Planet der Affen
herausstellte, dass ich an der Leine geführt werden sollte. Die Gorillas zerrten mich aus dem Käfig, schlugen Nova die Tür vor der Nase zu und legten mir ein ledernes Halsband um, an dem eine starke Kette befestigt war. Zira ergriff das andere Ende dieser Kette und nahm mich sozusagen ins Schlepptau. Nova jammerte herzzerreißend, und als ich mich besorgt umwandte und ihr liebevoll zuwinkte, schien das der Schimpansin nicht recht zu sein – sie riss mich schonungslos mit sich fort. Sie fand es wohl unverständlich und empörend, dass ich mich mit dem Mädchen abgab, obwohl ich doch Geist und Verstand eines Affen besaß.
Ihre schlechte Laune verflüchtigte sich, als wir uns allein in einem leeren, finsteren Korridor befanden. »Ich nehme an«, sagte sie lachend, »dass die Menschen der Erde es nicht gewöhnt sind, von einem Affen an der Leine geführt zu werden.«
Das musste ich ihr allerdings bestätigen. Sie entschuldigte sich und erklärte, eigentlich errege es kein Ärgernis, wenn man einen Menschen auf der Straße spazieren führe, aber normalerweise binde man ihn eben an. Später, wenn ich mich ordentlich betragen würde, sei es durchaus möglich, mich frei herumlaufen zu lassen. Und dann – sie vergaß, wer ich eigentlich war, was ihr recht häufig unterlief –, gab sie mir unzählige Verhaltungsmaßregeln, die mich zutiefst demütigten. Unter anderem sagte sie: »Vor allem darfst du dich nicht unterstehen, Passanten die Zähne zu zeigen oder ein argloses Kind zu kratzen, das dich streicheln möchte. Ich möchte dir keinen Maulkorb anlegen, aber …« Sie brach ab und lachte. »Verzeihung!«, rief sie. »Ich vergesse andauernd, dass du ja Verstand besitzt wie ein Affe.«
Sie gab mir einen kleinen, freundschaftlichen Klaps, und ihre Fröhlichkeit vertrieb meinen aufsteigenden Zorn. Ich hörte sie gern lachen. Novas Unfähigkeit, ihrer Freude derart Ausdruck zu verleihen, betrübte mich immer wieder. Ich stimmte in den Heiterkeitsausbruch der Schimpansin ein. Im Halbdunkel des Flurs konnte ich ihre Gesichtszüge kaum erkennen. Sie hatte sich zum Ausgehen ein schickes Kostüm angezogen und eine Kappe aufgesetzt, die ihre Ohren verdeckte. Einen Moment lang vergaß ich, dass sie eine Äffin war, und hakte sie unter. Sie ließ es geschehen. Arm in Arm legten wir einige Schritte zurück, doch am Ende des Ganges, wo durch ein Seitenfenster Licht einfiel, machte sie sich schnell von mir los und stieß mich weg.
»Das schickt sich nicht für dich«, sagte sie, ein wenig bedrückt. »Außerdem bin ich verlobt, und …«
»Ach ja, richtig!«
Meine Bemerkung hatte wohl etwas ironisch geklungen, und ich wurde verlegen. Sie übrigens auch. Ihre Schnauze rötete sich. »Ich wollte damit sagen, niemand darf vorläufig ahnen, wer du wirklich bist. Glaub mir, das ist nur in deinem eigenen Interesse.«
Ich fügte mich und ließ mich folgsam an der Leine führen. Wir verließen das Gebäude. Der Portier des Instituts, ein dicker, uniformierter Gorilla, grüßte Zira. Mich blickte er neugierig an. Draußen auf dem Gehsteig wurde mir, nach mehr als drei Monaten der Gefangenschaft, von der ungewohnten Bewegung und der Pracht des Beteigeuze ein wenig schwindlig. Ich pumpte meine Lungen mit der warmen Luft voll, und auf einmal wurde mir bewusst, dass ich nackt war. Ich wurde rot im Gesicht. In meinem Käfig hatte ich mich daran gewöhnt – doch hier, vor den Augen der vorbeispazierenden Affen, empfand ich es als grotesk und unanständig. Zira hatte kategorisch abgelehnt, mir Kleidung zu geben. Sie behauptete, ich würde angezogen mindestens ebenso lächerlich wirken wie jene dressierten Menschen, die man auf Jahrmärkten zeigt. Zweifellos hatte sie recht. Wenn die Passanten sich nach mir umdrehten, dann nicht etwa deshalb, weil ich ein nackter Mann war, sondern ein Mensch, ein Geschöpf, das auf der Straße die gleiche Neugier hervorrief wie ein Schimpanse in einem Ort auf der Erde. Die Erwachsenen gingen lächelnd ihres Weges. Einige Affenkinder umringten mich und starrten mich hingerissen an. Zira zog mich rasch zu ihrem Wagen und ließ mich hinten einsteigen. Dann nahm sie hinter dem Steuer Platz und fuhr mich langsam durch die Straßen.
Von der Stadt – der größten Metropole in einem wichtigen Siedlungsgebiet der Affen – hatte ich bei meiner Ankunft ja so gut wie nichts gesehen. Nun musste ich mich damit abfinden, sie von Affen bevölkert zu erblicken, von Affen zu Fuß, im Auto, in den Geschäften, von
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