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Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
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wurde sie einer Nothysterektomie unterzogen. Der kleine Billy wurde als ›Segen‹ betrachtet, ein Wort, das er in seiner Kindheit nur allzu oft zu hören bekam.
    Doch Billy wollte sich durch diese Ausnahme von der Regel der Natur nicht geschlagen geben. Seine Mutter schürzte die Lippen, wappnete sich.
    »Warum können wir kein Kind adoptieren?«
    Bill hatte gewusst, dass die Frage kommen würde, doch sie tatsächlich zu hören, war in Anbetracht all dessen, was in diesem aktuellen Albtraum geschehen war, dennoch ein Schock. Nein , stöhnte er bei sich. Hör auf, hör auf, hör auf.
    »Billy«, sagte seine Mutter, »bitte. Dein Dad und ich reden darüber, aber weißt du, wie teuer das ist? Wir sparen darauf, ehrlich, aber ich kann dir nichts versprechen.«
    »Aber ...«
    »Kein Aber. Morgen kommt Andrew herüber. Ihr könnt den ganzen Tag zusammen verbringen. Er kann sogar zum Abendessen bleiben.«
    Billy nickte in dem Wissen, dass er geschlagen war. »Na gut.«
    Seine Mutter stand auf. »Komm, wasch dir vor dem Mittagessen die Hände.«
    Bill erhob sich. Sein jüngeres Ich ließ sich etwas mehr Zeit. In diesem Alter hatte man keine große Eile. Seine Mutter wartete geduldig und hielt die Insektenschutztür auf. In ihrem Gesicht stand solche Traurigkeit. Der ältere Bill ballte die Hände zu Fäusten, öffnete und schloss sie abwechselnd.
    »Wenn ich erwachsen bin«, verkündete der Junge und ergriff seine Soldaten, »werde ich jede Menge Kinder haben. Zehn, vielleicht auch zwölf.«
    Bill starrte auf sich hinab. Das hatte er nie laut ausgesprochen, oder? Gedacht hatte er es oft – und sich dabei immer vorgestellt, eines Tages mit einem großen Van zu diesem Haus hier zu fahren und ein Dutzend lachender und schreiender Kinder aussteigen zu lassen, die ...
    »... auf ihre Oma zurennen«, sagte der Junge parallel zu Bills Gedanken. Dieser Teil der Unterhaltung hatte nie stattgefunden, doch es spielte keine Rolle. Er erinnerte sich an dieses geheime Gelübde seiner Mutter gegenüber. Immer wieder hatte er sich daran erinnert, bis es zu spät gewesen war.
    Seine Mutter hätte ihre Enkelkinder hochheben sollen, eins nach dem anderen, und sie alle ...
    »... mit Küssen übersäen«, sagte der Junge, ging an seiner Mutter vorbei und schloss die Tür hinter ihnen. Bills Füße fühlten sich wie auf dem Rasen verwurzelt an.
    »Wir werden große Familienessen haben, bei denen alle dabei sind und ...«
    ... lachen und Witze erzählen. Sogar Monkey sollte dabei sein, obwohl sie bis dahin unmöglich noch leben könnte. Sie würde unter dem Tisch ...
    »... mit dem Schwanz wedeln.« Die Stimme des Jungen wurde leiser, als er und seine Mutter sich weiter in das kleine Haus bewegten. »Ich verspreche es dir, Mom.«
    Ich verspreche es.
    »Das ist schön, Billy«, erwiderte seine Mutter fröhlich und bemühte sich, nicht zu zeigen, wie bewegt sie offenkundig war. »Das ...«
    ... wäre so wundervoll.
    Bill blieb allein im Hinterhof zurück. Monkey rannte um die Ecke, als sie verspätet erkannte, dass auch sie zurückgelassen worden war. Bill zwang sich zu einem Schritt vorwärts, wobei er die imaginären Wurzeln herausriss, die ihn zurückgehalten hatten. Er öffnete für die Hündin die Insektenschutztür. Monkey setzte dazu an, hindurchzuschreiten, dann schaute sie zu dem Mann neben ihr auf. Schwanzwedelnd sprang sie an ihm empor, legte die Pfoten auf Bills Brust und leckte ihrem älteren ›Bruder‹ sabbernd übers Gesicht.
    Ich liebe dich, Mädchen , sagte er. Dann löste sich Monkey von ihm und rannte durch die Tür.
    »Da bist du ja, Monkey-Mädchen!«, ertönte die Stimme seines jüngeren Ichs aus der Küche.
    Bill ließ die Tür zufallen. Seine Eltern hatten nie ein Kind adoptiert. Sein Vater war nur wenige Jahre nach diesem Augenblick gestorben. Herzinfarkt. Sein Tod hatte ihnen eine weitere Last aufgebürdet. Er hatte zwar eine Lebensversicherung gehabt, mit der die Hypothek abbezahlt wurde, aber eine alleinerziehende Mutter, deren Einkommen nur aus dem bestand, was sie bei ihrer Teilzeitarbeit im Haven Market verdiente, war nicht unbedingt eine optimale Anwärterin für eine Adoption. Obendrein hätte seine Mutter ohnehin keine Zeit gehabt, ein weiteres Kind großzuziehen.
    Irgendwann , hatte er sich insgeheim gelobt. Ein einziges Mal hatte er seine Pläne Seyha gegenüber erwähnt, bevor sie geheiratet hatten.
    Hätte er sie auch geheiratet, wenn sie den Kopf geschüttelt und es als schlechte Idee empfunden hätte?

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