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Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

Titel: Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schimun Wrotschek
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Iwan blieb mit der Schulter an der Schachtwand hängen. Eine Engstelle.
    Verdammt, dachte er. Hoffentlich komme ich da durch.
    Seine Füße stießen plötzlich gegen etwas Hartes. Iwan hob den Kopf und leuchtete mit der Lampe – Scheiße. Eine Sackgasse. An dieser Stelle war der Schacht zubetoniert worden. Feierabend.
    Aus dem Überraschungsbesuch in Achmets Schlafzimmer wird leider nichts, dachte Iwan zerknirscht. Plan B können wir also abschreiben. Bleibt nur noch Plan A. Der ist zwar auch nicht gerade genial, aber was bleibt uns übrig?
    Iwan seufzte und kroch den ganzen Weg wieder zurück.
    »Du hattest von einem Gasangriff gesprochen, weißt du noch?«
    Sasonow war sofort im Bilde und drehte sich ruckartig um, dass sein langer beiger Mantel aufwirbelte. Seine gelblich-grauen Augen glänzten. »Was hast du ausgeheckt?«
    Auf Iwans Gesicht erschien ein listiges Grinsen. »Was glaubst du?«
    »Raus mit der Sprache«, forderte Sasonow.
    »Sag mal …« Iwans Grinsen wurde noch breiter. »Was haben wir eigentlich an Feuerlöschausrüstung zur Verfügung?«
    Sasonow stutzte. »Spaten, Feuerhaken, Sand, Wasser, Eimer, Planen – was halt so dazugehört. Als ob du das nicht selbst wüsstest. Was willst du denn mit dem Zeug?«
    Iwan wiegte den Kopf. »Ich hab da so eine Idee …«
    Das Bild des Mannes blieb unvollständig. Einzelne Fragmente konnte Iwan mühelos einblenden: das fleischige Doppelkinn, das grau melierte, ums Ohr herum kurz rasierte Haar, die auffallend hellen Augen mit dem dunklen Saum und der winzigen, wie mit einer Nadel gestochenen Pupille, die kräftigen, behaarten Finger, die Hemdtasche der ausgeblichenen Tarnjacke. Für sich genommen wirkte jedes dieser Details ebenso klar wie abstoßend, doch ein Gesamtbild wollte sich einfach nicht einstellen.
    Iwan schloss die Augen. Er erinnerte sich, wie er sein visuelles Gedächtnis unter Kossolapys Anleitung trainiert hatte, und versuchte sich Memow vorzustellen. Doch es klappte nicht. Die Fragmente des Generals der Admiraltejskaja ließen sich nicht zusammenfügen.
    Der Prozess der Konzentration auf ein Objekt besteht aus drei Etappen, pflegte Kossolapy zu sagen. Erstens: festhalten. Zweitens: zu sich heranziehen. Drittens: gedanklich durchdringen. So hatte Kossolapy es ihnen erklärt und dabei des Öfteren dieTechnik des legendären Schauspielers Michail Tschechow erwähnt. Doch Iwan hatte sich nicht besonders dafür interessiert, über die Blokadniks dagegen hätte er gern mehr erfahren. Doch von den Blokadniks erzählte Kossolapy damals nichts.
    Jetzt also Memow.
    Wenn man sich einen Menschen richtig vorstellt, kann man ihm Fragen stellen. Und das Bild dieses Menschen antwortet dann, als wäre es der Mensch selbst. Nicht mit Worten. Es gibt mit Gesten zu verstehen, was es tun würde.
    Iwan konzentrierte sich noch einmal neu. Vor seinem inneren Auge erschien das Bild des Generals: die dicken Finger, das krause Haar. Die Finger ruhten auf dem Tisch, doch aus irgendeinem Grund blieben sie unscharf, als sähe Iwan sie durch einen Schleier.
    Memow machte ein skeptisches Gesicht.
    »Also, was hast du für eine Idee? Aber mach es kurz.«
    »Moos«, sagte Iwan.
    Die buschigen Augenbrauen des Generals wanderten in die Stirn.
    »Wie bitte?« Seine Verwunderung schlug in Befremden um. »Was denn für Moos?«
    »Ein äußerst interessantes Moos. Also, die Idee ist folgende …«
    »Mutig«, urteilte Memow, nachdem Iwan geendet hatte.
    Der General rieb sich das mächtige, frisch rasierte Kinn, auf dem ein leichter Bartschatten bläulich hindurchschimmerte.
    Was für eine Fratze, dachte Iwan. Leute mit einem solchen Gesicht prügeln normalerweise wahllos auf Passanten ein. Ob es eine gute Idee ist, dass so jemand eine Armee befehligt? Andererseits ist er ein kluger Kopf. Sogar beängstigend klug.
    »Und du bist sicher, dass das klappt?«, fragte der General mit einem Blick so scharf wie eine Rasierklinge.
    Sicher ist nur der Tod, dachte Iwan und sah Memow gerade in die Augen. »Probieren wir’s aus.«
    »Deine Art zu denken gefällt mir«, sagte der General. »Unbefangen, ohne Angst vor dem Risiko.«
    »Ich bin eben ein Digger«, erwiderte Iwan achselzuckend.
    »Von diesen Diggern habe ich so viele, dass ich die ganze Metro damit pflastern könnte«, lästerte Memow. »Aber du bist anders.« Pause. »Hättest du Lust, mein Stellvertreter zu werden, sobald wir diese Sache hier hinter uns haben? Du verfügst über beachtliches Talent, Iwan. So energische Typen wie dich

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