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Planet am Scheideweg

Planet am Scheideweg

Titel: Planet am Scheideweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Möglichst leise bleiben!«
    Sie säuberten den Platz, verstauten ihre wenigen Habseligkeiten im Iglu und waren nach insgesamt gut einer halben Stunde fertig. Martinon setzte den Kaffeekocher in Tätigkeit, machte einen schnellen Rundgang und vergewisserte sich, daß nichts vergessen worden war.
    Schließlich rief er leise:
    »In Ordnung! Wir haben es geschafft!«
    Als sie um den dampfenden Kocher saßen und die schweren Becher in den Händen hielten, war der Nebel gewichen. Die Landschaft wurde von einem Hagel Lichtstrahlen überschüttet. Schlagartig begann es heiß zu werden. Plötzlich stieß Martinon den alten Jäger an und deutete nach links.
    »Keine hastigen Bewegungen. Sehen Sie, dort ... Ab jetzt nehmen sie von uns Notiz, die lieben Kleinen!«
    Hoch über ihnen zog ein Pulk Madeo in geordneter Doppel-Keilformation durch den blauen Himmel. Auf dem Rand eines Felsstücks erschien ein dreieckiger Katzenkopf mit den charakteristischen Haarbüscheln an den spitzen Ohren.
    »Ein Weibchen!«
    Das Tier starrte sie aus geröteten Augen an. Dann spreizten sich die zentimeterlangen Krallen und zogen Spuren in den Stein. Neben dem Weibchen, das lang aufschrie, erschienen rechts und links drei oder vier Männchen, die sich gegenseitig attackierten und dann auf das Weibchen losgingen. Das Tier schrie abermals auf, schnellte sich in einem mächtigen Satz von dem Felsen und spreizte die Flughäute. Es segelte über das Netz des Lagers hinweg und starrte die drei Männer aus bösen Augen an.

 
4.
     
    Bisher hatten sich die beiden Jäger als umsichtig und reaktionsschnell gezeigt; der jüngere schien übereifrig zu sein und etwas zu nervös. Jetzt war es gegen Mittag. Sie gingen hintereinander einen der vielen Tierpfade entlang und bewegten sich vom Fuß des Hügels aus nach Osten. Ringsherum schrien die Tiere; selten sah man eines.
    »Offensichtlich ist es mit den Angriffen doch nicht so wild!« sagte der ältere Jäger. Er hieß Grager und hielt seine Büchse vorschriftsmäßig in beiden Armen. Er folgte in einem Abstand von vier Metern dem Anführer der kleinen Gruppe. Martinon wandte den Kopf und sagte scharf:
    »Keine voreiligen Schlüsse! Sie werden angreifen! Es kommt darauf an, wie nahe wir sind, und etliche Kleinigkeiten mehr.«
    Fluchtdistanz und Reviergrenzen galten in den Tagen der Paarung nichts mehr. Hinter Grager bemühte sich Rasst, der jüngere Mann, durch das niedrige Gestrüpp zu kommen.
    »Achtung! Voraus!« sagte er.
    Ein Madeo flatterte auf. Er schwang sich schräg in die Luft und schrie. An seiner Schwinge war eine große, blutende Wunde. Hinter ihm schnellte sich ein Weibchen in die Luft und ging in einen kurzen Schwebeflug über.
    »Ihr Schuß, Grager!« sagte Martinon und sprang zur Seite.
    Grager riß die Büchse hoch, ging mit dem Lauf mit und verfolgte den Flug des Weibchens. Die Distanz betrug etwa fünfundzwanzig Meter. Als sich die Flugbahn wieder senkte, krachte der Schuß. Das Tier wurde in der Luft herumgerissen, zog die Läufe an und fiel fast senkrecht zu Boden. Der Schütze nickte zufrieden und wandte sich nicht um, als Rasst sagte:
    »Feiner Treff er, Grager!«
    »Danke. Was jetzt, Martinon? Einfach hingehen und die Beute holen?«
    »Niemals allein, meine Freunde!« sagte der Siedler. »Dabei sind schon viele gute Jäger zerfetzt worden.«
    »Ich habe verstanden.«
    Der Vogel ging jetzt in einen Kreis über und schwebte rund um die Jäger. Das kichernde Gellen der Männchen, die sich zwischen den Büschen verbargen und herumhetzten, war die schauerliche Begleitmusik zu den leisen Schritten der Jäger. Sie verwendeten Geschosse, die sich verformten und das Tier auf der Stelle töteten.
    Die Sonne stach auf die Köpfe der Männer, und Insekten schwirrten um sie herum. Die pausenlosen Schreie, das Summen in einem Dutzend verschieden hoher Töne, die Bewegungen der Zweige und Blätter, waren die Kulisse. Langsam spürten alle drei Männer, wie die Aufregung und die Gefahr dieser merkwürdigen Jagd wuchsen. Selbst Martinon erlag dieser Faszination, die aufregte und gleichermaßen einschläferte. Gerade letzteres war ein gefährlicher Aspekt dieser Stunden.
    »Dort vorn muß das Tier liegen!« flüsterte Grager und hielt den Lauf der Büchse nach unten. Er blickte sich wachsam um.
    »Vorsicht jetzt!« warnte Martinon.
    Sie drangen in das niedrige Gebüsch ein. Eine Wolke winziger Insekten löste sich von einem zerfetzten Madeokadaver und schwirrte in die Höhe. Ihr Brummen klang zornig.

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