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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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kämpfte gegen einen fast identischen Soldaten – den der Junge G.I Jimmy getauft hatte – in der anderen. Billy lieferte dazu die nötigen Gefechtsgeräusche. Bill lächelte trotz des Grauens, dass er nur Sekunden zuvor in dem Höllenloch bezeugt hatte, in das sich sein Haus verwandelt hatte.
    Nun weilte er in einem weiteren Augenblick seiner Vergangenheit, diesmal in einem, der lange zurücklag. Er ging näher zu Billy. Sein jüngeres Ich schien ihn nicht wahrzunehmen, was jedoch nicht automatisch bedeutete, dass Bill unsichtbar war. Er wollte nicht riskieren, dass sich der Junge umdrehte und hinter sich einen Mann erblickte, der wahrscheinlich wie sein Vater aussah. Gab es diesbezüglich nicht eine Regel für Zeitreisen? Nein, das ist lächerlich. Er reiste nicht durch die Zeit. Wie die anderen war auch er abgehärtet gegen den Schock dieser Träume geworden. Diesmal fühlte er sich eher frustriert als verängstigt darüber, in Erinnerungen geschleudert worden zu sein, die verzerrt und düsterer werden würden, als sie sein sollten.
    Ein paar Meter von sich selbst entfernt blieb er stehen. Seine Eltern konnten sich nie eine 8-mm-Kamera leisten wie die Familie seines Freundes Andrew – einen solchen Luxus ermöglichte das Budget eines Taxifahrers in Worcester und einer Teilzeitangestellten im Supermarkt nicht. Als Kind kannte sich Bill nur von mittlerweile vergilbten Fotos, die er zusammen mit den anderen verbliebenen Besitztümern seiner Mutter unter dem Bett verstaut hatte. Nun sah er sich deutlich, während er an einer der kahlen Stellen des Rasens stand, die von seinen Spielen mit Actionfiguren und Matchbox-Autos herrührten. Auch Monkey trug zum Zustand des Rasens bei. Die Toilettengewohnheiten des Labradors waren dem Gras alles andere als zuträglich. Bill sah sich um. War Monkey zu diesem Zeitpunkt bereits in sein Leben getreten gewesen?
    Ja!
    Sein Herz schwoll vor Freude an. Die gelbliche Hündin lag gleich an der Hausecke, nie weit von ihrem ›Bruder‹ entfernt, wie sich der kleine Billy bezeichnete, wenn er von der Hündin sprach. Natürlich war Billy der Name ›Monkey‹ eingefallen. Du taufst sie , hatte sein Vater gesagt. Sie war sein Geschenk zu seinem fünften Geburtstag gewesen. An einem verregneten neunundzwanzigsten März hatte ihm der kleine Welpe über das Gesicht geleckt und auf den Teppich gepinkelt.
    Monkey!, hatte er ausgerufen, und der Name war so wunderbar unerwartet gewesen, dass er geblieben war. Monkey. Die Einzelheiten jenes Tages wurden ihm oft von seinen Eltern erzählt, in der Regel auf sein Drängen hin. Er liebte es, diese Geschichte zu hören, wollte sich den Augenblick einprägen. Das Taxi seines Vaters hatte in der Auffahrt geparkt. Er hatte in seiner üblichen Zehn-Stunden-Schicht eine Pause eingelegt, um mit seinem Sohn zu feiern. Lachend hatte er gemeint: Also gut, dann Monkey .
    Du fehlst mir, Mädchen , sagte Bill, nicht überrascht darüber, dass er keine Stimme besaß. Die Hündin schaute nicht auf. Er überquerte den Rasen und kniete sich neben sie, kraulte sie hinter den Ohren. Verträumt klopfte der Labrador mit dem Schwanz auf den Boden. In jenem Moment öffnete sich Bills Herz so weit, dass er am liebsten geweint, sich hingelegt und seinen alten Hund festgehalten hätte.
    Schließlich stand er auf und kehrte zu der Stelle zurück, an der er zuvor gestanden hatte. Der kleine Billy hörte auf, mit seinen Figuren zu spielen, sah sich um und stöhnte frustriert.
    »Mir ist so langweilig«, meinte er bei sich.
    Bill lachte geräuschlos. Ja , dachte er, kann ich mir vorstellen . Das Viertel lag am Rand eines Industriegebiets im nördlichen Teil der Stadt. Die Hälfte der vom Hof aus zu sehenden Gebäude stand seit Langem leer. In einigen anderen Häusern entlang ihrer Straße lebten vorwiegend ältere Kinder oder Rentnerpaare, aber keine Kinder in Billys Alter. Es gab einmal einen Jungen in der Nachbarschaft, der dem zumindest nahe kam. Walter.
    Das Kind war eher eigenbrötlerisch gewesen oder wurde zu anderen Freunden durch die Stadt gefahren. Irgendetwas an Walter hatte Billy immer genervt. Als er sich jedoch dabei beobachtete, wie er zögerlich erneut zu G.I. Joe griff, weil es sonst nichts zu tun gab, wusste Bill, dass er Walter an diesem Tag liebend gern zu Gast gehabt hätte, und sei es nur zur Abwechslung. Bill sah sich um, spürte die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Sommerferien. Er hasste sie. Keine Schule, und all seine Freunde – insbesondere

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