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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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drückte abermals ab. Quälend langsam legte der »Bastard« los. Eins, zwei, zählte Iwan und ließ den Abzug los. Wie in Zeitlupe beobachtete er, wie die erste Fontäne aufspritzte, dann die zweite und wie das dritte Geschoss in dem durchsichtigen Fangarm einschlug. Tschock! Das sich windende Gebilde, das wie ein überdimensionaler Gasmaskenschlauch aussah, wirbelte durch die Luft und war im nächsten Augenblick verschwunden.
    Du täuschst mich nicht, du Mistvieh.
    Iwan legte das Gewehr an der Schulter an. Vor seinen Augen erschien die Kimme. Einatmen. Ausatmen. Jetzt war er bereit für einen gezielten Schuss. Brennend wie Säure pulsierte das Blut in seinen Adern. In der rechten Schläfe pochte sein Herzschlag.
    Poch. Poch.
    Poch.
    Im nächsten Moment kroch der Tentakel wieder um die Ecke. Iwan wartete ab. Sein Herzschlag wurde ohrenbetäubend. Ihm blieb höchstens noch ein halbes Magazin. Als er vorhin zu feuern begann, hatte er die Schüsse nicht mitgezählt. Idiot.
    Die Bestie hauste vermutlich noch nicht lange hier – ob sie aus dem Meer gekommen war? Jedenfalls hatte er im Moment keine Chance, sie tödlich zu treffen. Wenn er jetzt abdrückte, würde er nur seine letzten Patronen verschwenden. Er hatte am eingesteckten Magazin zwar mit Isolierband ein Ersatzmagazin befestigt, doch das Wechseln dauerte einige Sekunden. Und so viel Zeit hatte er möglicherweise nicht.
    Was also tun?
    Iwan bewegte sich langsam nach rechts. Den Fangarm behielt er dabei stets im Visier. Ob es derjenige war, den er zuvor angeschossen hatte? Oder schon wieder ein anderer? Plötzlich spürte Iwan einen seltsamen Druck auf der Stirn, als hätte sich die Schwerkraft der Erde mit einem Mal vervielfacht. Er hatte sogar den Eindruck, dass die Decke der Station sich langsam herabsenkte. Iwan verspürte das Bedürfnis, den Kopf einzuziehen und sich auf den nassen Boden zu legen, damit dieser gewaltige Druck ihn nicht zerquetschte.
    Ach, du bist das, du Bestie. Iwan wurde zornig und das seltsame Gefühl verging. Eine Psychoattacke, verdammt. Ihm fiel die Geschichte von den Blokadniks ein, die einen Angreifer aus der Entfernung psychisch so manipulieren konnten, dass er vor ihnen stehen blieb wie das Kaninchen vor der Schlange. Das hatte ihm ein Bekannter von der Station Newski prospekt erzählt, auch ein Digger, dem konnte man glauben. Manchmal.
    Ich bin aber kein Kaninchen, dachte Iwan. Und auch kein Meerschweinchen.
    Er begab sich so weit wie möglich nach rechts und lehnte sich mit der Schulter gegen die Marmorwand. Der Tentakel schwenkte plötzlich zu der Stelle, wo er eben noch gestanden hatte.
    Aha, kluges Tier. Aber ich bin auch nicht dumm. Wie kriege ich dich nur? Wo hast du deinen verdammten Kopf?
    Möglichst leise löste Iwan den Riemen seines Helms. Es war ein ursprünglich orangefarbener und dann grau umlackierter Metrobauerhelm. Geschafft. Der Fangarm tastete rastlos den Boden ab, dann die Wand. Wie die Hand eines Blinden. Iwan schauderte. Was für eine Vorstellung! Das Greiforgan näherte sich dem Lichtkreis von Iwans Lampe.
    Iwan ging in die Knie, legte den Helm auf den Boden und richtete ihn so aus, dass der Lichtstrahl auf den Fuß der Säule fiel. Dann stand er wieder auf und machte mit dem Gewehr im Anschlag einen Schritt nach rechts. Und noch einen Schritt. Der Tentakel tastete immer noch die Säule ab und machte sich an den Marmorplatten zu schaffen. Eine brach ab und zerbarst am Boden.
    Der Fangarm zuckte kurz und tastete dann weiter. Iwan wartete ab. Seine Schulter tat nicht sonderlich weh. Der Schmerz würde sich vermutlich erst später einstellen. Er war doch sehr unsanft zu Boden gegangen.
    Dann schien die Bestie die Geduld zu verlieren. Aus dem Tunnel kam ein zweiter Fangarm um die Ecke gekrochen und gesellte sich zum ersten. Iwan rückte noch ein Stück weiter in Richtung Bahnsteigrand. Es fehlte nicht mehr viel, und er hätte einen Blick in den Tunnel werfen können.
    Allerdings hätte er dort nichts gesehen. Denn das Licht brauchte er jetzt für die Tentakel. Dort lag der Helm. Und die Batterien würden vielleicht noch fünf Minuten durchhalten. Bestenfalls zehn. LEDs fressen nicht so viel Strom wie Glühlampen, aber irgendwann gehen auch sie aus.
    Er musste abwarten.
    Die Heimsuchungen der Primorskaja hatten vor einem halben Jahr begonnen. Davor war sie eine gewöhnliche bewohnte Station gewesen, wenn auch eine Grenzstation, wegen des Tunnels, den man in Richtung Meeresküste gebaut hatte. Dort sollte auf

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