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Planet der Affen

Planet der Affen

Titel: Planet der Affen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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Verhör zu unterziehen wünschen, wird es mir ein Vergnügen sein, sämtliche Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. Doch zuvor möchte ich Ihnen eine für Sie vielleicht bestürzende Wahrheit offenbaren: Nicht genug damit, dass ich ein denkendes Wesen bin und eine Seele in diesem menschlichen Körper wohnt, ich komme auch von einem weit entfernten Planeten, von der Erde, wo aufgrund einer unerklärlichen Laune der Natur Weisheit und Vernunft den Menschen vorbehalten sind. Ich bitte um die Erlaubnis, den Ort meiner Herkunft genauer bezeichnen zu dürfen. Selbstverständlich nicht für die hier versammelten Gelehrten, sondern für diejenigen unter den Zuhörern, die mit den Sternensystemen vielleicht nicht so vertraut sind.«
    Ich trat an eine schwarze Tafel und zeichnete eine schematische Darstellung des Sonnensystems unter Berücksichtigung seiner Position in der Milchstraße. Man hörte meinen Erläuterungen andächtig schweigend zu, doch als ich nach Fertigstellung der Skizze mehrmals die Hände gegeneinander schlug, um den Kreidestaub zu entfernen, löste diese Geste laute Begeisterung auf den Rängen aus. Ich wandte mich wieder dem Publikum zu: »Auf dieser Erde also ist der Mensch mit Vernunft und Geist gesegnet. So ist es nun einmal, und ich kann nichts dafür. Während die Affen – es ist mir unangenehm, das sagen zu müssen, nun da ich Ihre Welt kennen gelernt habe –, während die Affen im Zustand der Primitivität verharrten, haben die Menschen sich weiterentwickelt. Es war der Mensch, der die Sprache erfunden, das Feuer entdeckt und den Gebrauch von Werkzeugen erlernt hat. Es war der Mensch, der meinen Planeten kultiviert und sein Antlitz verändert, der eine Zivilisation errichtet hat, so hoch entwickelt, dass sie in mancherlei Hinsicht an die eure erinnert.«
    An dieser Stelle beschrieb ich einige unserer bemerkenswertesten Errungenschaften – unsere Städte, unsere Industrie, unsere Verkehrsmittel, unsere Regierungsformen, unsere Gesetze, unsere Freizeitgestaltung. Dann gab ich, vornehmlich an die Gelehrten gewandt, einen Überblick über den Stand unserer Künste und Wissenschaften. Je länger ich sprach, desto fester wurde meine Stimme, und ich geriet in einen rauschähnlichen Zustand – wie jemand, der seine Schätze ausbreitet.
    Anschließend erläuterte ich, wie ich zum Beteigeuze und auf den Planeten Soror gelangt war, wie man mich eingefangen und in den Käfig gesperrt hatte, wie ich versucht hatte, mich mit Zaius zu verständigen und – wohl infolge eigener Unzulänglichkeit – dabei gescheitert war. Dann erwähnte ich noch Ziras Verständnis, ihre unschätzbare Hilfe und die des Doktor Cornelius. Ich schloss folgendermaßen: »Das war es, was ich euch zu sagen hatte, geschätzte Affen. Nun liegt es an euch, zu entscheiden, ob ich nach so ungewöhnlichen Abenteuern wie ein Tier behandelt werden und meine Tage in einem Käfig beschließen soll. Ich kann nur noch hinzufügen, dass ich ohne jede Feindseligkeit und allein vom Forschergeist geleitet, zu euch gekommen bin. Seit ich euch kennen gelernt habe, empfinde ich Sympathie und Bewunderung für euch. Hört also den Vorschlag, den ich den großen Geistern dieses Planeten unterbreite. Ich kann euch mit meinen irdischen Kenntnissen bestimmt nützlich sein. Zudem habe ich während der Monate im Käfig hier bei euch mehr gelernt als in meinen ganzen vorherigen Leben. Vereinen wir unsere Kräfte! Treten wir mit der Erde in Verbindung! Marschieren wir Hand in Hand, Affen und Menschen, und keine Macht, kein Geheimnis des Kosmos kann sich uns entgegenstellen!« Ich schwieg erschöpft. Totenstille umgab mich. Automatisch drehte ich mich zum Tisch des Präsidenten um, ergriff das dort stehende Glas Wasser und leerte es auf einen Zug. Ebenso wie zuvor das Abklopfen der Hände machte auch diese Geste einen ungeheuren Eindruck und entfesselte einen Beifallssturm. Ich wusste, dass ich die Zuhörer für mich gewonnen hatte, doch hätte es nie für möglich gehalten, dass eine wissenschaftliche Tagung in einem derartigen Spektakel ausarten könnte. Ich konnte mir die Lautstärke zunächst nicht erklären, dann aber erkannte ich, benommen wie ich war, woran das lag: Die Affen, von Natur aus temperamentvoll, applaudierten mit allen vier Händen. Rings um mich tobte ein Heer besessener Wesen, die, auf ihren Hinterteilen balancierend, alle vier Extremitäten frenetisch gegeneinander schlugen, sodass man glaubte, die Kuppel müsse einstürzen.

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