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Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Pizza Letale: Palinskis elfter Fall

Titel: Pizza Letale: Palinskis elfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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unbeobachteten Lebensphasen hart durch Schwindeln, Lügen und Betrügen. So hatte er der Mama beispielsweise erzählt, dass er einen Job als Blumenverkäufer in den Heurigenbetrieben hatte. Und tatsächlich konnte man Arthur häufig mit einem riesigen Strauß Rosen durch Grinzing oder Sievering streifen sehen. In Wirklichkeit waren die Blumen, die er bei Gelegenheit natürlich auch verkaufte, aber nur Tarnung. Um alleinstehende gstopfte Heurigenbesucher ausfindig zu machen, die er in der Folge auf ihrem Heimweg überfiel und nach Möglichkeit um Bargeld und Wertsachen erleichterte. Dabei ließ er sich allerdings nur auf bombensichere Gelegenheiten ein, was in der Praxis regelmäßig weibliche Opfer bedeutete. Denen er ebenso regulär die Handtasche zu entreißen pflegte und dann darauf vertraute, schneller laufen zu können als sein jeweiliges Opfer.
    Das hatte bisher auch immer funktioniert und ihm ein durchaus ansprechendes Körberlgeld zum Erlös aus dem Blumengeschäft und zu seiner Notstandshilfe eingebracht.
    Gestern Nacht hatte zunächst alles wie immer gewirkt. Die Voraussetzungen schienen ideal für einen raschen, gefahrlosen Coup zu sein. Aber dann war plötzlich alles anders gekommen. Die ganze Sache war ihm total entglitten. Einfach so aus dem Ruder gelaufen. Wenn Arthur nur daran dachte, trieb es ihm die Tränen in die Augen. Dieses Ende hatte er wirklich nicht gewollt. Nein, wirklich nicht. Er war doch ein guter Bub, wie seine Mama immer zu sagen pflegte.

     
    *

     
    Die große Uhr am Stephansplatz zeigte erst kurz nach 19 Uhr an. Dennoch war der Platz im Zentrum Wiens bereits von mindestens 30.000 Menschen besucht. Wie es bei solchen Gelegenheiten oft der Fall war, hatte das Ganze auch ein wenig von Volksfest an sich, das bedeutete mobile Händler sowie Standln und Buden mit Getränken, Würsteln und anderen Fressalien.
    Auf der rasch aufgebauten Bühne versammelte sich langsam auch das ›spontan‹ gebildete Proponentenkomitee, das offiziell zu dieser ›Manifestation gegen die Gewalt‹ aufgerufen hatte. Es bestand aus Künstlern und sonstigen Prominenten, die den beiden Großparteien so nahestanden, dass sie sich gewissen … Anregungen nur schwer entziehen konnten. Auch wenn das der Allgemeinheit nicht unbedingt bekannt war und auch nicht werden sollte. Die Parteien waren nämlich übereingekommen, dass mit Ausnahme des Bundespräsidenten kein Politiker zu Wort kommen sollte, um diese traurige, in Anbetracht der politischen Lage vor allem aber auch recht heikle Situation nicht außer Kontrolle geraten zu lassen. Das Schlimmste wäre, wenn die Veranstaltung der extremen Rechten die Plattform lieferte, um eine Dolchstoßlegende in die Welt zu setzen. Das musste unbedingt verhindert werden. Außer dem Staatsoberhaupt würden daher lediglich der Wiener Erzbischof, die Tochter der Ermordeten und eine Schulkollegin zu Wort kommen.
    Wilma Bachler, die grüne Bezirksrätin, die Nora Bender-Nicerec am Vorabend noch live in Höchstform erlebt und gehasst hatte, hatte sich den ganzen Tag über für ihren Zorn auf diese Frau geniert. Die jetzt tot irgendwo in einem Kühlschrank in der Gerichtsmedizin lag und bei allem, was sie in ihrem Leben so getan hatte, eines sicher nicht verdient hatte. Nämlich ein solches Ende zu finden. Das hatte kein Mensch verdient, auch ›Nora, der Eiserne Besen‹ nicht.
    Schon gleich nach dem ersten Aufruf zu der abendlichen Veranstaltung war für Wilma festgestanden, dass sie an diesem Abend am Stephansplatz dabei sein musste. Wahrscheinlich, um dieses ungute Gefühl loszuwerden. Was sie besonders schön fand, war, dass sie nicht nur von einigen ihrer Schülerinnen begleitet wurde, sondern auch von Tina und Harry, ihren beiden Lieblingen.
    Ob Mario auch kommen würde? Keine Ahnung, sie hatte ihn den ganzen Tag über weder gesprochen noch gesehen.

     
    *

     
    Palinski dachte gar nicht daran, an einer ›Totenfeier für eine obskure Pseudopolitikerin‹ teilzunehmen. Ihm war die politische Brisanz der Situation und damit die Bedeutung der Veranstaltung durchaus bewusst. Er erachtete die Vorgangsweise aus der Sicht der staatstragenden Parteien auch für richtig. Aber bitte ohne ihn.
    Abgesehen davon, dass er jede Menge zu tun hatte, lagen ihm derartige, von strategischen Überlegungen bestimmte Inszenierungen mit ihrem hohlen Pathos schwer im Magen.
    Nach einem kurzen Besuch bei Mamma Maria, bei dem er ihr versprochen hatte, Lorenzo am nächsten Morgen höchstpersönlich aus

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