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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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Sie die Unterlagen gefunden?«
    Bentner zeigte seine leeren Hände, öffnete die Jacke, ersparte sich das Nein.
    »Schneider heiß ich übrigens.«
    »Bentner.«
    »Herr Bentner«, wiederholte Herr Schneider und schwenkte den Rest Kaffee in der Tasse. »Ich wohne hier. Ganzjährig. Wollen Sie einen Kaffee?«
    »Wie’s da drinnen aussieht, wollen Sie nicht wirklich sehen«, sagte Schneider, schob das Radiatorgerippe unter das Vordach, fragte: »Milch oder Zucker oder beides oder gar nichts?«
    Das Haus war größer als Weidenfelds Zweckbau. Im Vorgarten unregelmäßig verteilte Büsche, an den Grundstücksgrenzen wachten Thujas, unter dem Vordach stand ein Stuhl mit Kissen, auf den sich Bentner hatte setzen müssen. Schneider kam mit einem zweiten aus dem Haus, stellte ihn daneben, sagte: »Kaffee kommt gleich.«
    Sie sprachen ein paar Sätze über das Wetter, der Kaffee schmeck­te stark und gut.
    »Meinen Sie, ich sollte zur Beerdigung?«
    Die Beerdigung. Bentner wusste weder wo noch wann sie stattfinden sollte.
    »Kannten Sie ihn gut?«
    Schneider überlegte.
    »Das wohl nicht. Und das auch noch unter falschem Namen.«
    Fake, dachte Bentner, sagte aber: »Ja, klar.«
    »Er hat das Haus erst vor einem Jahr gemietet. Ich …«
    Er unterbrach sich, blickte zum Himmel hoch, fand dort nicht, was er suchte.
    »Ich bin erst im Herbst endgültig hier raus gezogen, wissen Sie.«
    »Ach so.«
    Etwas roch hier anders als man es erwartet hätte.
    »Ja«, sagte Schneider, »er hat mich gebeten, ein Auge auf sein Haus zu haben. Kam ja nicht oft. Und wenn, dann meistens in Begleitung. Tja.«
    Es roch nach Alkohol.
    »Über den Mord weiß man noch nichts Näheres?«
    Er selbst nicht, sagte Bentner, die Polizei vielleicht, aber auch eher unwahrscheinlich.
    Vom See zog jetzt Dunst über die Ufergegend, »oh«, sagte Schneider, »Sie müssen aufpassen, die Straße da ist wohl schon glatt.«
    Hier hatten sie gesessen und ihren Kaffee getrunken, Schneider und Weidenfeld, der auch Klaasen hieß.
    »Wir haben hier manchmal gesessen, nicht oft. Wenn sein, hm, Besuch gegangen war. Haben über Gott und die Welt …«
    Er unterbrach sich abermals, schaute wieder zum Himmel hoch.
    »Na, über Gott weniger. Angenehmer Mensch, Ihr Kollege. Wer tut so etwas?« Eine rhetorische Frage. Schneider trank von seinem Kaffee und jetzt wusste Bentner, warum es hier nach Alkohol roch. Er nippte einen Schluck, nein. Sein Kaffee war ohne Schuss.
    »Und die Polizei? Schon hier gewesen?«
    Dumme Frage, die Bentner da gestellt hatte. Ein Haus unter falschem Namen angemietet, andererseits: Es gab einige junge Frauen, die es kannten.
    »Polizei? Nein. Kommt wohl noch. Haben Sie ihr nicht mitgeteilt, dass …«
    Nicht nur eine dumme Frage, eine törichte obendrein. Bentner musste sich aus der Schlinge ziehen.
    »Doch … ich denke … Sie wissen das. Werden noch kommen, sicher.« Und woher weißt du, Bentner, dass es dieses Haus überhaupt gibt? Er ärgerte sich über sich selbst, musste ablenken.
    »Alleine war Herr Weidenfeld aber nicht oft hier?«
    Schneider lächelte.
    »Selten. Und wenn, dann hat er wohl versucht, hinter dem Haus ein Blumenbeet anzulegen. War aber nicht sein Ding. Ist auch nicht meins. Wir sind hier die falschen Fuffziger. Nur Gartenfetischisten sonst. Im Moment ist es hier ruhig, aber kommen Sie mal im Frühjahr, da wird hier deutsches Schrebertum zelebriert.«
    Was hätte Bentner noch fragen sollen? Warum Schneider hier wohnte? Was er arbeitete, ob er überhaupt arbeitete? Nach dem Schnaps in seinem Kaffee oder eher umgekehrt?
    Er trank aus, erhob sich, Schneider blieb sitzen, sagte noch einmal: »Passen Sie auf, glatt.« Sie gaben sich die Hände, Bentner lief vorsichtig und langsam zum Tor. Es war ein wenig rutschig, es schien zu nieseln, was eine Täuschung sein, vom Dunst kommen konnte. Er drehte sich um und winkte Schneider zu, der hob den rechten Arm und ließ ihn schwer in den Schoß zurückfallen.

EINFÜHRUNG IN DIE
OBJEKTORIENTIERTE PROGRAMMIERUNG
    Der Eisregen gab sich dann am Nachmittag die Ehre. Nicht schlecht; auf der Straße vor dem Haus wurde es sehr still, alles lag da wie mit Zucker überzogen, man musste sich nur vorstellen, es sei wirklich Zucker. Lisa rief an, im Hintergrund Klappergeräusche, »Corinne spült Geschirr«, aber sonst alles in Ordnung. »Warst du dort?«
    Er wollte es ihr morgen erzählen. Wenn man überhaupt ins Büro käme. »Ja«, sagte Lisa, »aber nicht auf Highheels. Ich geh sowieso jetzt

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