Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
ihres Partners, das Lob der Fachleute und sogar des designierten Ministers seltsam stimulierend ausgewirkt. Wenn man sie so ansah, hatte sie sich plötzlich gefühlt, wie sich die schöne Europa gefühlt haben musste, als sie seinerzeit auf den als kraftstrotzenden Stier auftretenden Zeus getroffen war.
Plötzlich hatte sie Schmetterlinge im Magen gespürt und ein eigenartiges Ziehen. Und sie hatte nicht gezögert, ihren Helden durch konkludentes Handeln darauf aufmerksam zu machen. Mit dem Fazit, dass die beiden auf das Angenehmste nicht vor 5 Uhr zum Schlafen gekommen waren. Zumindest nicht im eigentlichen Sinn des Wortes.
Obwohl Palinski erst später aufgestanden war als seine Freunde von der Polizei, war er jetzt, als er sein Büro kurz nach 9.30 Uhr betrat, weit davon entfernt, ausgeschlafen zu sein.
Das war aber nicht weiter schlimm, denn bis um 15.45 Uhr, das war die Zeit, zu der er sich mit Wilma bei der Villa Wertheimstein zwecks endgültiger Legitimierung ihrer Lebensgemeinschaft treffen wollte, würde sich schon ein kleines, erfrischendes Nickerchen ausgehen.
Bis dahin hatte er nichts Bestimmtes zu tun, wollte nur so ein bisschen im Büro herumhängen und ein paar Sachen wegarbeiten, die schon lange herumlagen.
Übrigens, die standesamtliche Trauung sollte im Konzertsaal der Villa Wertheimstein stattfinden, in dem sich jetzt das Döblinger Bezirksmuseum befand. Palinski hatte die stimmungsvollen Räumlichkeiten im letzten Juni kennen und lieben gelernt, nachdem er als Dr. Blind und Ivan maßgeblichen Anteil am Erfolg der Döblinger Fledermaus gehabt hatte. Die unsterbliche Strauß-Operette war im Rahmen der Bezirksfestspiele in der Villa und dem sich anschließenden Park zur Aufführung gelangt.
Für eine angemessene Spende an dieses kulturelle Kleinod des Bezirks war man gern bereit gewesen, hier auch einmal ein Paar in den Stand der Ehe treten zu lassen. Auch oder gerade weil er mit fast 28 ›Vordienstjahren‹ selbst so etwas wie museumsreif war, wie Palinski gewitzelt hatte.
Halt, da war ja ein Anruf auf Band eingegangen, seit er gestern das letzte Mal nachgesehen hatte.
Es war seine alte Freundin Elli vom Heurigen, die ihm ganz aufgeregt mitteilte, dass »ich gestern gehört habe, du ermittelst in diesem Sanders-Mord. Ich bin damals in der Nacht an dem Haus vorbeigefahren. Das muss so gegen 3 Uhr gewesen sein. Dabei hab ich gesehen, dass gerade jemand den Garten betreten hat. Mir ist das besonders aufgefallen, weil das Auto, ein Golf oder etwas in der Art, mindestens einen Meter vom Randstein entfernt abgestellt war. Ich hab mir noch gedacht, wer denn da so deppert ist und wer alles einen Führerschein bekommt. Also ruf mich an, falls du mehr wissen willst. Bussi, Baba und Ende.«
Schlagartig war es vorbei mit der sanften, faulen Müdigkeit. Plötzlich war der selbst ernannte Leiter des Instituts für Krimiliteranalogie hellwach und stand unter Hochspannung.
Wer konnte das bloß sein, der da so spät in der Nacht in das Haus gekommen war? Zu dem Zeitpunkt war Wilhelm Sanders nach Ansicht der Gerichtsmedizin mit ziemlicher Sicherheit tot gewesen.
Als Erstes musste er jetzt versuchen, zusätzliche Informationen über den Wagen, vor allem aber über diese Person zu bekommen.
Und er hatte auch schon eine Idee, was ihn in der Sache möglicherweise weiterbringen konnte. Er musste sich nur das Videoband der Überwachungskamera besorgen, das sich bei Lorenzos Anwalt Grissly befand. Hoffentlich konnte er das Teil beschaffen.
*
Als Wilma kurz vor 10.30 Uhr beim Intercoiffeur Antonio eintraf, ihrem Friseur für besondere Anlässe, merkte sie sofort an der Stimmung, dass etwas passiert sein musste.
»Ogoooogottogott gnädige Frau«, empfing sie Ludovik, der sanfte Rezeptionist mit einem Gesicht, als ob sein Lieblingshund eben von einem 20-Tonner überrollt worden wäre. »Wir haben Sie schon angerufen, aber leider nicht mehr erreicht. Oooch, es ist eine Katastrophe.«
»Ja, was ist denn geschehen?«, Wilma sah sich um, konnte aber außer einigen ratlos herumstehenden Kundinnen nichts Außergewöhnliches erkennen. Aber das langte ja auch schon.
»Antonio hat sich schon gestern irgendwie so … seltsam gefühlt«, berichtete jetzt André, die rechte Hand des Chefs. »Heute Morgen war es noch schlimmer, und er musste ins Spital. Ein Kreislaufkollaps, er fällt uns mindestens bis Mitte nächster Woche aus. Eine Katastrophe ist das.«
»Ja, und was bedeutet das für meine Haare?« Nachdem
Weitere Kostenlose Bücher