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Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Pixity - Stadt der Unsichtbaren

Titel: Pixity - Stadt der Unsichtbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Paul Rudolph
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deutsche Buletten, sogar Pizzaschnitten und Spiegeleier auf Sesambrötchen. Dann machte Rigo ein paar Schritte zur Durchreiche, hob die hölzerne Klappe an, rief die Bestellung in die Küche, ließ die Klappe fallen. Ein paar Minuten später wurde die Klappe wieder hochgehoben, einen Spalt nur, von der anderen Seite, ein Teller durchgeschoben. Bentner sah eine Hand, einen Unterarm, Teile einer Frau. Aber er war sich nicht sicher.
    »Das ist Louisa.«
    Rigo war Bentners Augen gefolgt.
    »Louisa stammt aus Costa Rica und sieht überhaupt nicht aus wie eine Mexikanerin. Sie hatte sogar mal blonde Schamhaare. Aber die Weiber glauben ja jetzt auch, sie müssten sich rasieren. Schrecklich.«
    »Dann seid ihr also alle Fakes«, sagte Bentner.
    »Was?«
    Rigo mit hochgezogenen Augenbrauen, den Blick ständig von links nach rechts und zurück.
    »Nachgemachte Mexikaner oder auch nicht. Leute, die vorgeben, andere zu sein.«
    »Okay«, sagte Rigo, »wenn du mal jemanden triffst, der kein Fake ist, stell ihn mir vor.«
    Weidenfeld in seinem Schubfach. Irgendwo hockte ein Gott, der Pixies einfach aus der Welt klicken konnte, sie für alle Zeiten ausloggte. Ein anderer Gott, dem seine Schöpfung zuwider geworden war.
    »Komm, noch einen auf’s Haus.«
    Draußen an der frischen Luft. Achtmal Dong vom Kirchturm, das Einkaufen hatte sich endgültig erledigt, einzelne Schneeflocken warfen sich in den Matsch. Bentner atmete gleichmäßig und tief, mochte die Kälte, die ihn zuerst bei den Füßen packte.
    Tumult hinter ihm, ein »he, he!« weiblich und ein Fluch männlich. Er drehte sich um. Gorland hatte sich schwer auf die Frau gestützt, eine eher zierliche Frau, es galt eine Stufe zu meistern, »helfen Sie mir halt«, sagte die Frau und Bentner sprang hinzu, griff Gorland unter die Achseln, hielt ihn stabil.
    »Ach, Sie sind das«, sagte die Frau. »Können Sie mitkommen? Sie wissen ja wohl noch, wo er wohnt.«
    Gorland wehrte sich nicht, als ihn Bentner am Arm fasste, dirigierte. Die Frau hatte den Arm des Schwankenden um ihre Schulter gelegt, eine kleine und zierliche Frau. Wenigstens einer, der im Suff immer stiller wird, dachte Bentner. Euphorische Gelage fielen ihm ein, damals im   Taco’s   und anderswo. Während die anderen immer lauter geworden waren, hatte sich Gorland darauf beschränkt, ein Lächeln anzudeuten, vielleicht die höchste Form von Seligkeit. Er schien zufrieden, aber er wollte nicht darüber reden, nicht darüber nachdenken.
    Sie hatten niemals in Gorlands Wohnung gebechert. Sie sei so klein, hatte der Inhaber vorgeschoben, vollgestellt mit Leinwänden, da gleichzeitig Atelier. Sie lag am Rande der Fußgängerzone, das wusste Bentner, in einem typischen Studentenviertel plus Künstlern und Möchtegernen, die stolz auf ihren türkischen Gemüsehändler waren und ständig irgendwelche Nachbarschaftsfeste organisierten.
    Sie überquerten mit ihrer Fracht den Marktplatz. Der Brunnen plätscherte nicht wie sonst, die Leitung war wohl zugefroren. Noch immer stürzten Schneeflocken ins Verderben, letzte Fußgänger mit Einkaufstüten auf dem Heimweg.
    Sie bogen in eine Seitenstraße ein, noch eine, noch eine. Irgendwann waren sie die einzigen Menschen außer denen im Birnenlicht hinter den Fensterscheiben. Stimmen aus Kehlen und Fernsehgeräten, Schüsse, Reifenquietschen, die heisere Monotonie von Reportern, ein kräftiges »Halt’s Maul!«, ein Lachen, ein Idiot, der nun unbedingt einen Nagel einklopfen musste oder seiner Frau rhythmisch mit dem Hammer auf den Schädel, wer konnte das schon wissen. Spielte keine Rolle.
    Klackklack. Jemand war hinter ihnen. Highheels, aber es war nicht der Gang Lisas, wie auch. Bentner drehte sich um, sah nichts, hörte dann auch nichts mehr, das Klackklack hatte aufgehört.
    Klackklack. Wieder da. Als sei die Frau stehengeblieben. Eine Frau. Mach dich nicht lächerlich, Bentner.
    Erst als sie vor dem Haus standen, in dem Gorland wohnte, begann die Frau wieder zu sprechen.
    »Dritter Stock. Kommen Sie für ’nen Moment allein mit ihm klar?«
    Er kam. Legte nun selbst Gorlands Arm um die Schultern, die Frau kramte in den Taschen ihres Mantels, bis es klimperte. Sie schloss die Tür auf. Bentner lauschte noch einmal, aber es war still.
    »Gibt leider keinen Aufzug. Komm Hansi, reiß dich mal zusammen.«
    Hansi schwieg und riss sich nicht zusammen. Eines dieser alten Häuser mit hohen Decken, die Treppen schiefgetreten, sie kamen unfallfrei nach oben, wieder fragte die Frau,

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