Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
deutschen Freunden über Amerika diskutiere, fassen sie sich an den Kopf. Sie verstehen nicht, warum wir so sind, wie wir sind. Es stimmt auch, zugegeben: Wir sind nicht wie die Europäer.
Wir sind weniger bürgerlich, weniger dezent, weniger anständig, und noch weniger vernünftig. Wir wollen mehr, wir greifen nach mehr, wir haben dumme Ideen und lernen nicht daraus, wenn wir auf die Schnauze fallen. Was meine Freunde wirklich wissen wollen und sich nicht zu fragen trauen, ist: Warum könnt ihr nicht mehr sein wie wir?
Warum könnt ihr die Todesstrafe nicht so sehen wie wir? Warum könnt ihr nicht sachlicher und rationaler sein, wenn es um Politik geht? Warum müsst ihr euch überall einmischen? Warum nehmt ihr euch nicht ein Beispiel an uns?
Was die Europäer nicht verstehen: Das Letzte, was wir wollen, ist – so sein wie Europa. Wir sind ja gerade deswegen Amerikaner geworden, um anders sein zu dürfen. Deswegen haben wir uns unter Einsatz unseres Lebens 1776 von der Alten Welt getrennt. Wir hatten kein Problem damit, das Kind mit dem Bade auszuschütten: Nicht nur den Feudalismus haben wir durch Demokratie ersetzt – wir haben auch gleich begeistert die wohlanständige europäische Ordnung durch die Bereitschaft zu Risiko, zu radikalem Neuanfang und wilden Experimenten abgelöst. Und wir haben es nie bereut.
Europa, das muss jetzt mal gesagt werden, taugt ja nun auch nicht in jeder Hinsicht als natürliches Vorbild. Stimmt schon, unsere Wirtschaft wird immer wieder von Krisen geschüttelt, aber dann schauen wir nach Europa, sehen, wie in der Alten Welt angesichts der Griechenland-Krise heillose Verwirrung ausbricht, und denken uns: lieber kurz geschüttelt als lange rumgeeiert. Die Europäer sind – ein anderes Beispiel – wiederum sehr stolz darauf, dass sie im Gegensatz zu uns ab und zu eine nackte Brust im Fernsehen sehen können, und das nicht nur heimlich im Hotel, aber ich muss leider sagen, das macht ihre Fernsehserien auch nicht besser.
Ehrlich gesagt, was den Bruch mit Europa angeht, haben uns die Deutschen selbst eine Weile als perfektes Feindbild gedient, von dem wir uns prima abheben konnten. Im Ersten Weltkrieg blickte man auf den wohl verrückt gewordenen Kaiser Wilhelm II. und war mit einem dämonischen Bild des tyrannischen Feudalismus konfrontiert, der die Freiheit des Individuums mit Füßen tritt. Konservative Prediger sahen im Ersten Weltkrieg die Bestätigung dessen, was sie immer vorhergesagt hatten: Wer die traditionellen, »von Gott gegebenen« amerikanischen Werte über Bord wirft und die Wirren der Moderne zur Tür hereinlässt, endet in Chaos und Untergang. Sie hatten da noch keine Ahnung, dass all ihre Vorurteile gegenüber Europa im Zweiten Weltkrieg auf noch drastischere Art und Weise bestätigt werden sollten. Und selbst das war nicht alles: Die Gottlosigkeit, Unterdrückung und autokratische Tyrannei wurde unter Stalin noch weiter gesteigert. Große Teile Europas haben die Demokratie erst im 20. Jahrhundert eingeführt; selbst Frankreich schaffte es nicht, eine anständige, von funktionierender Volksherrschaft gekrönte Revolution hinzulegen (und ist trotzdem heute noch so stolz darauf, dass selbst die meisten Deutschen denken, wir Amis hätten es den Franzosen nachgemacht und nicht umgekehrt). Was hat dieser Kontinent nur mit seiner Sehnsucht nach allmächtiger Obrigkeit? Immer wenn Europa mal rumexperimentiert, endet es im Totalitarismus.
So ist es gar nicht sehr verwunderlich, wenn unsere Politiker sich gegenseitig gern aufs Butterbrot schmieren, zu »europäisch« zu sein, wie der Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, der 2011 Obama vorwarf, Amerika wohl in einen Sozialstaat europäischen Stils verwandeln zu wollen: Damit werde er »den Geist Amerikas vergiften«.
Nein, nein, wir sehen keinen Grund, den Europäern nachzueifern. Sie und das ganze restliche Pack in der UNO und in Den Haag und auf den Klimakonferenzen, das sich den ganzen Tag lang Märchen erzählt, können uns gestohlen bleiben.
So in etwa denken sehr viele Amerikaner. Muss ich zugeben.
Beispielsweise auch 2012 der Präsidentschaftskandidat Ron Paul. Seine Popularität gründete allein im Isolationismus. Er war nicht nur dafür, dass wir unsere Streitkräfte aus der arabischen Welt sowie allen anderen Orten in Übersee abziehen, er ging noch weiter: Kein Geld mehr an Israel (das machte ihn besonders in manchen Ecken populär), kein Geld an Entwicklungsländer, kein Geld an unsere so genannten
Weitere Kostenlose Bücher