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Planet am Scheideweg

Planet am Scheideweg

Titel: Planet am Scheideweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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einem Tag niemals mehr als insgesamt sieben Exemplare. Ich selbst jage nicht; jeder von uns hat genügend Pelzkleidung.«
    Er dachte an den automatisierten Kürschnereibetrieb, der Mäntel, Jacken und Decken aus den schönsten Fellen herstellte und exportierte.
    Der ältere Mann in der gebrauchten Jagdkleidung schien ein vernünftiger Mensch zu sein. Er schien zu wissen, daß sich jeder gute Jäger in seinem Revier hervorragend zurechtfand, alles wußte und jeden Fremden, auch wenn er noch so große Erfahrung besaß, jederzeit belehren konnte.
    »Gibt es noch andere Vorschriften, die nicht in diesem Büchlein stehen?« fragte der Ältere.
    »Nicht mehr viele. Jeder von uns deckt jeden. Machen Sie sich niemals Illusionen! Diese Tiere sind unberechenbar. Alles, was Sie berechnen können, ist, daß sie auf jeden Fall, immer und überall, angreifen. Wie gesagt: Wenn einer schußfertig ist, beobachtet jeder den anderen. Von Angriffen, die plötzlich von hinten kamen, sind viele Jäger überrascht worden. Die Tiere gehen sofort mit den Krallen ins Gesicht.«
    »Verstanden!« sagte der Jüngere.
    Mit ruckend durchdrehenden Rädern quälte sich das Fahrzeug über Geröll und Sand den Hang hinauf. Als die drei Männer wie auf Kommando nach links blickten, sahen sie unter sich, wie ein schwarzer, fast dreieckig aussehender Schatten durch den dünnen Bodennebel schwebte, in einem fledermausartigen Zickzackflug, einen Meter über den obersten Ästen. Das Weibchen klammerte sich an eine Baumkrone, schwang sich hin und her und äugte zu dem Rudel Männchen hinunter, das sie, für die Jäger unsichtbar, verfolgte.
    Ein kicherndes Geräusch ertönte und brach sich als Echo an den Steinen.
    »Das sind die Männchen, meine Herren!« erklärte Martinon.
    Das Weibchen, ein prächtiges Tier, etwa hundert oder mehr Meter entfernt, schaukelte mit dem einzelnen Ast hin und her, dann schnellte es sich quer über eine Sandfläche, breitete alle vier Läufe aus und segelte in leichten Kurven bis an den Rand der Fläche. Ein langgezogener, klagender Schrei war zu hören und wurde von gellenden Lauten der Männchen begleitet.
    »So schreien die Weibchen!«
    »Die Männchen schreien lauter!« meinte der jüngere Jäger.
    »Um diese Zeit meistens!« bestätigte Martinon.
    Der Wagen hielt neben einigen Felsbrocken. Sie bestanden aus schwarzem Eruptivgestein mit den halb auserodierten Einsprengseln riesiger Felstrümmer. Zwischen den einzelnen Steinen und in den Fugen wuchsen Kümmerpflanzen. Sie rochen streng aromatisch; ihr Geruch vermischte sich mit dem leichten Nebel, der das Bild verschleierte, bis er gegen Mittag aufgelöst sein würde.
    »Was folgt jetzt?«
    Martinon wendete auf dem engen Raum den Wagen, stieß mit dem Heck in eine Lücke zwischen den Steinen und schaltete sämtliche Geräte ab, ließ aber das Funkgerät eingeschaltet.
    »Aufbau unseres Lagers. Einer hält dort oben Wache!« sagte er und legte seine Büchse quer über den Kühler.
    Der ältere Mann schien sich seiner selbst und der Technik einer derartig gefährlichen Jagd sicherer zu sein. Er würde bei dem Versuch, einen angreifenden Tarka abzuwehren, keinem von ihnen in den Kopf oder in die Schulter schießen. Martinon ging einige Schritte bis zum Gepäckfach, zog es auf und sagte:
    »Bitte, gehen Sie dort auf den Felsen. Halten Sie sich möglichst unbeweglich und bringen Sie das reflektierende Metall der Waffe nicht in die Sonne. Wir beide bauen das Lager auf.«
    »Geht in Ordnung«, sagte der Jäger, suchte die Taschen nach Reservemunition ab, sicherte seine Waffe und stieg auf die Felsen. Bisher hatten sie sich auf einem Weg gehalten, der relativ häufig benutzt wurde; hier gab es weder Tarkahöhlen noch Madeonester. Aber keine dreißig Meter von ihrem Platz entfernt begann das Gebiet, in dem die Tiere die Herren und sie, die Menschen, die Eindringlinge waren.
    In kurzer Zeit entstand ein Iglu aus aufblasbaren Folien mit drei Zwischenwänden, ein großes Netz aus unzerreißbaren Fäden, das um und über das Lager mit Hilfe von Stangen gespannt und gezogen wurde, eine winzige Duschkabine, eine Art Grill und drei Hocker, die zusammengefaltet den Platz einer Patronenschachtel einnahmen. Man konnte hier nicht mit Strahlwaffen jagen, ohne Gefahr zu laufen, den halben Kontinent einzuäschern.
    Ununterbrochen beobachtete der ältere Jäger die Umgebung.
    »Fertig?« rief er nach dreißig Minuten nach unten.
    »Noch zehn Minuten!« sagte Martinon laut. »Nicht schreien.

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