Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis

Titel: Plage der Finsternis - Keohane, D: Plage der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G. Keohane
Vom Netzwerk:
Dämonen im Haus der Nachbarn gefangen. Vielleicht sind es auch fiese Engel. Wir wissen es nicht genau. Jedenfalls versuchen sie, uns durch einen Strohhalm die Seelen auszusaugen. Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.«
    »Alles klar«, meinte Eliot und schnitt ein Stück von seinem Hühnchen ab.
    Deanna Davidsons Lächeln hing schlaff in ihrem länglichen, hübschen Gesicht. »Gem«, sagte sie, »du bist so komisch.«
    »Wie du meinst.«
    »Das Hühnchen ist gut, Mom«, befand Eliot, bevor er zu Ende gekaut hatte. »Wieso haben wir nie eine Füllung? Ich meine, immerhin ist Thanksgiving.« Er schluckte, was er im Mund hatte, und stocherte mit der Gabel an etwas, das sich zwischen seinen Schneidezähnen verfangen hatte.
    Deanna schnalzte mit der Zunge. »Die Füllung ist so schwierig zuzubereiten.«
    Gem schlug mit der rechten Hand flach auf den Tisch. »Die Füllung ist ganz einfach, Mom. Wie kannst du ...« Unvermittelt verstummte sie. Der Brokkoli auf der Gabel ihrer Mutter wies schwarze Tupfen auf. Gem kniff die Augen zusammen. Vielleicht handelte es sich um Spinat. Sie blickte auf ihren Teller hinab. Kein Spinat in Sicht.
    Die halb gegessene Hühnchenbrust auf dem Teller ihrer Mutter hatte drei flaumig grüne Schimmelstellen. Da begriff Gem, dass die dunklen Tupfen auf dem Brokkoli Fäulnis waren. Ihr drehte sich der Magen um. Erneut blickte sie auf den eigenen Teller hinab. Dort wirkte alles in Ordnung.
    Indes war es Eliot gelungen herauszulösen, was zwischen seinen Zähnen gehangen hatte. Er schnippte die halb zerbissene Made auf den Tisch. Auf seinem Teller wanden sich weitere, unversehrte Exemplare, die aus seinem Kartoffelbrei krochen und die Brokkoli umkreisten wie Tiere in einem Miniaturzoo.
    Gems Übelkeit wurde beinah unkontrollierbar. Sie hielt sich den Mund zu und spürte, dass ihr ein vor Ewigkeiten gegessenes Frühstück immer noch im Magen lag. Abermals schaute sie auf ihren Teller. Sie hatte noch nichts davon gegessen, und ihre Mahlzeit wirkte tadellos. Vorsichtig hob sie mit der Gabel den Rand des Hühnchens an. Wenn sich etwas darunter befände, würde sie sich zweifellos auf den Tisch übergeben.
    Nichts.
    »Stimmt etwas nicht mit deinem Essen, Gem?« Deanna stellte die Frage mit solch kaum verhohlener Verärgerung, dass Gem wusste, die Antwort sollte besser ›nein‹ lauten.
    Sie stocherte durch den Kartoffelbrei. Die Zinken durchbohrten keine unerwünschten Lebewesen. »Nein«, gab sie zurück und schluckte mühsam, um sich davon zu überzeugen, dass sie nicht erbrechen würde. »Mit meinem Essen ist alles in Ordnung«, fügte sie hinzu, »aber ...«
    Was sollte sie sagen? Durch die Mitte des Tellers ihres Vaters verlief ein langer Sprung. Etwas Weißes, Flaumiges mit dunkler Tönung quoll über den Rand des Fleisches. In seinem Kartoffelbrei bewegte sich etwas, doch bevor sie feststellen konnte, was, schaute sie ins Gesicht ihres Vaters.
    »Dad, geht es dir gut?«
    Ihr Vater blickte auf den Teller. Sie war ziemlich sicher, dass er nicht dasselbe sah wie sie. Wahrscheinlich nahm er den Teller überhaupt nicht wahr. In der Regel war er bei solchen Anlässen, wenn alle beisammen waren, bester Laune und redselig. Etwas fiel von seinem abwärts geneigten Gesicht auf den Teller. Es war weder ein Käfer noch Schimmel.
    Er weinte. Als Gem die Hand nach ihm ausstreckte, stieß sie auf eine unsichtbare Barriere zwischen ihnen. Sie drückte nach, spürte, wie das Hindernis erst ein wenig nachgab und dann Widerstand leistete.
    Je kräftiger sie dagegendrückte, umso fester wurde es. Was immer es sein mochte, es fühlte sich an wie jemandes Arm oder Schulter. Mit einem leisen Schrei zog sie die Hand zurück.
    »Was ist jetzt wieder?«, fragte ihre Mutter seufzend.
    Was stimmte nicht mit ihrer Familie? Waren sie immer so ... teilnahmslos? Vermutlich schon. Ihr Vater schniefte und vergoss eine weitere Träne auf seinen ekligen Teller.
    »Dad«, sprach sie ihn erneut an, »was ist denn?«
    Er schüttelte nur langsam den Kopf und erwiderte nichts. Nein, dies war nicht ihr Vater. Nicht dieser pathetische, traurige Mann neben ihr. Erneut streckte sie die Finger nach ihm, und wieder stieß sie gegen die unsichtbare Schulter. Sie zog den Arm zurück.
    »Was soll das werden, du Irre?« Eliot sah sie an, während in seinem Mund eine sich windende – nein, nein, nein! Gem wandte den Blick ab, gab jedoch geradezu reflexartig zurück: »Kümmere dich um deinen Kram, du Trottel.« Sofort bedauerte sie

Weitere Kostenlose Bücher