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Planet der Affen

Planet der Affen

Titel: Planet der Affen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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Affengehirn sich so weit entwickelt?«
    Dazu hatte zweifellos in entscheidendem Maß die Fähigkeit zu sprechen beigetragen. Aber warum sprachen die Affen, und die Menschen nicht? Darüber gingen die Ansichten der Gelehrten auseinander. Einige sahen darin das Walten einer höheren Macht, andere leiteten die geistige Überlegenheit des Affen davon ab, dass er über vier bewegliche Hände verfügte. »Höchstwahrscheinlich«, meinte Zira, »war der Mensch von Anfang an dadurch benachteiligt, dass er nur zwei Hände mit kurzen ungelenken Fingern hatte. Daher blieb er in seiner Entwicklung zurück und war unfähig, sich höheres Wissen anzueignen. Und deshalb verstand er auch nie, ein Werkzeug sinnvoll anzuwenden. Aber bitte, es kann ja sein, dass er es früher einmal unbeholfen versucht hat – man hat merkwürdige Spuren gefunden. Auch jetzt wieder befassen sich Forschungsarbeiten mit diesem Thema. Wenn du dich dafür interessierst, werde ich dich eines Tages mit Cornelius bekannt machen.«
    »Cornelius?«
    »Mein Verlobter«, sagte Zira errötend. »Ein großer, ein wirklicher Gelehrter.«
    »Ein Schimpanse?«
    »Selbstverständlich. Und ja«, gestand sie, »auch ich bin dieser Ansicht. Die Tatsache, dass wir Vierhänder sind, stellt einen der wichtigsten Faktoren unserer geistigen Entwicklung dar. Damit waren wir fähig, uns auf die Bäume zu schwingen und so alle drei Dimensionen des Raumes auszunützen. Dem Menschen dagegen, durch eine körperliche Missbildung an den Boden gefesselt, war das nie möglich. Unserer manuellen Geschicklichkeit entsprang die Lust am Konstruktiven, und auf diese Weise erlangten wir unser höheres Niveau.«
    Auf der Erde hatte man häufig genau entgegengesetzte Argumente verwandt, um die Überlegenheit des Menschen zu erklären. Nach einigem Nachdenken musste ich mir jedoch eingestehen, dass auch Ziras Standpunkt einiges für sich hatte. Gern hätte ich das Gespräch fortgesetzt, zumal ich noch eine Menge Fragen auf Lager hatte, aber wir wurden von Zoram und Zanam unterbrochen, die mit dem Abendessen kamen. Verstohlen wünschte mir Zira eine gute Nacht und ging. Ich blieb in meinem Käfig zurück, mit Nova als einziger Gesellschaft.
    Wir waren mit dem Essen fertig. Die Gorillas hatten sich entfernt und sämtliche Lichter gelöscht, bis auf eines, das vom Eingang her einen schwachen Schein ausstrahlte. Gedankenverloren blickte ich Nova an. Es stand fest, dass sie Zira nicht mochte und meine Gespräche mit der Schimpansin missbilligte. Anfangs hatte sie sie sogar zu stören versucht, indem sie im Käfig tobte und Zira mit Stroh bewarf. Ich hatte sie mit Gewalt beruhigen müssen. Anschließend tat es mir Leid, dass ich mich dazu hatte hinreißen lassen, doch sie schien es mir nicht nachzutragen.
    Die geistige Anstrengung, die es mich gekostet hatte, um mich mit den Evolutionstheorien der Affen vertraut zu machen, hatte mich erschöpft. So war ich glücklich, als Nova im Halbdunkel meine Nähe suchte. Allmählich hatten sich zwischen uns gewisse Spielregeln der Vertraulichkeit etabliert, die auf einen Kompromiss zwischen irdischem Anstand und den Gebräuchen dieser primitiven Sorormenschen hinausliefen.

3
    Ein großer Tag brach für mich an. Zira hatte sich von meinen Bitten erweichen lassen und sich bereit erklärt, mich aus dem ›Institut für höhere biologische Forschung‹ – so hieß unsere Anstalt – auf eine Stadtbesichtigung mitzunehmen. Sie hatte sich erst nach langem Zögern dazu entschlossen. Ich musste einige Zeit aufwenden, um sie von meiner Herkunft voll und ganz zu überzeugen. Solange sie bei mir war, konnte sie sich den Beweisen nicht entziehen, doch hinterher wurde sie immer wieder von Zweifeln befallen. Natürlich – an ihrer Stelle hätte mich meine Beschreibung der irdischen Menschen und vor allem der irdischen Affen auch außerordentlich schockiert. Sie gestand mir später, dass sie es lange Zeit vorgezogen habe, in mir einen Schwindler oder Scharlatan zu sehen, als mir Glauben zu schenken.
    Aber schließlich habe sie angesichts der Indizien, die ich vorbrachte, unbegrenztes Zutrauen mir gegenüber gefasst und sogar Pläne für meine Freilassung zu schmieden begonnen. Die Durchführung sei nicht leicht, erklärte sie mir an jenem Tag. Zunächst einmal wollte sie mich am frühen Nachmittag zu einem Spaziergang abholen.
    Der Gedanke, mich wieder an der frischen Luft bewegen zu können, verursachte mir Herzklopfen. Meine Begeisterung legte sich ein wenig, als sich

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