Planet der Affen
erlernt als ich die ihrige, und wie selbstverständlich duzten wir uns. Gleich zu Beginn hatte es einige Interpretationsschwierigkeiten gegeben, da die Begriffe ›Affe‹ und ›Mensch‹ bei jedem von uns andere Vorstellungen hervorriefen – doch dieses Hindernis wurde rasch beseitigt. Jedes Mal, wenn sie ›Affe‹ sagte, übersetzte ich für mich: Hochstehendes Wesen, Gipfel der Evolution. Fiel die Bezeichnung ›Mensch‹, dann wusste ich, dass sie wilde Tiere meinte, denen ein Nachahmungstrieb zu Eigen war und die einige anatomische Analogien zum Affen aufwiesen, jedoch, was die Intelligenz anbelangte, in einem Embryonalstadium verblieben waren und keinen Verstand besaßen.
»Es ist kaum ein Jahrhundert her«, trug sie in professoralem Tonfall vor, »dass wir auf dem Gebiet der Abstammungsforschung beachtliche Fortschritte erzielt haben. Früher hielt man die Arten für unveränderlich, mit ihren jetzigen Eigenschaften von einem allmächtigen Wesen erschaffen. Doch eine Reihe großer Denker – ausschließlich Schimpansen – haben uns eines Besseren belehrt. Wir wissen heute, dass die Arten sich weiterentwickeln und dass sie vermutlich alle einen gemeinsamen Ursprung haben.«
»Der Affe stammt also vom Menschen ab?«
»Manche waren dieser Ansicht, aber das stimmt nicht ganz. Affen und Menschen haben sich aus einer gemeinsamen Urform getrennt entwickelt. Erstere erhoben sich nach und nach in den Rang denkender Wesen, letztere stagnierten in ihrer Dumpfheit. Übrigens weigern sich zahlreiche Orang-Utans noch immer, diese Lehre anzuerkennen.«
»Zira, du hast gesagt, eine Reihe großer Denker, ausschließlich Schimpansen … ?« Ich berichte diese Gespräche genauso, wie sie bruchstückweise stattfanden, einschließlich der Abschweifungen, zu denen mein Wissensdurst Zira veranlasste.
»Beinahe alle großen Entdeckungen wurden von Schimpansen gemacht«, erwiderte sie stolz.
»Gibt es unter den Affen eine strenge Hierarchie?«
»Wie du wohl bemerkt hast, gibt es drei verschiedene Familien, von denen jede ihre Eigenheiten besitzt – die Schimpansen, die Gorillas und die Orang-Utans. Rassenschranken, die einmal existierten, wurden abgeschafft, daraus resultierende Streitfragen beigelegt, und zwar ebenfalls hauptsächlich auf Betreiben der Schimpansen. Heute gibt es bei uns grundsätzlich keine Rassendiskriminierung mehr.«
»Die Mehrzahl der großen Entdeckungen wurde also von Schimpansen gemacht?«, insistierte ich.
»So ist es.«
»Und die Gorillas?«
»Das sind Kraftprotze«, erklärte sie verächtlich. »Früher waren sie die Herren, und viele von ihnen haben sich noch die Lust an der Macht bewahrt. Sie organisieren und befehlen gern, sie lieben die Jagd und das Leben auf großem Fuß. Die ärmeren unter ihnen verrichten vor allem körperliche Arbeiten.«
»Wie verhält es sich dann mit den Orang-Utans?«
Zira sah mich an und lachte. »Sie verkörpern die offizielle Wissenschaft«, sagte sie. »Du hast es ja schon bemerkt und wirst es noch bei so manchen Gelegenheiten feststellen. Sie haben ein enormes Wissen. Alle gehören der Akademie an. Manche von ihnen gelten als Leuchten auf eng begrenzten Fachgebieten, die ein überdurchschnittliches Gedächtnis erfordern. Was den Rest betrifft…«
Sie winkte geringschätzig ab. Ich verfolgte das Thema nicht weiter, beabsichtigte jedoch, später darauf zurückzukommen. Auf meine Bitte hin zeichnete Zira den Stammbaum des Affen auf, wie ihn die besten Spezialisten rekonstruiert hatten. Er ähnelte im Großen und Ganzen den bei uns üblichen Darstellungen des Evolutionsprozesses. Von einem Stamm, der sich nach unten hin im Ungewissen verlor, zweigten nacheinander verschiedene Äste ab: Pflanzen, einzellige Organismen, dann Hohltiere und Stachelhäuter. Weiter oben gelangte man zu den Fischen, zu den Reptilien und schließlich zu den Säugetieren. Dann kam eine Gattung, die unseren Anthropoiden entsprach, und von da zweigte eine neue Linie ab: der Mensch. Sie war nur kurz. Der Hauptstamm hingegen stieg weiter empor zu den unterschiedlichsten Arten prähistorischer Affen mit barbarischen Namen. Schließlich endete er beim Simius sapiens, der in seinen drei Ausprägungen – Schimpanse, Gorilla, Orang-Utan – den Gipfel der Entwicklung darstellte.
»Das Gehirn des Affen«, führte Zira abschließend aus, »hat sich zu einem komplizierten Organ vervollkommnet, das Gehirn des Menschen jedoch hat keinerlei Veränderung durchgemacht.«
»Und warum hat gerade das
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