Planet der Affen
Er lag wie alle anderen ausgestreckt auf dem Boden, dicht neben einem jungen Mädchen. Ich seufzte, als ich ihn so vor mir sah. Auch mir war ja ein ähnliches Schicksal während der vergangenen Monate nicht erspart geblieben.
Ich war so niedergeschlagen, dass ich nicht sprechen konnte. Die Menschen, nun hellwach, zeigten sich kaum überrascht – sie waren gezähmt und gut abgerichtet. Sie begannen ihre gewohnten Mätzchen zu machen, in der Hoffnung auf eine Belohnung. Der Direktor warf ihnen Kuchenreste zu, und sofort entstand das gleiche Gebalge und Gekreische wie tagsüber, während die schlaueren ihre Plätze am Gitter einnahmen und die Hand ausstreckten. Das tat auch Professor Antelle. Dieses unwürdige Verhalten erregte meinen tiefsten Unwillen, der bald zu unerträglicher Qual wurde. Der Professor befand sich nur drei Schritte von mir entfernt, doch er schien mich nicht zu erkennen. Seine sonst so lebhaften Augen hatten jeglichen Glanz eingebüßt, und er blickte ebenso stumpf und leer drein wie die anderen Käfiginsassen. Schaudernd musste ich feststellen, dass auch ihn nichts anderes beseelte als die allen Gefangenen gemeinsame Gemütsregung beim Anblick eines bekleideten Menschen.
Ich bemühte mich, diesen Albtraum zu verscheuchen, und endlich gelang es mir, zu sprechen.
»Professor«, sagte ich, »ich bin es, Ulysse Merou. Wir sind gerettet. Ich bin gekommen, Sie davon in Kenntnis zu setzen …«
Bestürzt brach ich ab. Er hatte auf meine Stimme genauso reagiert wie ein Sorormensch: Er hatte den Kopf hoch gerissen und war einen Schritt zurückgewichen.
»Professor. Professor Antelle«, beschwor ich ihn, »ich bin es doch, Ulysse Merou, Ihr Reisegefährte! Ich bin frei, und in wenigen Stunden werden auch Sie es sein! Die Affen, die Sie da sehen, sind unsere Freunde. Sie wissen, wer wir sind, und erkennen uns als gleichrangig an.«
Er blieb stumm und gab kein Zeichen des Verstehens von sich. Stattdessen wich er abermals verängstigt ein Stück zurück. Ich war verzweifelt, und auch die Affen standen ratlos da. Cornelius zog die Brauen zusammen, so als dächte er über ein Problem nach. Da kam mir in den Sinn, dass der Professor, durch ihre Anwesenheit erschreckt, sein Nichtbegreifen nur vortäuschte. Also bat ich die Affen, mich mit ihm allein zu lassen, was sie auch bereitwillig taten. Als sie außer Sicht waren, ging ich um den Käfig herum zu jener Stelle, an die sich Antelle geflüchtet hatte, und richtete erneut das Wort an ihn: »Professor, ich verstehe Ihre Zurückhaltung. Ich weiß, welchem Los die Erdenmenschen auf diesem Planeten ausgesetzt sind. Aber glauben Sie mir doch – Ihre schweren Prüfungen sind zu Ende. Das sage ich Ihnen, Ihr Gefährte, Ihr Schüler, Ihr Freund, Ulysse Merou!«
Er sprang abermals zurück und beobachtete mich verstohlen. Und dann, während ich krampfhaft nach weiteren Worten suchte, um ihn aufzurütteln, öffnete er den Mund. War es mir endlich gelungen, ihn zu überzeugen? Ich blickte ihn in atemloser Spannung an. Doch seine Gefühle äußerten sich auf eine Weise, dass ich vor Schreck erstarrte. Wie gesagt, er hatte den Mund geöffnet, aber nicht wie jemand, der zum Sprechen ansetzt. Ein kehliger Laut entrang sich ihm, ähnlich jenen Schreien, die ich so oft von den Sorormenschen gehört hatte, und mir gefror vor Grauen das Blut in den Adern. Vor mir stand Professor Antelle und stieß, ohne die Lippen zu bewegen, ein lang gezogenes Geheul aus.
DRITTER TEIL
1
Ich erwachte früh nach unruhigem Schlaf, warf mich einige Male im Bett herum und rieb mir schlaftrunken die Augen. Noch hatte ich mich nicht ganz an das zivilisierte Leben gewöhnt, das ich seit einem Monat führte, und vermisste das Rascheln des Strohs am Morgen und Novas Körperwärme.
Endlich bekam ich meine Sinne unter Kontrolle. Ich bewohnte eines der komfortabelsten Appartements im Institut. Die Affen hatten sich äußerst großzügig gezeigt: Ich hatte ein Bett, ein Badezimmer, Kleidung, Bücher, sogar einen Fernseher. Ich las alle Zeitungen. Ich war frei, konnte ausgehen, durch die Straßen spazieren, jede beliebige Veranstaltung besuchen. Mein Erscheinen an einem öffentlichen Ort erregte zwar immer noch erhebliches Aufsehen, doch die Hysterie der ersten Tage begann sich zu legen.
Nun war Cornelius der Chef des Instituts. Zaius war ›gegangen worden‹ – man hatte ihm einen anderen Posten zugewiesen und einen weiteren Orden verliehen –, und Ziras Verlobter hatte die begehrte Position
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