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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Minuten spätestens hauchten sie ihr Dasein aus, verschwanden im Nichts, aus dem sie gekommen waren, bei intensiver Konversation noch früher. Eine Frage der Speicherkapazitäten, der Kosten, der Einsicht auch, dass man niemals in der Lage sein würde, wirklich alles auszuwerten. Man musste es bei Stichproben belassen und die klugen Betrüger wussten, wann man angreifen musste, nach den üblichen Bürozeiten nämlich, am besten nachts, wenn sich immer noch Kinder in die Stadt verirrten. Dies aber würde Gott ändern, er schrieb die Befehle schon in Gedanken, kicherte abermals.
    Er trank wie stets, wenn es in ihm rumorte, viel zu viel Kaffee und aß Toast, ohne es zu bemerken. Fortan gäbe es einen unermüdlichen Wächter vor der Herzkammer von Pixity, dem kein Wort entginge, dessen Sensoren auf bestimmte Pixies ausgerichtet waren, die beiden Annas und das Fakeduo, jene Frau namens chillerkiller, die sich kleinen Mädchen beim Masturbieren zeigte und – einen Moment hatte Gott gezögert – auch NataschaX.
    Die Mittagszeit war längst vorbei, als Bentner seine neuen Geschöpfe einem letzten Test aussetzte. Er hatte auch Rick auf die Liste derer geschrieben, deren Worte nun gespeichert werden würden, jagte ihn plappernd durch die Stadt, rief die neue Funktion auf, wählte Ricks Namen und erhielt ein minutiöses Protokoll mit allen Daten, die Rick auf seiner Reise durch Pixity hinterlassen hatte. Dem Wächter würde nichts entgehen, keine Bewegung, kein Wort, 24 Stunden am Tag lauerte er dort, wo die Dialoge in die Datenbank strömten, um gleich darauf zu versickern, er entriss sie der Vergänglichkeit, schrieb sie in eine andere Datenbank.
    Gut, dachte Bentner, prima. Er löschte Rick wieder von der Liste, der Knabe hatte seine Schuldigkeit getan. Dann kam Gott auf die Erde zurück. Irgendjemand wusste entschieden zu viel, kannte Anna, kannte Rick und Jana, kannte auch Lisas Natascha, besaß einen Schlüssel zu Lisas Wohnung, hatte Bentner gestern verfolgt. Der glaubte nicht an ein Supergenie, das durch die Firewalls brechen, ins Herz von Pixity eindringen, die Nicks und Passwörter abgreifen konnte. Wer immer sich bediente, musste in der Firma arbeiten, nein, das genügte nicht, er musste sich Zugang zu Bentners Computer verschaffen können. So jemanden gab es tatsächlich. Es war Bentner selbst. Kein anderer.
    Aber das war keine Erkenntnis, die Bentner beunruhigte, weil sie offensichtlich zugleich logisch und falsch war. Seit er das
Programmieren gelernt hatte, wusste er, dass es zu jedem Problem mehrere Lösungen gab und die plumpste oftmals auch die beste war. Man konnte ein Objekt vom Bildschirm verschwinden lassen, indem man es an einen Koordinatenpunkt irgendwo im Nirwana verbannte. Oder seine Höhe, seine Breite auf Null setzte. Die Transparenz auf 100. Manchmal versteckte man das Objekt einfach hinter einem anderen oder wies ihm ein neues Objekt zu oder tat doch das, was in den Lehrbüchern stand: Man vernichtete es einfach.
    Noch merkwürdiger waren die Ereignisse, die andere Ereignisse auslösten. Ein Anwender bewegt zehn Sekunden lang nicht die Maus, er tut also nichts, und weil er nichts tut, färbt sich ein Kreis in der rechten Ecke des Programms plötzlich ganz langsam blau, wird immer größer und scheint schließlich zu detonieren. Jemand tippt seinen Namen in ein Eingabefeld und ahnt nicht, dass es innerhalb der Anwendung schon zu rumoren begonnen hat, Anfragen an Datenbanken geschickt, Tabellen durchforstet werden. Die Möglichkeiten waren grenzenlos, sie folgten einer Logik, die nur dem Programmierer bekannt war, aus einer Notwendigkeit heraus entstanden waren oder einer puren Laune, einer schlechten Angewohnheit, einer ausgetüftelten Strategie. Und immer und überall lauerte der Fehler. Etwas funktionierte, weil es funktionieren musste, weil sich kein Programmierer vorstellen konnte, dass ein Anwender so blöde sein würde, etwa mit gedrückter rechter Maustaste ein Objekt bewegen zu wollen, das nicht bewegt werden soll und nicht bewegt werden kann. Und dann bewegt sich dieses Objekt doch. Der Programmierer hat etwas übersehen, er weiß nicht was, er sucht fieberhaft, er findet den Fehler nicht, er weiß aber, es kann nur eine Nachlässigkeit gewesen sein.
    Alles beruhte letztlich auf Täuschung und die größte war zu glauben, man schaue auf ein in sich ruhendes Bild, eine statische Erscheinung. Das stimmte nicht. Alles, was auf dem Bildschirm zu sehen war und sich augenscheinlich nicht

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