgezogen, um ungestört vom Schein der Lampen ein Nickerchen zu machen.
    Das war keine gute Idee. Unglaublich, was man manchmal für einen Mist zusammenträumt.
    »Eine Schlägerei!«, rief jemand in der Nähe.
    Das Volk an der Station kam in Bewegung – wellenartig, als hätte jemand einen Pflasterstein in einen Teich geworfen.
    Pascha kam zurück: »Da gibt’s Stunk. Offenbar haben sich die vom Newski wieder mal geweigert, irgendwas mit den Admiralzen zu teilen. Die werden sich gleich gegenseitig abstechen!«
    Iwan erhob sich und stöhnte auf: schneidender Schmerz in der Seite. Verflucht. Im Grunde ging ihn das ja nichts an, doch seine Leute waren dort.
    Als er ankam, hatte sich bereits eine Menschentraube am Bahnsteig versammelt, und eine vertraute Stimme bemühte sich um Deeskalation.
    »Ich schlage vor, dass wir das friedlich regeln«, sagte Schakilow.
    »Und wie stellst du dir das vor?«
    Schakilow lächelte und gab sich plötzlich friedfertig wie ein Teddybär. Nur das Gewehr und seine blutige Nase passten nicht so ganz ins Bild.
    »Wir verlegen die Auseinandersetzung auf eine andere Ebene, mein Freund.«
    »Aha.« Der Kraftprotz pumpte sich auf. Unter seinem Auge leuchtete ein gewaltiges Veilchen. »Und – was schlägst du vor?«
    »Fußball.«
    Die Mannschaften waren schnell zusammengestellt. Einen Ball auftreiben, Platz schaffen, Tore aufstellen, Linien ziehen – in einer halben Stunde war alles erledigt. Am längsten dauerte es, sich auf die Namen der Mannschaften zu einigen.
    Warum? Alle wollten Zenit sein. Logisch. Es wurde lange diskutiert, bis einer vorschlug, die Mannschaften Zenit-1 und Zenit-2 zu nennen. Spontan waren alle dafür, doch dann stellte sich heraus, dass niemand die Nummer zwei sein wollte. Also wurden noch andere Namen Sankt Petersburger Fußballclubs ins Spiel gebracht.
    »Petrotrest!«
    »Selber Petrotrest, bei dir piept’s wohl. Womöglich kommst du mir noch mit den Scharlachroten Segeln! Dann schon lieber Dynamo.«
    Schakilow zog sich mit seiner Mannschaft zur Beratung zurück und verkündete daraufhin, dass sie auf jeden Fall als Zenit auflaufen würden.
    »Na meinetwegen.« Der Kraftprotz winkte ab. »Dann sind wir eben Manchester United. Los geht’s.«
    »Fußball, oder was?«, erkundigte sich Iwan.
    »Nein, Eiskunstlauf«, gab sein Nachbar zurück. »Natürlich Fußball, was denn sonst.«
    Anpfiff.
    Begeistert knuffte der Nachbar Iwan in die Rippen. Der Digger krümmte sich vor Schmerz.
    Der Schiedsrichter rannte am ballführenden Spieler vorbei und nahm ihm sofort mehrere Meter ab. Alle Achtung, dachte Iwan, ein pfeilschneller Schiri. Im Vergleich zu ihm wirkten die jungen Kicker wie lahme Enten. Das Gesicht seines Nachbarn war inzwischen rot angelaufen und seine Augen glänzten fanatisch. Wahrscheinlich betrunken, mutmaßte Iwan. Oder eingeraucht.
    »Hast du das gesehen?«, fragte der Nachbar.
    »Ja«, erwiderte Iwan. Sollte er diesem Typen eins auf die Nase geben? Die maladen Rippen brannten wie Feuer.
    »Ach ja«, seufzte der Nachbar melancholisch. »Vor dem Krieg hätte man sich so etwas nicht träumen lassen. Weißt du, wer der Schiedsrichter ist? Der berühmte Gaifullin!«
    »Wer soll das denn sein?« Iwan vergaß für einen Augenblick seine Rippen und blickte aufs Spielfeld. Sonderlich berühmt sah dieser Gaifullin eigentlich nicht aus. Ein ganz normaler älterer Herr mit kurzer schwarzer Hose und einer Pfeife im Mund. Er wieselte über den freigeräumten Bahnsteig und fluchte vor sich hin. Bemerkenswert nur, wie flink er auf den Beinen war. Erheblich flinker als die Spieler. »Jedenfalls gäbe er einen tollen Stürmer ab«, kommentierte Iwan.
    »Also bitte!«, entrüstete sich der Nachbar. »Den musst du doch kennen! Das ist Dschochar Gaifullin, ein FIFA-Schiedsrichter. Er hat zweitausendzehn bei der Weltmeisterschaft gepfiffen. Italien gegen Brasilien. Jetzt bist du platt, was? Kannst du dir das vorstellen? Ein Spielfeld, dreimal so groß wie diese Station, mit saftig grünem Rasen. Und hunderttausend Fans auf den Tribünen. Im Fernsehen haben Hunderte von Millionen zugeschaut, was sage ich, Milliarden! Und jetzt pfeift er diesen Amateurkick …«
    Plötzlich hörte Iwan ein Schluchzen hinter sich und wandte sich um.
    »Was ist mit Ihnen, Professor?«
    »Wir sind jetzt alle Profis«, sagte Wodjanik mit brüchiger Stimme.
    Die Augen des Professors waren leer. Er strich sich durch den Bart, stand auf, entschuldigte

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