Planeten 03 - Venus
nur, dass es schnell genug war.
Ich warf einen Blick auf Fuchs. Er schaute auch auf den Bildschirm, allerdings mit einem Grinsen im Gesicht. Er erinnerte mich an einen römischen Kaiser, der zusah, wie Gladiatoren in der Arena auf Leben und Tod kämpften. Wer würde sterben? Würden diese drei unglücklichen Menschen in der Rettungskapsel es bis in die Sicherheit der Umlaufbahn schaffen?
Ich fragte mich, wieso ich mir überhaupt Gedanken um sie machte. Sie hatten Sanja getötet. Sie hätten Fuchs auch getötet. Und mich. Sie waren Meuterer und Mörder. Und doch machte ich mir Sorgen um sie und hoffte, dass sie diesen Höllentrip lebend überstanden.
Fuchs wurde nicht von solchen Konflikten gequält. Er hatte von vornherein gewusst, dass sie durch die Wolken mussten, und die Mikroben hatte er auch nicht vergessen. Er hatte ihnen die Verbrechen nicht verziehen. Das war seine Art von Gerechtigkeit.
Die gelbe Nachrichtenlampe blinkte. Ich streifte mir die Sprechgarnitur über und zog das Mikrofon dicht an die Lippen. Dann drückte ich auf die Taste, die die Nachricht auf den kleinen Monitor auf der rechten Seite der Konsole legte.
Bahadur war in Panik. »Wir verlieren Druck!«, schrillte seine Stimme in meinem Ohr. »Die Mikroben zerfressen die Dichtung um die Hauptluke!«
»Legen Sie das auf meinen Schirm«, befahl Fuchs, ehe ich noch die Gelegenheit hatte, ihn zu informieren.
Ich folgte der Anweisung. Bahadurs Brust hob und senkte sich, und er fuchtelte mit den Händen. »Die Mikroben! Sie fressen uns auf!«
Fuchs sagte nichts.
»Wir müssen etwas tun!«, kreischte Bahadur. »Der Druck fällt ab!«
Das andere Besatzungsmitglied und die Frau, die mit Kreuzgurten gesichert hinter ihm saßen, machten einen angespannten Eindruck. Sie schauten böse und vorwurfsvoll.
»Da kann man nichts machen«, sagte Fuchs mit kalter und harter Stimme. »Ihr müsst durchhalten und hoffen, dass ihr über den Wolken seid, ehe die Dichtung versagt.«
Die Frau stieß eine lange Folge zischender Worte aus.
Fuchs schüttelte den Kopf. »Ich kann euch nicht helfen. Niemand könnte das.«
»Aber Sie müssen uns helfen!« Bahadur stand am Rand der Hysterie; die Augen
quollen ihm aus den Höhlen, die Brust blähte sich wie ein Blasebalg, und die Hände ruderten in der Luft. Wenn er nicht angeschnallt auf dem Sitz gesessen hätte, sagte ich mir, dann wäre er in der engen Kapsel wohl Amok gelaufen. »Sie müssen!«, rief er.
»Stellen Sie den Ton ab«, sagte Fuchs zu mir.
Meine Hand schwebte über der Tastatur.
»Stellen Sie ihn ab!«, knurrte er.
Ich drückte auf die Taste. Bahadurs Geschrei brach ab, doch wir sahen immer noch sein Gesicht und die Panik in den Augen.
Es bestand eine telemetrische Verbindung zwischen der Kapsel und der Lucifer. Wir hatten keine Möglichkeit, die Bedingungen in der Kabine zu beobachten. Aber ich sah den Schrecken in ihren Gesichtern, während die Kapsel durch die mit Mikroben geschwängerten Wolken flog.
Ich wurde mir bewusst, dass ich den Atem anhielt und starrte im Wechsel auf sie und die Grafik, die ihren Flug durch die Wolken abbildete.
Der blinkende weiße Cursor näherte sich langsam dem oberen Rand der Wolkendecke.
Sekunden schienen sich zu Stunden zu dehnen. Die ganze Zeit saßen Bahadur und seine zwei Kameraden mit hervorquellenden Augen und starr vor Schreck da; sie hatten den Mund in stummen Schreien aufgerissen und ruderten in panischer Angst mit den Armen.
Dann brachen sie durch die Wolken. Der Cursor stieg über die Wolkenschicht in den freien Raum.
»Sie haben es geschafft«, rief ich.
»Wirklich?«, fragte Fuchs spöttisch.
»Sie gehen in eine Umlaufbahn«, sagte ich.
»Gut«, sagte Fuchs.
Ich sah, dass Bahadur noch immer mit aufgerissenen Augen und schwer atmend dasaß.
Er würde aber gleich erkennen, dass er in Sicherheit ist, sagte ich mir.
Stattdessen lief sein Gesicht blutrot an. Die Augen traten ihm aus den Höhlen und – explodierten. Blut schoss aus jeder Pore der Haut. Bei den an deren das gleiche.
»Explosive Dekompression«, sagte Fuchs nüchtern. »Die Mikroben müssen die Lukendichtung so geschwächt haben, dass die Luft schlagartig aus der Kapsel entwichen ist.«
Mit einem erstickten Schrei schaltete ich die Videoübertragung ab.
»Löschen Sie die Grafik auch«, sagte Fuchs gelassen. »Es spielt keine Rolle mehr, wo die Kapsel ist.«
Ich vermochte die Hände nicht zu bewegen. Ich drückte die Augen zu, aber das Bild, wie diese drei Menschen in
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