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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Ich nehme an, Sie kennen den Park?«
    »Jede Ecke.«
    »Schön. Dann haben wir beide Heimvorteil.« Der Mann schlenderte gemächlich zurück in Richtung Rundweg.
    Wegener blieb neben ihm. »Es geht um Albert Hoffmann?«
    »Ja, natürlich. Sie sind von den Ermittlungen abgezogen worden.«
    »Sagt wer?«
    »Ihre Dienststelle, wenn man anruft und nachfragt. Aber das interessiert mich nicht sonderlich. Wissen Sie, wer Hoffmann ermordet hat, Herr Wegener?«
    »Wissen Sie es?«
    »Ja. Ich weiß es.« Der Kleine bog auf den Rundweg ab. Links, nicht zurück zum Eingang, sondern tiefer in den Park.
    »Sind Sie Alexander Bürger?«
    Der Mann lächelte. »Nehmen wir es für unser Gespräch mal an.«
    »Sind Sie es oder sind Sie es nicht?«
    »Wenn ich ja sage, glauben Sie mir nicht, wenn ich nein sage, glauben Sie mir auch nicht.«
    Wegener drehte sich um. Das Terzett war verschwunden. Die schwarzen Dinosauriersilhouetten buckelten vor dem blauen Abendhimmel. Der lange Hals des Brachiosaurus wuchs über der Herde bogenförmig in die Luft, und für einen Moment war der ganze Urzeitzoo lebendig: graste, belauerte sich, starrte herüber, sämtliche Viecher warteten nur auf einen unbeobachteten Moment, um übereinander herzufallen, sich zu zerreißen, sich aufzufressen, sich gegenseitig brüllend zu rammeln.
    »Was wollen Sie, Herr Bürger?« Wegener merkte, dass er fror.
    »Ich will wissen, ob Sie im Laufe der letzten Tage ein bestimmtes Faktum in Erfahrung gebracht haben, das mich interessiert.«
    Der Weg zog sich in einem leichten Bogen nach links, wurde löchrig und uneben. Die Wurzeln junger Birken drückten Steine aus dem Pflaster. Rechts begann das Gelände des Treptower Blitz . Der Jägerzaun, an dem sich früher die ewige Warteschlange aufgereiht hatte, war umgekippt.
    »Um was genau geht es?«
    »Nur um ein kleines Detail.«
    »Warum interessieren Sie sich für den Fall?«
    »Nun, das liegt doch auf der Hand. Wir sind Gegner dieses Staates in seiner aktuellen politischen Erscheinungsform. Albert Hoffmann war das auch.«
    »Sie werden von den Behörden gesucht«, sagte Wegener, »und bitten einen Polizisten, Ihnen Informationen zu geben. Das ist doch absurd.«
    »Dieser Staat ist absurd, Herr Wegener. Alles, was gerade passiert, sind Emanationen eines durch und durch absurden Staates.«
    Wegener blieb stehen und betrachtete den Eingang des Achterbahntunnels: eine wilde, aufgerissene Tigerschnauze. Der rot lackierte Schienenstrang krümmte sich als konkave Endloszunge aus dem Maul. »Warum sollte ich ausgerechnet Alexander Bürger etwas über eine geheim eingestufte Sonderermittlung der Kriminalpolizei erzählen?«
    »Auch das liegt auf der Hand. Weil Sie dafür den Namen von Hoffmanns Mörder bekommen.«
    »Nur den Namen, nicht den Mörder.«
    »Ich werde weder drohen noch bitten. Lassen Sie sich auf einen Handel ein oder lassen Sie es bleiben. Ihre Entscheidung.«
    »Vielleicht kann ich Ihnen ja gar keine Informationen zu diesem interessanten Faktum geben. Dann habe ich nichts zum Handeln.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen.« Bürger klopfte Wegener freundschaftlich auf die Schulter. »Egal, wie Ihre Antwort auf meine Frage ausfällt, sie ist in jedem Fall ein wertvoller Hinweis für mich. Vorausgesetzt, Sie sind ehrlich.«
    Wegener konnte die Achterbahn hören. Das immergleiche Kinderkreischen. Das metallische Quietschen. Die hochgeworfenen Arme. Die fliegenden Haare der Mädchen in seinem Gesicht. Der kitzelnde Duft. Sein sofort steifer Pimmel. Die Furcht, dass jemand diese Pimmelbeule sah. Das Tigermaul, auf der anderen Seite nicht angemalt, nur verschraubte Platten, die lustvoll-bedrohliche Illusion der Vorderansicht plötzlich zerstört, der schnöde Hintergrund, der immer enttäuschte und den man trotzdem um jeden Preis sehen wollte, die Mutter am Jägerzaun, geduldig, gebeugt, gefaltete Hände, der auf und ab laufende Kameravater, jedes Jahr die gleichen Bilder. Nur das Kind wurde älter und älter und älter.
    »Wenn Sie bereit sind, mir den Namen von Hoffmanns Mörder einfach so zu nennen«, sagte Wegener, »im Austausch für eine vielleicht vorhandene Information, dann gehe ich mal davon aus, dass dieser Name ohnehin in Kürze publik wird. Sonst wäre er erheblich teurer.«
    Bürger lächelte. »Mir wurde schon gesagt, dass man Sie leicht unterschätzt.«
    »Ich unterschätze mich sogar manchmal selbst.«
    »Kenne ich. Das geht guten Leuten immer so.«
    »Interessant, dass sich jemand zu den Guten zählt, der

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