Piter - Wrotschek, S: Piter - Metro-Universum: Piter

findet man nicht alle Tage. Ich wüsste es zu schätzen, so jemanden an meiner Seite zu haben.«
    Im ersten Moment wusste Iwan überhaupt nicht, was er sagen sollte. Die Perspektive, die sich da gerade für ihn auftat, war geradezu atemberaubend. Stellvertreter des Oberkommandierenden der Allianz! Krass. Einfach nur krass.
    Tanja könnte ich ja hierher mitnehmen, dachte Iwan. Die würde sich auch wundern. Heiratet einen Digger und findet sich dann als Ehefrau eines hohen Tiers wieder. Das nennt man Familienglück.
    »Und wenn es schiefgeht?«, fragte er.
    »Das spielt dann schon keine Rolle mehr, Iwan. Glaubst du mir das?«
    Iwan sah Memow prüfend an.
    Der Typ log nicht, verdammt, der meinte es ernst.
    »Ja, ich glaube Ihnen.«
    Zwei Tage später traf die Bestellung von der Wassileostrowskaja ein.
    »Meinst du, es klappt?«, fragte Pascha mit dumpfer Stimme.
    Er hob den Schlagstock und schlug kräftig zu. Eine Wolke violetten Staubs stieg auf. Sie mussten mit Atemschutzgeräten oder zumindest Staubmasken arbeiten, andernfalls hätten sie sich alle längst mit einem verklärten Lächeln in die Horizontale verabschiedet. Paschas »Schnauzenwärmer« war schon völlig mit dem violettgrauen Zeug verklebt.
    Iwan drehte den Kopf hin und her. Der Riemen seiner GP-9 drückte wie immer im Nacken.
    Kossolapys Lächeln.
    »Ich bin ein Glückspilz.«
    Iwan holte aus und schlug zu. Staub wölkte empor und schlug sich auf der Sichtscheibe der Gasmaske nieder.
    Tanja. Ich komme bald nach Hause. Bitte warte auf mich. Iwan.

7 Der Sieg
    7
    DER SIEG
    Diese Stadt.
    Ein grauer, frierender Elefant.
    Es regnet.
    Wasserfontänen klatschen gegen die durchtränkten Fassaden. Viele wurden bei Bränden zerstört, haben jedoch eine seltsame Farbe behalten … Eine Nachfarbe. Als das Haus starb, starben auch seine Bewohner, aber das Gebäude steht immer noch.
    Bei Regen tendiert die Sicht durch die Gasmaske gegen null. Auf der Sichtscheibe liegt ein Wasserfilm wie ein Schleier. Tropfen prasseln auf die Gummimaske und auf den imprägnierten Stoff des Regenmantels.
    Iwan bleibt stehen und holt den Dosimeter heraus. Er prüft die Anzeige. Um überhaupt irgendetwas zu sehen, muss er das Messgerät direkt vor die Sichtscheibe halten. Das Knistern des Messgeräts geht im Rauschen des Regens unter. Es gießt wie aus Kübeln. Doch der Regen hat immerhin den Vorteil, dass die Bestien ihn nicht mögen – zumindest die Pawlowschen Hunde meiden ihn. Außer man läuft ihnen direkt vor die Schnauze.
    Fünf Röntgen pro Stunde. Iwan pfeift durch die Zähne. Nicht ohne. Da muss ganz in der Nähe eine Strahlenquelle sein. Iwan geht an der Hauswand entlang bis zur Ecke. Die Strahlung nimmt noch um zwei Röntgen zu. Da ist irgendwas. Iwan steckt das Dosimeter unter den Mantel und entsichert seinen »Bastard«. Tropfen zerplatzen auf dem schwarzen, zerkratzten Vorderschaft.
    Iwan wartet ab. Durch den prasselnden Lärm des Regens dringt ein verzerrtes, melancholisches Geheul. Ein Mensch? Oder ein Tier? Schwer zu sagen.
    Er traut sich nicht an der Hausecke vorbei.
    Iwan betrachtet das sich aufbäumende Pferd aus Bronze. Es ist durch und durch grün und nass. Schwere Tropfen hageln auf seinen Rücken. Die Brücke ist fast völlig eingestürzt, doch die Pferde sind immer noch heil. Seltsam.
    Endlich fasst sich Iwan ein Herz. Die Schwere im Hinterkopf fühlt sich auf einmal bleiern an, doch er reißt sich zusammen und macht einen Schritt nach vorn. Und dann noch einen.
    Er späht um die Ecke – und zuckt vor Schreck zusammen.
    An der Brüstung der Uferstraße sitzt weit vornübergebeugt, die knochigen Ellenbogen weit abgespreizt, ein Blokadnik. Mit seinen unverhältnismäßig langen Fingern zerrupft er einen Hundekörper. Blut spritzt. Der Regen rinnt in Bächen über den Bürgersteig und schwemmt das Hundeblut fort. Irgendwo in der Ferne rollt ein Donner.
    Jetzt ist es aus, denkt Iwan.
    Der Blokadnik reißt ein weiteres Stück Fleisch aus dem Kadaver und dreht den Kopf. In seinen schwarzen Augenhöhlen liegt kosmische Weisheit. Tropfen klatschen auf die graue, glatte Haut des Ungeheuers.
    »Hallo, Iwan«, sagt der Blokadnik. Seine knarzende Stimme jagt dem Digger einen eisigen Schauer über den Rücken. »Auf dich warte ich schon die ganze Zeit …«
    Iwan öffnete die Augen. Der erste Gedanke: verschlafen. Er schwang die nackten Füße auf den Boden und sprang auf.
    »Aufstehen!«, wollte er schon schreien, doch dann hielt er inne und sah auf die Uhr mit den grün