Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
zweimal so viel wie 1995, und die Wartezeit für einen eigenen Gulfstream dauert heute geschlagene zwei Jahre. Das führt wiederum zu einem regen Schwarzmarkthandel um die Platzierung auf der Warteliste – ein guter Platz kann bis zu einer Million Dollar kosten. Ich gehe jede Wette ein, dass es irgendwo in Amerika eine Handvoll Millionäre gibt, die ihre Millionen allein dadurch verdienen, dass sie Plätze auf solchen Wartelisten kaufen und sie dann gewinnbringend an eiligere Interessenten weiterverscherbeln.
International Jet Interiors wiederum ist in der Lage, die Innendeko eines Jets nach den ausgefallensten Wünschen seiner Kunden zu gestalten. Für den Eigentümer einer Challenger 604 installierte man eine Toilettenbrille aus Alligatorenleder. Dass diese unheimlich gut zu den goldenen Türknöpfen passte, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.
Ein Analytiker der Citigroup, Ajay Kapur mit Namen, hat ausgerechnet, dass etwa 70 Prozent des gesamten Umsatzes für Konsumgüter in Amerika allein von den reichsten 20 Prozent der Amerikaner generiert werden. Finanzkommentator Dan Gross schätzte, dass das vermögendste Prozent der Berufstätigen in New York City etwa 153.000 Jobs im Dienstleistungssektor finanziert. »Ein Hedgefonds-Manager, der jährlich eine Million für Dienstleistungen ausgibt – für seinen Fahrer und die Bediensteten, seine Broker, Restaurants und Therapie –, sichert vermutlich ganz allein bis zu 25 Familieneinkommen«, schrieb er.
Das ist ein großer Markt. Unter die Rubrik »Nur-für-Reiche« fallen auch solche neuen Trends wie Butler-Schulen, wo masochistisch veranlagte Personen lernen, sich von Reichen herumkommandieren zu lassen, ohne dabei die Champagnerflasche explodieren zu lassen, eine Cohiba-Línea-1492-Siglo-III-Zigarre mit einer Macanudo-Crü-Royale-Zigarre zu verwechseln oder gar mit einem Küchenmesser auf den Arbeitgeber loszugehen. Sollten Sie also je eine gute Idee für ein Produkt oder eine Dienstleistung haben, die nur Reiche sich leisten können – zum Beispiel eine noch teurere Massage –, ist jetzt die Zeit zu handeln: Gehen Sie nach Amerika und werden Sie wohlhabend.
Dafür müssen Sie noch nicht mal Englisch sprechen:
Der ungelernte Mexikaner Félix Sánchez de la Vega Guzmán zum Beispiel kam 1970 nach Amerika und arbeitete in Restaurants als Küchenhilfe. Er sparte. Eines Tages bemerkte er, dass die mexikanische Gemeinde in New York immer stärker wuchs. Und er kannte ein Geheimnis der Community: Hamburger, würzige Chicken Wings, Sushi oder gute deutsche Würste waren nicht so ihr Ding. Es sei denn … sie wurden in eine leckere Tortilla eingerollt. Da nahm er seine Ersparnisse von 12.000 Dollar und kaufte sich eine Tortilla-Maschine. Tagsüber arbeitete er weiter als Aushilfe, abends verkaufte er fortan seine Tortillas von Tür zu Tür an die mexikanischen Einwanderer. Bald besaß er Tortilla-Fabriken in mehreren Städten von New York bis Los Angeles. Heute macht seine Firma einen jährlichen Umsatz von 19 Millionen Dollar.
Zhang Yulong kam 1994 aus China, sah sich in den USA kurz um und ging sofort wieder zurück, um sich Geld zu borgen und eine Firma zu gründen, die Handy-Etuis aus Leder herstellte. Diese verschiffte er dann nach Amerika, Kanada und Lateinamerika. Heute lebt er in einer Villa in Queens, fährt ein teures Auto, hat Lagerhäuser in mehreren Städten der USA und macht mit Handy-Zubehör 30 Millionen Dollar Umsatz im Jahr.
Sánchez und Zhang stehen damit nicht allein. Heute leben rund 35.500 Menschen in Amerika, die über 200.000 Dollar im Jahr verdienen und kein oder nur sehr wenig Englisch sprechen.
Wie man sieht, handelt es sich bei Amerikas neuen Reichen nicht nur um Leute wie Bill Gates, Super-Investor Warren Buffett, Oracle-Mitbegründer Lawrence Ellison oder die Erbin der Walmart-Supermarktkette Christy Walton – die vier reichsten Amerikaner. Es sind auch nicht bloß Superstars wie Brad Pitt und Lady Gaga, die geschätzte 150 Millionen bzw. 110 Millionen Dollar wert sind, oder Politiker wie George W. Bush (über 26 Millionen Dollar), Mitt Romney (bis 250 Millionen) und Barack Obama (ach, nur 1,3 Millionen schwer) oder Promi-Chirurgen, Star-Anwälte, Banker, Spekulanten und Boni-Manager.
Ed Bazinet zum Beispiel wuchs in einer Arbeiterfamilie auf und schaffte nicht mal das zweite Jahr an der Uni. Er landete in einem dieser ausweglosen Jobs, in denen so viele Menschen wie er stranden: als Aushilfe in einem Blumen- und
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