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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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und das äußere Luk aufglitt, rief ich mir in Erinnerung, dass dieses Vorhaben sich deutlich von einem Weltraumspaziergang unterschied. Es glich eher einer Montagearbeit auf einem schwindelerregend hohen Wolkenkratzer. Nur ein Fehltritt, und ich würde nicht einfach vom Schiff abtreiben, sondern fünfzig Kilometer tief abstürzen.
    »Lassen Sie es langsam und ruhig angehen«, sagte Rodriguez zu mir. »Ich bin bei Ihnen. Reichen Sie mir Ihre Leine, bevor Sie rauskommen.«
    Ich sah seine im Raumanzug steckende Gestalt, die sich an den Handgriffen festhielt, die neben dem Schott in die Außenhaut der Gondel eingelassen waren.
    Ich reichte ihm ein Ende der rechten Leine. Er hängte sie in eine Sprosse neben seiner ein.
    »In Ordnung, und nun genau so, wie wir es in der Sim gemacht haben. Kommen Sie raus.«
    Wenigstens steckten wir in den Wolken, so dass mir der Blick nach unten erspart blieb.
    Es gab nichts zu sehen außer konturlosen gelbgrauen Schwaden. Aber ich spürte, wie das Schiff in den Windströmungen zitterte und nickte.
    »Ist genauso wie Bergsteigen«, sagte Rodriguez bemüht locker. »Ein Kinderspiel.«
    »Wann haben Sie denn schon mal einen Berg bestiegen?«, fragte ich und setzte einen Fuß auf die Leiter.
    »Ich? Machen Sie Witze? Wenn ich höher als fünfzig Meter steige, bekomme ich Höhenangst.«
    Ich hatte auch noch nie einen Berg bestiegen. Nur aus Spaß an der Freud den Hals zu riskieren war mir bisher immer als Gipfel der Idiotie erschienen. Doch das hier war etwas anderes, sagte ich mir. Wir hatten eine Aufgabe zu erfüllen. Ich leistete nun einen echten Beitrag für die Mission und verkroch mich nicht mehr in meinem Quartier, während die anderen die Arbeit machten.
    Trotzdem war es beängstigend. Rodriguez hätte das wohl auch allein geschafft, aber die jahrzehntelange Erfahrung sagte, dass es viel sicherer war, wenn zwei Leute zusammen rausgingen – selbst wenn einer von ihnen ein Grünschnabel war. Zumal wir durch meine Hilfe die Zeit für die Prüfung um die Hälfte zu reduzieren vermochten, was an sich schon zur Sicherheit beitrug.
    In gewisser Weise kam der Druck der Venusatmosphäre uns sogar zugute. Im Vakuum des Weltraums bläht ein Raumanzug sich auf wie ein Ballon und wird steif. Deshalb hatten wir auch die miniaturisierten Servomotoren in den Gelenken und Handschuhen des Anzugs, um die Muskeln beim Beugen und Strecken zu unterstützen. Jedoch war der Atmosphärendruck selbst in dieser großen Höhe noch hoch genug, um die Bewegung in den Anzügen spürbar zu erleichtern. Sogar die Handschuhe krümmten sich leicht; die Servomotoren des Exoskeletts am Handrücken mussten kaum nachhelfen.
    Der Reihe nach kontrollierten Rodriguez und ich die Versteifungen und Verstrebungen, mit denen die Gondel an der Gashülle festgemacht war. Alle Schweißnähte schienen nach einer Sichtprüfung in Ordnung zu sein. Wir fanden keine Anzeichen von Beschädigung oder Korrosion. Einer der Schläuche, durch den Wasserstoff vom Separator zur Hülle geleitet wurde, schien etwas lockerer zu sitzen, als es Rodriguez gefiel. Er nahm einen Schraubenschlüssel vom Werkzeuggürtel und machte sich für ein paar Minuten an der Verbindung zu schaffen, wobei er an einer Strebe baumelte wie ein Affe an einem Baum.
    Während ich Rodriguez bei der Arbeit zuschaute, warf ich einen Blick aufs Thermometer am Ärmelbund’ des Anzugs. Zu meinem Erstaunen zeigte es nur zwei Grad über dem Gefrierpunkt an. Dann erinnerte ich mich daran, dass wir uns noch immer mehr als fünfzig Kilometer über der Oberfläche befanden; auf der Erde wären wir hoch über der Stratosphäre am Rand des Weltraums gewesen. Hier auf der Venus steckten wir mitten in einer dicken Wolke aus Schwefelsäuretröpfchen. Doch wenig tiefer heizte die Atmosphäre sich schnell auf ein paar hundert Grad auf.
    Hier draußen im Weltraum zu baumeln rief eine Erinnerung in mir wach, die zunächst aber verschwommen blieb – bis ich mich schließlich an ein Video erinnerte, das ich vor Jahren gesehen hatte, als ich noch ein Kind war. Es hatte Leute gezeigt, die auf Hawaii mit Paragleitern von Klippen übers Meer gesegelt waren. Ich wurde richtig neidisch, als ich sah, welchen Spaß die Leute hatten, während ich fast die ganze Zeit zu Hause bleiben musste, weil ich für solche Abenteuer zu schwach war. Und zu ängstlich, wie ich zugeben muss. Und hier war ich nun auf einer fremden Welt und sauste fünfzig Kilometer hoch mit dem Wind!
    »Das wäre geschafft«, sagte

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