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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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werden. Hinter dem Bett führte eine Metalltür nach draußen.
    Kein Bild an den Wänden, nichts, einfach weiße Flächen, von denen sich das Weiß des Kühlschranks zur Rechten des Fensters nur unwesentlich abhob. Auf dem Kühlschrank eine Kochplatte, auf der Kochplatte ein Topf, gerade groß genug für eine Portion Spaghetti. Neben dem Kühlschrank an der rechten Wand eine Kommode mit drei Schubladen, kein Tisch, kein Stuhl.
    Hinter der Eingangstür standen Gartengeräte an der Wand: Spaten, Rechen, Hacke, eine Astschere. In der Mitte des Raumes ein roter Läufer, darauf ein Heizbläser, dessen Kabel über den Boden zum Kühlschrank verlief.
    Bentner drückte die Klinke der Stahltür, sie war verschlossen. Er probierte den Schlüssel, der passte nicht, er sah sich um, ging zur Kommode, öffnete die Schubladen, ein Durcheinander von Unterwäsche, Geschirr- und Handtüchern, unter denen seine Hand endlich einen Schlüssel ertastete, mit dem sich die Tür öffnen ließ.
    Der Garten, der bis zum Ufer des Sees reichte, war mit Rasen bedeckt, dieser unter größeren Flächen Schnee. Links von der Tür gab es einen Anbau, aus dem es leicht nach Toilette duftete. Ein kurzer Blick hinein: Klo, Waschbecken mit Ablage, darauf ein leeres Zahnputzglas.
    Zurück ins Zimmer. Bentner setzte sich auf das Bett, eine dünne graue Decke, die Matratze weich, zu weich. Hier hatte Weidenfeld gesessen. Neben ihm Melly oder eine andere, um deren Hals ein nicht zu teures Schmuckstück gehängt worden war, bevor sich der Spender über die Käuflichkeit der Frauen erging. Vielleicht hatten sich die Mädchen angezogen, während Weidenfeld ihnen die autobiografischen Belege seiner These deklamierte. Vielleicht hatte Claus in zu enger Unterhose dort gesessen und lamentiert, das Mädchen spielte mit der neuen Kette, ein Anhänger mit Stein, der echt aussah, es aber wohl nicht war. Das kam Bentner zu wirklich vor, etwas, das nicht in die Welt hineinpasste.
    Der Koffer stand unter dem Bett. Ein verschrammtes Exemplar von fragwürdiger Qualität, blaurot karierter Synthetikstoff mit zwei verrosteten Schnappschlössern. Bentner öffnete den Koffer. Ein handliches Notebook, in einer Plastiktüte daneben Akku, Webstick und eine angebrochene Packung Präservative.
    Es hatte nicht viel zu kopieren gegeben. Mit den Dateien von Weidenfelds Notebook in der Jackentasche war Bentner ins Freie getreten, hatte die frische Luft aufgesogen, die Augen dabei geschlossen wie einer, der Anlauf nimmt, ein trauriges Bild aus sich herauszublasen.
    »Sie sind aber nicht Herr Klaasen.«
    Der dies feststellte, wurde halb von einer mannshohen Thuja verdeckt, hielt eine Kaffeetasse in der Hand und nahm nun einen großen Schluck daraus.
    »Das stimmt«, sagte Bentner.
    Der Mann mochte Anfang vierzig sein, trug einen dunkelblauen Trainingsanzug, war mittelgroß und unrasiert, neigte ein wenig zur Korpulenz. Also hatte sich Weidenfeld Klaasen genannt, die Krönung jener Geheimniskrämerei, auf die sich Bentner noch immer keinen Reim machen konnte. Claus war ledig, besaß eine Eigentumswohnung, an die sich Bentner von einer Geburtstagsparty her vage erinnerte, damals in den glücklichen Tagen des Aufstiegs. Man war beinahe lustig geworden, es hatte guten Wein und Paella gegeben, an einem gediegenen Tisch an einem Ort halbwegs klinischer Möblierung, nicht protzig, nicht geschmackvoll, nicht ausgesucht, aber kein Gesicht zu haben war besser als ein hässliches Gesicht.
    »Aber Sie kennen Herrn Klaasen?«
    Der Mann fragte es seltsam unbeteiligt, es war keine Frage, es war einfach ein Satz, den er sagen musste. Bentner reagierte schnell, er musste es. Log er, käme er entweder rasch aus dieser Situation oder würde sie noch unangenehmer machen als sie es jetzt schon war. Er entschied sich für die Wahrheit.
    »Ja, ich kannte ihn. Er hieß nicht Klaasen, sondern Weidenfeld, war mein Arbeitskollege und ist jetzt tot.«
    »Ich weiß«, sagte der Mann, »sein Bild war in der Zeitung, vorgestern oder wann. Hat mich schockiert.«
    »Er hatte noch Unterlagen, die …«
    Der Mann winkte ab.
    »Sie haben den Schlüssel sofort gefunden, Sie wussten also wo er liegt. Ich hab’s von meinem Fenster aus gesehen. Außerdem parkt da vorne Ihr Wagen. Ich hab mir vorsichtshalber die Nummer aufgeschrieben. Sorry, aber ich hab Herrn Klaasen oder Weidenfeld versprochen, ein Auge auf sein Haus zu haben, wenn er nicht da ist.«
    Bentner nickte es ab.
    »Geht in Ordnung.«
    »Und?«
    »Und?«
    »Haben

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