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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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neckisches »Dafür hab ich früher ein paar Mal meine Jungfräulichkeit hergegeben« hinterher gespaßelt. Bentner war geneigt gewesen, ihr zu glauben.
    Ein Blick ins Innere des   Taco’s . Rigo stand nicht hinter der Theke, eine junge Frau, die Bentner noch nie gesehen hatte, vertrat ihn dort, zwei Mädchen transportierten Getränke und Mahlzeiten durchs Lokal, vor dem sich eine kleine Schlange gebildet hatte, die auf freiwerdende Plätze wartete. Komisch, dass Rigo ausgerechnet heute seinen Sabbattag nimmt, dachte Bentner, vielleicht war er krank, erkältet, fiebrig.
    Gorland auf seinem Stammplatz, den roten glänzenden Kopf im Dekolletee jener älteren Frau, in deren Begleitung Bentner den Programmierer Abels oder den Grafiker Dehmel gesehen hatte, er wusste es nicht mehr genau.
    Munteres Hin und Her, viele Sprechblasen. Bentner starrte eine Zeitlang durch die Scheibe, bis er nicht mehr sah, was sich dahinter, sondern auf ihr abspielte, Menschen, die in seinem Rücken vorbeieilten, vage gezeichnet. Blieb einer stehen, schaute einer zu lange, zu genau zu Bentner hin? Dass ihm möglicherweise jemand folgte, wie ihm gestern jemand gefolgt sein musste, kam Bentner erst jetzt in den Sinn. Schnell rüber zum Italiener.
    Den Aperitif hatte Bentner schon intus, als Lisa mit zwanzigminütiger Verspätung in den Raum schwebte, einen langen schwarzen Mantel an, der nur darauf wartete, vom entzückten Kellner abgenommen zu werden, um das nachtblaue, enge Kostüm der staunenden Welt zu präsentieren, die Schuhe natürlich Highheels mit garantiert halb erfrorenen Zehen darin, trotz oder wegen der dunklen Nylons. Tacktack. Die Spaghetti blieben länger als sonst auf die Gabeln gerollt, vor offenen Mündern geparkt, bis man sich vorläufig sattgesehen und Lisa sich Bentner gegenüber gesetzt, ihr »Hallo« gesagt hatte.
    »Was war das?«
    Sie wies auf das leere Glas, »trockener Martini«, gab Bentner Auskunft, »au ja«, reagierte Lisa. »Aber du hast mich eingeladen, damit das klar ist.« So konnte es losgehen.
    Die Carbonara waren fast so gut wie teuer, edle Zutaten, nicht die Speckwürfel, die Bentners Mutter früher beim Discounter gekauft hatte, sogar die Eier angeblich von Hühnern mit mindestens Abitur. Aber Lisa schmeckte es, sie gabelte routiniert und zügig und beinahe geräuschlos, benutzte keinen Löffel, schmierte mit dem wirklich erlesenen Wein, legte dann die Gabel auf den Nudelrest.
    »Reicht. Corinne ist ja megalieb, aber …«
    »Am Montag kannst du wieder in deine Wohnung. Neues Schloss, Innenverriegelung.«
    »Hör auf. Darf gar nicht dran denken. Aber besser als mit ’ner Kampflesbe, die mich betuttelt.«
    »Ach Gott. Und Alina in der Firma!«
    »Alina? Hehe! Die ist genauso lesbisch wie ich! Vergiss das.«
    Und drehte resolut eine neue Portion um die Zacken.
    »Na ja, ich dachte … was halt so geredet wird.«
    Bentner mochte es nicht, wenn man ihm beim Essen zusah, aber Lisa schaute ihn an, folgte den Bewegungen seines Armes, amüsierte sich über den Löffel, der so gänzlich unitalienisch der Gabel beim Aufrollen der Nudeln beispringen musste, sagte endlich – und wandte sich dabei – Bentner atmete auf – wieder dem eigenen Teller zu: »Ich bin pappsatt, aber auf das Tiramisu freu ich mich wie Sau.«
    »Nein, ich kenne sie nicht wirklich«, sagte Bentner zehn Minuten später. Sie hatten das Essen gelobt, nach der Dessertkarte verlangt, überflüssigerweise, denn natürlich nahmen sie das Tiramisu.
    »Ich weiß«, sagte Lisa. »Du hältst Alina für eine Lesbe, Michael für einen Kaltblüter und Claus war ein Schürzenjäger, der Praktikantinnenentsafter.«
    »War er das nicht?«
    Bentner schenkte nach. Die Flasche musste leer werden, er gönnte dem Haus die Reste nicht. Lisa fischte eine Zigarette aus dem Nirwana ihrer vom Tisch verborgenen Körperhälfte und fluchte. »Veranstalten wir eine Rauchorgie vor der Tür?« Vor der Tür. Ein Standaschenbecher, ein Heizpilz, kurz vor 20 Uhr, die letzten gehetzten Passanten, ein Arschloch, das im Unsichtbaren den Namen des örtlichen Fußballvereins grölte und dann still durchs Sichtbare stolperte.
    »Idioten das«, sagte Lisa und inhalierte.
    »Also kein Schrecken der Praktikantinnen?«
    »Bei mir eh nicht«, antwortete Lisa. »Erinnerst du dich noch an Melly? Melanie?«
    »Hm …«
    »Praktikantenmaus in der Auswertung. BWL-Tussi. Topgeile Miniröcke, aber kein Geld mehr für Höschen.«
    »Ach die. Ja. Und?«
    »Interview die mal über Weidenfeld.

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