Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
er einen in der Auffahrt liegenden Körper aufgehoben, in den Kofferraum gehievt und diesen wieder geschlossen.
Natürlich hätte der Körper auch ein ähnlich geformter ziemlich großer Gegenstand gewesen sein können, hatte F. auf entsprechende Einwände der Kripo eingeräumt, aber er sei sich im Nachhinein ziemlich sicher, dass es sich um einen Menschen gehandelt hatte.
Schließlich sei das Auto am Zeugen, der sich hinter einem Baum versteckt hatte, vorbeigerollt, langsam und unbeleuchtet, um dann doch mit inzwischen eingeschalteten Scheinwerfern zu beschleunigen.
»Dadurch hab ich auch einen Teil des Kennzeichens erkennen können«, gab F. an. »›W 12‹, an die nächsten Ziffern kann ich mir aber nicht erinnern. Und am Schluss war da noch ein ›L‹.« Der Mann war richtig stolz. »Ich habe mir das g’merkt, weil ich an einem Zwölften Geburtstag hab und meine Freundin Ilse heißt.«
Großes Rätselraten bei allen, welche Bedeutung der Ilse bei dieser reifen Leistung zukam.
»Das ist doch klar«, stellte F. fest, »sie ist mein Liebling. ›L‹, Sie verstehen?«
Gewisse Zweifel an der Bedeutung der Aussage ergaben sich weiterhin aus dem Umstand, dass der Zeuge von der Probusgasse zu sich nach Hause, und das befand sich auf der Billrothstraße, über die Eroicagasse gegangen sein wollte. Das erschien den Beamten zumindest …, na ja, originell.
Darauf angesprochen, druckste F. etwas herum, rückte aber schließlich damit heraus, dass er noch eine Frau in der Kahlenbergerstraße besucht habe. Nein, nicht Ilse.
Deswegen hätte er ja auch nicht sofort alles gesagt und die Polizei nicht gleich in der Nacht verständigt. Denn Ilse dürfe das alles nicht wissen.
Der Lokalaugenschein ergab, dass sich an dem von F. als ›die Einfahrt‹ bezeichneten Ort tatsächlich Haare und Blutspuren fanden. Milde gestimmt, sicherten die Beamten F. zu, Ilse nichts zu erzählen. Immerhin verdankte man es dem Mann, dass man jetzt endlich eine konkrete Spur hatte. Hochgefühl ergriff alle Beteiligten, denn eine rasche Aufklärung von so spektakulären Fällen wie diesem war besonders in Vorwahlzeiten bei den Politikern der Regierungsparteien äußerst willkommen. Da konnte es schon eine außertourliche Beförderung oder zumindest eine offizielle Belobigung geben.
*
Wie im Zeitalter des World Wide Web nicht anders zu erwarten, spielte sich ein Großteil der verbal immer schärfer werdenden Auseinandersetzung um den Tod Nora Bender-Nicerecs im Internet ab. Da wurde gepostet und gebloggt, dass sich die Bits und Bytes nur so bogen. Zwischen den überwiegend auf niederstem Niveau formulierten Beiträgen gab es nur ganz vereinzelte und schüchtern vorgetragene Einwände gegen die inzwischen als sicher angesehene politische Natur dieses Mordes.
›Wie können Sie so sicher sein, dass nicht beispielsweise ein Mord aus Eifersucht vorliegt?‹, wollte ein ›Nach.Denklich‹ im Gästebuch der vom PGÖ in Windeseile speziell eingerichteten Nora-Bender-Nicerec-Seiten auf ihrer Homepage wissen.
›Wäus ebn ned so is‹, stellte ein ›Apoka.Lypse‹ apodiktisch fest, und ein ›Lustmolch‹ erwiderte darauf durchaus charmant: ›Wer soll denn auf die Funzen schon eifersüchtig sein?‹
Übrigens, da stand tatsächlich ›Gästebuch‹ im Menü, für eine zumindest kurzfristige Änderung in ›Kondolenzbuch‹ oder etwas Vergleichbares hatte die Gage des Webmasters wohl nicht gereicht.
Es wäre aber ungerecht, den Eindruck zu erwecken, dass man sich nur beim PGÖ derart … flüchtig mit dem schrecklichen Ereignis auseinandersetzte. Nicht viel anders ging es bei den diversen Onlinenachrichten, Weblogs und Tagebüchern zu, die glaubten, zu dem Thema etwas beitragen zu müssen.
Wenn man davon ausging, dass die schlimmsten Ausrutscher primitiver und menschenverachtender Art von einer aufmerksamen Zensur wieder verbannt worden waren, und das durfte man getrost, dann mussten die unbereinigten Fassungen wirklich ganz arg gewesen sein. Der Gedanke, dass sich die gefährlichen Irren mit Aussagen wie ›Tod den Linken‹ oder ›Hängt alle Rechten auf‹ mehr oder weniger gleichmäßig über das gesamte politische Spektrum verteilten, war dabei auch nicht wirklich tröstlich.
Ministerialrat Dr. Michael ›Miki‹ Schneckenburger, der schon den Vorgänger des derzeitigen Innenministers Dr. Manfred Eislinger im Bundeskriminalamt vertreten hatte und so etwas wie seine linke Hand war, schüttelte angewidert den Kopf. Er hatte sich
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