Planet der Verräter
unmöglich, die Zukunft vorauszusehen. Die Macht schwieg und umgab sie alle wie ein lang angehaltener Atemzug.
Einundfünfzig
Jabitha schritt über das öde Feld und stieg über Bänder aus einstmals geschmolzenen Felsen hinweg. Ihr Atem ging stoßweise und hastig. Die Luft war zu dünn für sie. Sie war die reiche, gesättigte Atmosphäre der Täler des Nordens gewohnt, nicht an die trostlose, tote Luft über dem Berg ihres Vaters. »Der Palast müsste dort drüben sein«, sagte sie. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Anakins Blick verschwamm für einen Moment und er wendete eine einfache Jedi-Technik an, um Blutdruck und Stoffwechsel zu regulieren und auch mit weniger Sauerstoff leistungsfähig und klar im Kopf zu bleiben.
Ke Daiv stand mit erhobener Lanze ein paar Schritte hinter ihnen. Anakin maß die Entfernungen ab und schätzte die Zeit. Der Blutcarver befand sich näher bei Jabitha. Er würde sie ohne weiteres töten können, ehe Anakin ihn erreichte. Und was konnte Anakin ihm überhaupt antun?
Sammle deinen Zorn. Sammle deine Enttäuschung. Wandle sie um und zehre von ihrer Energie.
Anakin nickte kaum merklich. Jabitha drehte sich um. »Es ist fast nichts mehr übrig«, sagte sie. Dann wiederholte sie: »Wo ist mein Vater? Wo sind all die anderen, die hier gearbeitet haben?«
»Sie sind alle tot«, meinte Ke Daiv. »Unsere einzige Sorge ist der Treibstoff.«
»Es gab Treibstoffreserven in der Nähe des Palastes«, sagte Jabitha mit einem seltsam trotzigen Unterton. »Wenn wir den Palast nicht finden können, finden wir auch keinen Treibstoff!«
Anakin entdeckte in einer Entfernung von ungefähr hundert Metern eine Mauerecke, die aus einem Haufen Felsschutt ragte, und wandte sich Ke Daiv zu. »Vielleicht da drüben«, sagte er.
Jabitha stand am Rande eines Zusammenbruchs, während die dünne Luft dem Blutcarver überhaupt nichts auszumachen schien. Und Anakin fragte sich, warum ihnen dieser Mangel an Sauerstoff nicht aufgefallen war, als man sie zum ersten Mal hierher gebracht hatte. Der Palast war bestimmt schon in demselben Zustand gewesen. Irgendetwas hatte sie auf verblüffendere Weise getäuscht.
Das Mädchen strauchelte, dann drehte sie sich benommen um und schritt so schnell sie konnte auf die Ruine zu. Anakin und Ke Daiv folgten ihr. Anakin sorgte dafür, dass er in der Nähe des Blutcarvers blieb. Er folgte den Bewegungen der Lanze, dem gelben und roten Glitzern der Spitze im letzten Licht des Sonnenuntergangs. Der Berggipfel, der sonst schwarz und ziegelrot war, glühte jetzt vor dem Hintergrund der geheimnisvollen Hieroglyphen der Luftminen, die unablässig gierig den Himmel absuchten, in einem geisterhaften Orange. Jenseits dieser Gewalt verheißenden Kalligrafie stieg das Feuerrad der fernen Begleitsterne in den Himmel und hob sich purpurn von all dem Orange und Rot und Gold ab.
Anakin sah sich über die Schulter hinweg nach ihrem Schiff um. Wir haben ihm noch nicht mal einen Namen gegeben, dachte er. Wie würde Obi-Wan es wohl nennen?
Jabithas Schultern bebten. Sie verschwendete ihr letztes bisschen aufgesparte Energie mit herzzerreißendem Schluchzen. »Die Nachrichten waren nichts als Lügen. Niemand ist jemals hierhergekommen, weil er uns gesagt hat, alles wäre in Ordnung. Nur ihr!« Sie drehte sich zu Anakin um. »Ihr wart hier!«
»Wir haben den Palast gesehen«, gab Anakin zurück. »Wenigsten dachten wir das.«
»Treibstoff, und zwar schnell«, insistierte Ke Daiv scharf. »Die Luftminen werden tief genug sinken, um herauszufinden, wo wir gelandet sind. Und dann kommen sicher bald auch noch andere.«
»Die werden Sie opfern, nicht wahr?«, sagte Anakin. Die Mauer des Palastgebäudes ragte über ihnen auf. Rechts von ihnen war, halb unter Schutt begraben, eine kleine Tür zu sehen, bei der es sich um einen Dienstboteneingang handeln mochte. »Denen ist es völlig egal, was mit Ihnen passiert.«
Ke Daiv würdigte diese Bemerkung keiner Antwort.
»Was haben Sie angestellt, um eine solche Schande zu verdienen?«, wollte Anakin wissen. Ohne nachzudenken legte er den Kopf schräg und krümmte drei Finger der rechten Hand.
»Ich habe den Sohn meines Wohltäters getötet«, antwortete Ke Daiv. »Es war geweissagt worden, er würde bei einem Kampf an einer schweren Kopfverletzung sterben. Also hat sein Vater den Clan angefleht, seinen Sohn niemals in eine Schlacht zu schicken. Der Clan gab nach, befahl ihm jedoch, an einer rituellen Jagd teilzunehmen, um seine
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