Planeten 03 - Venus
vierhundert Grad, viermal so heiß wie der Siedepunkt von Wasser. Also vermag die Venus keinen nennenswerten Wasseranteil in der Atmosphäre zu speichern.
Ich fragte mich, was daraus für Greenbaums Theorie folgte, wonach die gesamte Oberfläche der Venus in einem planetenweiten Beben eruptieren würde. Es musste eine gewisse vulkanische Aktivität geben, die zumindest einen Teil der inneren Wärme des Planeten in die Atmosphäre abgab.
»Wir werden noch tiefer gehen müssen, um Lebensformen in den Wolken zu finden«, sagte Marguerite mehr zu sich selbst als zu mir. »Der UV-Absorber ist nicht mehr weit entfernt.«
Ich dachte noch immer über Vulkane nach.
»Wir beobachten die Venus nun schon seit über einem Jahrhundert, und es wurde noch kein einziger Vulkanausbruch festgestellt. Von all den Raumfahrzeugen, die wir in die Umlaufbahn gebracht und auf der Oberfläche gelandet haben, hat kein einziger Sensor Vulkan
einen ausbrechenden registriert.«
»Was erwartest du eigentlich?«, rügte Marguerite mich. »Wir haben erst ein paar Dutzend robotische Raumfahrzeuge in eine Umlaufbahn um die Venus geschickt und noch weniger Landungsfahrzeuge auf die Oberfläche. Wir haben den Planeten sträflich vernachlässigt.«
Ich musste ihr beipflichten. »Aber was, wenn Professor Greenbaum doch recht hat und es gar keinen nennenswerten Vulkanismus gibt?«
»Vielleicht beobachten wir einen Ausbruch«, sagte Marguerite. »Das wäre schon mal ein Anfang, nicht wahr?«
Sie war voller Enthusiasmus, doch ich dachte an das alte chinesische Sprichwort: Bedenke deine Wünsche wohl; sie könnten in Erfüllung gehen.
Fuchs bereitete mir noch immer Kopfschmerzen. Anscheinend segelte er wie wir noch immer durch die Wolken. Doch außer der Position vermochte ich von der IAA keine Informationen über ihn zu bekommen. Aus gutem Grund: Es gab nämlich keine Informationen außer den Daten der Verfolgungsboje und der Standard-Telemetrie, aus denen hervorging, dass seine wichtigsten Systeme ordnungsgemäß funktionierten. Als ich versuchte, Details über die Bauart seines Schiffs und die Bestückung der Messsysteme herauszufinden, die er mitführte, zog ich eine Niete. Die Lucifer war ein Schiff ›Marke Eigenbau‹ das er in den Tiefen des Asteroidengürtels zusammengeschustert und nach seinen Spezifikationen ausgerüstet hatte. Er berichtete das erforderliche Minimum an die IAA und behielt alles andere für sich.
Etwas vermochte ich während dieser ersten Tage in den Wolken doch zu bewerkstelligen: Ich erstellte eine Karte mit dem Muster der Super-Rotations-Winde.
Indem ich durch das Trägheitsnavigationssystem des Schiffs unsre Position bestimmte, vermochte ich eine dreidimensionale Projektion der Windrichtung zu erstellen, eine Art Wetterkarte der venusischen Jetstreams. Jedes Mal, wenn eine kräftige Bö uns erfasste und durchschüttelte, jedes Mal, wenn wir in eine Thermik gerieten oder in einem Luftloch absackten, dass mir der Magen zum Hals herauszukommen schien, sagte ich mir, ich würde nützliche Daten gewinnen.
Die Winde wehten natürlich vom subsolaren Punkt aus. Das war die Stelle, wo die Sonne senkrecht stand und die Atmosphäre des Planeten wie ein Flammenwerfer bestrich. Die Venus dreht sich so langsam, dass der subsolare Punkt gnadenlos geröstet wird. Die Atmosphäre strebt in einer mächtigen Konvektion von dort weg und erzeugt Strömungen und Konvektionszellen, die den ganzen Planeten umspannen. Ich maß Windgeschwindigkeiten von annähernd vierhundert Kilometern pro Stunde: Wir stellten einen Guinness-Rekord für ›Leichter-als-Luft‹-Luftfahrzeuge auf.
Weiter unten, wo die Atmosphäre dichter und heißer wird, flauen die Winde zu einem lauen Lüftchen ab. Bei einem Druck wie dem irdischen in einem Kilometer Meerestiefe gab es nichts, was wir als Wind bezeichnen würden, nur träge Gezeitenbewegungen.
So lautete zumindest die Theorie.
Die Karte der Super-Rotations-Winde war nach ein paar Tagen ziemlich weit gediehen, und das Bewusstsein erfüllte mich mit Stolz, einen wirklichen Beitrag zum Verständnis der Venus geleistet zu haben. Als ich dann versuchte, die Daten auf eine etwas geringere Höhe zu erweitern, um zu sehen, wie weit nach unten die Winde vielleicht reichten, stürzte das Computerprogramm ab. Ungenügende Daten, sagte ich mir und schaute auf den Bildschirm.
Ich hatte die Karte mit Falschfarben codiert, wobei jede Farbe einen Geschwindigkeitsbereich bezeichnete. Da waren sie, ein Netzwerk aus
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