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Planet am Scheideweg

Planet am Scheideweg

Titel: Planet am Scheideweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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haben. Aber Sie wollten es uns doch erklären, nicht wahr?«
    Martinon unterdrückte einen saftigen Fluch und erwiderte mit begrenzter Höflichkeit:
    »Selbstverständlich. Aber was man genau weiß, weiß man.«
    Er blies den Rauch aus und betrachtete den Altiplano, die Heimat von brütenden Vögeln, den Madeo, von Insekten in zwölf Variationen über eine Form und von den Tarka, die jetzt kurz nach oder während der Paarungszeit standen. Alles sah düster und abweisend aus. Außer dem Geräusch eines leichten Windes, der durch die kümmerlichen Gräser fuhr und die Blätter der endlosen Grünflächen bewegte, war nichts zu hören. Plötzlich ein Schrei, weit voraus – mit rasendem Flügelschlag startete zwischen zurückschnellenden Zweigen ein Madeo und schrie laut und erbärmlich.
    Geschickt lenkte Martinon den Wagen über Steine und Luftwurzeln, Schotterstreifen und die kaum erkennbaren Schnürpfade der luchsähnlichen Tarka. Sein Ziel stand fest; es war eine kleine, baumbestandene und von Felstrümmern übersäte Kuppe in viertausend Metern Entfernung. Der Wagen schlingerte, sprang und federte schwer durch. Die drei Insassen mußten sich festhalten.
    »Hier läuft mindestens seit Jahrhunderttausenden ein bemerkenswerter Kreislauf des Lebens ab«, sagte Martinon und dachte an die Summe, die jede Jagd einbrachte. Er mochte keine Touristen. Sie waren und blieben Eindringlinge.
    »Ich höre!« sagte der Jüngere.
    »Kein Wunder, wenn ich spreche«, fuhr Martinon fort. »Die Insekten fressen einander auf, als Nachspeise zu ihren Pflanzenstücken. Die Madeo fressen die Insekten und, wenn sie in Ufernähe nisten und leben, dann tauchen sie auch nach Fischen. Und die Tarka fressen leidenschaftlich gern die Madeo, geben sich in schlechten Zeiten aber auch mit großen Insekten zufrieden oder fressen sogar Aas von ihren Artgenossen oder von den Madeo. Und die Insekten ihrerseits laben sich am Aas, und die größte Form saugt sogar die Eier der Madeo aus. Das alles passiert hier ununterbrochen. Die Natur ist hier recht sparsam, die Evolution sehr zurückhaltend gewesen.«
    »Wie lange leben Sie schon hier?« fragte der ältere Jäger und suchte die Umgebung nach Lebensspuren ab.
    »Ich bin hier geboren wie die vergangenen zehn Generationen!« versicherte ihm Martinon. »Alle sechstausend Menschen, die hier leben, sind hier geboren. Sie sorgen für ihr Wohlbefinden, indem sie den Planeten ausplündern.«
    Er fuhr weiter und schwieg immer dann, wenn die Anforderungen der Manöver zu schwierig wurden. Schließlich näherten sie sich dem Fuß des runden Hügels.
    »Und wie ist es mit den Tarka?« erinnerte ihn der Mann, der rechts hinter ihm saß.
    »Viermal im Jahr paaren sich die Tarka. Es sind rostrote Tiere, die wie eine Mischung aus Luchs und Wildkatze und Otter aussehen. Sie haben auf dem Rücken einen breiten weißen Streifen. Während und nach der Paarung legen beide Gruppen ein Imponierkleid an – die Männchen bekommen ein leuchtend rotes Fell mit weißem Streifen, die Weibchen werden pechschwarz und entwickeln vorübergehend einen gelben Streifen. Außerdem wachsen die verkümmerten Flughäute der Weibchen, was die Männchen bei ihren Paarungsversuchen nicht freut, denn die Damen sind schnell und hurtig und verweigern sich lange.«
    Zu Martinons Erstaunen sagte der grauhaarige Jäger mit der teuren Büchse, die deutliche Spuren häufiger Benutzung zeigte:
    »Das las ich, ist auch bei anderen Individuen so.«
    »Möglicherweise auf Dshina!« gab Martinon zurück. »Lassen Sie mich wiederholen, was Sie gelesen haben sollten:
    Dieses Verfahren scheint beide Parteien, die schwebenden Weibchen und die mit langer Zunge hastenden Männchen, gleichermaßen zu ärgern. Nicht nur zu ärgern, sondern in eine geradezu rasende Wut zu versetzen. Sie greifen alles und jeden an. Alles, was sich bewegt. Die Artgenossen, die Madeo, uns Jäger, große Insekten und sogar Schatten von sich bewegenden Gegenständen. Sogar die Schürfroboter sind schon angegriffen worden, was sie begreiflicherweise sehr wenig störte. Und gerade in der Paarungszeit sind die Felle sehr schön, farbenfroh und von nie sonst erreichter Qualität.«
    »Und deswegen sind wir hier!« sagte der Ältere.
    »Richtig. Nun, folgendes: Versuchen Sie, Männchen und Weibchen im Verhältnis drei zu zwei zu schießen. Sie vermehren sich sehr schnell; offensichtlich haben die Madeo viele Junge. Denn in diesem ökologischen Gleichgewicht hängt ja alles voneinander ab. An

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