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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Meteorologie hat es hier rund drei Wochen nicht richtig geregnet. Gibt zwar Bruchteile von Abdrücken, aber da war sie wieder, die sozialistische Einheitsbereifung. Auf den ersten Blick alles Sommer oder M&S. Dann ist auch noch der Förster drübergebrezelt. Kannst du vergessen.«
    »Also haben wir nur ein paar Tropfen Öl.«
    »Wir haben nichts. Phobos-Motoröl, das geschätzt sechs Millionen Mitbürger in ihre Karren füllen, ist nicht sonderlich prall.«
    »Vielleicht ist es ja gar kein Phobos-Öl.«
    »Martin, mach dir nichts vor. Du weißt so gut wie ich, was bei der Analyse rauskommt.«
    »Ulf, du bist und bleibst eine Unke.«
    Lienecke zuckte mit den Schultern. »Die Jungs haben halt aufgepasst. Und Wälder sind dankbare Tatorte. Wir gucken das Laub noch mal durch, ich würd da nur keine allzu großen Hoffnungen investieren. Entweder Jocicz kratzt ein bisschen DNA zusammen, oder du kannst für ein Geständnis beten.«
    »Beten ist was für Leute, die jemand anderem die Schuld geben, wenn sie selbst versagen.« Wegener sah Lienecke in die Augen. »Jetzt mal ehrlich, was hältst du von der ganzen Sauerei? Keine verwertbaren Spuren. Und dann dieser Blödsinn mit den Schnürsenkeln und dem Strick.«
    Lienecke faltete seine Skizze zusammen. »Schwer zu sagen. Das ist nicht mein erster Mord mit dürftiger Spurenlage.«
    »Aber es ist dein erster Mord mit Geheimdienstsymbolik.«
    »Ich find diese Altkader-Theorie gar nicht so dumm. Das klingt zwar erst mal weit hergeholt, aber ein Mord ist immer das Ergebnis von zu viel oder zu wenig Emotion. Und als Krenz 1990 mit seiner Wiederbelebung anfing und Schily rüberholte, hat das die Stasi nun mal gespalten, das ist eine Tatsache. Die Mielke-Generation musste er rauswerfen, um an die Demokratiedevisen zu kommen. Dafür hatten ein paar junge Wendehälse plötzlich ungeahnte Karrierechancen bei der Sicherheit.«
    »Es verlieren jeden Tag Hunderte ihre Jobs, ohne deshalb jemanden zu strangulieren.«
    Lienecke präsentierte ein bedauerndes Lächeln. »Aber nicht bei der Stasi, Martin. Das war die Elite, die hatten ein Abo auf Privilegien und Pfründe. Bei denen stand im Arbeitsvertrag, dass sie ihr Leben lang nicht auf die Fresse fallen würden. Und plötzlich kommt Achtung Krenz und setzt sie alle vor die Tür. Irgendwelche Opportunisten rücken nach, kassieren fett ab, obwohl sie nie was geleistet haben. Und die Mächtigen von gestern sind unehrenhafte Lötzsch-2-Empfänger.«
    Wegener nickte. »Gut. Verstehe ich. Vielleicht haben sich die Ratten in den Wirren von 1990 gegenseitig totgebissen. Vielleicht haben sie sich dabei die Schürsenkel zusammengeknotet. Vielleicht gehört das aber auch nur zu den Wiederbelebungs-Verschwörungstheorien. Auf jeden Fall ist Hoffmann viel zu alt, um damals ein junger Quereinsteiger gewesen zu sein, der sich von Krenz und Schily ins gemachte Nest setzen ließ.«
    Wegener drückte Lienecke den umwickelten Musikspieler in die Hand. »Was ist das für ein Weib in deinen Kopfhörern?«
    »Lass die Weiber, frag lieber nach der Technik. Robotron Musikus M VI, 12 0 Gigabyte Speicherplatz. Das erste Kontingent ist schon ausverkauft. Was machen wir jetzt mit der Tatortsicherung? Aufheben?«
    Wegener betrachtete das weiße Plastikband, das sich von Baumstamm zu Baumstamm in den Wald zog. »Welchen Radius haben wir im äußeren Ring?«
    »80 0 Meter.«
    »Und wann will das Ministerium die Freigabe?«
    »So schnell wie möglich. Der Staatssekretär macht Druck, weil der Tatort mitten im Sperrgebiet liegt. Ich schätze, zwei Tage können wir noch rausschinden, ohne dass es richtig kracht. Andererseits wollt ihr die Ministeriumsleute ja auch vernehmen.«
    »Und du meinst, die sind kooperativer, wenn wir ihnen vorher ihren geliebten Wald zurückgeben.«
    »Du entscheidest. Wir waren überall. Aus dem inneren Ring haben wir 7 8 Säcke Laub mitgenommen. Heute Morgen wurden noch mal dreizehn Leute durchgeschickt. Finden tun wir hier nichts mehr, das verspreche ich dir.«
    Wegener klickte sein Minsk an. »Halb drei. Gegen fünf kommt Richard Brendel. Lass uns den äußeren Radius noch einmal ablaufen, pro forma. Dann hab ich ein besseres Gefühl.«
    »Ich werde gerne fürs Spazierengehen bezahlt«, sagte Lienecke, drehte sich um und stiefelte los.
    Wegener zurrte seinen Schal fest, knotete die Enden zusammen und holte die schwarzen Handschuhe aus den Manteltaschen, eins der Karolina-Geschenke, die nur deshalb nie kaputtgingen, damit sie ihn permanent an das

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