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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Hacksteak bestellen, sagte die Früchtlstimme, mit drei Spiegeleiern und Pommes-Mayo, und alles in mich hineinschlingen. Natürlich würde ich zu Misstrauen raten. Und natürlich haben sie dich mit diesem Job gefickt, Martin, wer will schon in eine Sonderermittlung reingezogen werden, bei der man Riesenärger bekommt, wenn man was herausfindet, und Riesenärger bekommt, wenn man nichts herausfindet. Aber denk dran, es kann auch schön sein, gefickt zu werden, selbst wenn es dein eigener Staat ist, der dich gegen deinen Willen bedient, denn alles, was dir im Leben widerfährt, ist gleichermaßen Nachteil und Vorteil, auch bei Vergewaltigungen kommt es nur darauf an, sie genießen zu können. Immerhin hat man mal wieder Sex. Und Ruhe gibst du doch eh keine, sagte Früchtl, hast immer nur so getan, als wärst du drüber weg, über mich, über uns, über die ganze Scheiße, dann sei wenigstens ehrlich und nutz diese Angelegenheit, finde heraus, was du schon immer wissen wolltest, näher warst du noch nie an der Wahrheit, und wer weiß, vielleicht führt dich das alles am Ende zu mir.
    Nichts führt zu dir, sagte Wegener, wenn man dich sucht, rennt man vor gläserne Wände, beißt auf Granit, kollidiert mit Mauern aus verhärtetem Schweigen, ich weiß nicht, was sie mit dir angestellt haben, aber eins muss man ihnen lassen, sie haben es gründlich getan. Diktaturen machen müde, Josef, wahrscheinlich macht nichts so müde wie Diktaturen, ehrlich, man verliert auch die letzte Lust, überhaupt noch aufzustehen. Man will nur noch liegen bleiben. Denn wer liegt, Josef, kann nicht mehr umgeworfen werden.
    Wegener hatte nicht das Gefühl, dass Früchtl ihm zuhörte.
    Sein Minsk klingelte. Er wälzte sich auf den Rücken, die Manteltasche war leer. Der Ton kam aus dem Laubteppich. Er tastete nach dem Gebimmel, hatte erst einen Stein in der Hand und dann das Telefon: Karolina Büro ruft an.
    »Am Apparat.« Wegener ließ sich ins Laub zurücksinken.
    »Ich bin gerade zu Braun zitiert worden.«
    »Das kommt davon, wenn du über seinen Gedichten einschläfst.«
    »Zu Dr . Hans-Jörg Braun. Meinem Referatsleiter.«
    »Ich nehme a n …«
    »Man hat mich über unser Verhältnis ausgequetscht, Martin!«
    »Du hast ein Verhältnis mit deinem Referatsleiter?«
    »Über unser Verhältnis, ach, du bist ei n …«
    »Wir haben wieder ein Verhältnis! Na endlich!«
    » … ein dämlicher Saftarsch!« Karolina musste lachen.
    »Keine Ahnung, was ein Saftarsch sein soll.«
    »Dann guck in den Spiegel.«
    Ihr hört zu, dachte Wegener. Steinkühler vor seiner Monitor-Wand. Laubgelb lächelnd. Ein Headset auf dem Kopf. Die Finger wandern über eine Nanotchev-Tastatur. Das Stimmkurven-Gebirge wächst und fällt als digitales Diagramm. Live-Mitschnitt.
    »Warum ich Besuch von der Polizei bekomme, warum das ein Besuch mit Dienstausweis ist. Ich hab ihm gesagt, du hättest dir einen Spaß gemacht, die spinnen alle bei uns wegen der Konsultationen un d …«
    »Nicht am Telefon.«
    »Was?«
    »Nicht am Telefon.«
    »Wieso nicht am Telefon? Wo bist du eigentlich?«
    »Ich liege am Müggelsee im Wald. Solltest du auch mal machen, entspannt.«
    »Du verarschst mich.«
    »Ich meld mich bei dir, ok?«
    »Ok. Und wenn du hier das nächste Mal aufkreuzt, lass den Dienstausweis stecken.«
    »Sonst?«
    Es piepste. Aufgelegt.
    Wegener atmete aus. Oben krochen helle Wolken über eine graue Fläche, davor hing schwarzes Astgitter. Der Modergeruch war schwächer geworden. Jetzt kam Pilzduft hinzu. Stinkmorchel. Dann leuchtete das Minsk-Display, Karolina Enders hat Ihnen eine TNT geschickt: Sonst lass ich dir das Gas abstellen. K.
    Wegener klickte auf Antwort-Auswahl: Ich kontaktiere Sie, sobald ich aus dem Urlaub zurück bin und dann auf Senden .
    Lieneckes Gesicht erschien am Himmel.
    »Keine Kondition, Herr Hauptmann?«
    Wegener streckte die Hand aus. »Woher denn, als Single?«
    »Daran bist du selbst schuld«, sagte Lienecke, »also keine Beschwerden. Die Staatsführung vertraut dir die Zukunft des Heiligen Landes an, aber der Herr kippt gleich um.«
    Wegener ließ sich hochziehen und klopfte den halben Wald von seinem Mantel. Lienecke setzte sich wieder in Bewegung. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass du mit Steinkühler gesprochen hast. Oder wenigstens mit einem seiner Doppelgänger.«
    »Wenn keiner weiß, wie du aussiehst, brauchst du keine Doppelgänger.«
    »Wieder was gespart.«
    »Noch weit?«
    »Die Hälfte haben wir.«
    Fünfzehn Minuten

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