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Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Planetenwanderer: Roman (German Edition)

Titel: Planetenwanderer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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streichelte Torheit in blindem Rhythmus, die Lippen fest zusammengepresst, die Augen starr auf den Bildschirm gerichtet, wo der erste Feuerballon über dem trudelnden Wrack der Geist von Aquarius schwebte. »Seitdem«, sagte sie schließlich, »ist das Leben ein ständiger Albtraum. Wir haben unsere Meere verloren. Auf drei Vierteln von Namor herrschen Hunger und sogar Hungertod. Nur Neu-Atlantis hat noch genügend Nahrung, da dort eine ausgedehnte Landwirtschaft betrieben wird. Die Wächter kämpfen weiter. Die Sonnenklinge und unsere zwei anderen Raumschiffe wurden zum Dienst herangezogen – Bomben oder Gift abwerfen, einige der kleineren Inseln evakuieren. Mit Flugwagen und schnellen Gleitern haben wir ein lockeres Kontaktnetz zu den äußeren Inseln aufrechterhalten. Und wir haben natürlich Funk. Aber wir haben kaum noch Kontakt. Innerhalb des letzten Jahres sind mehr als zwanzig Inseln verstummt. In einem halben Dutzend dieser Fälle haben wir Patrouillen ausgesandt, um die Lage zu erkunden. Die, die zurückgekehrt sind, berichten alle dasselbe. Überall Leichen, die in der Sonne verrotten. Die Gebäude zerstört und verlassen. Kratzer und kriechende Maden laben sich an den Leichen. Und auf einer Insel fanden sie noch etwas anderes, etwas noch Beängstigenderes. Diese Insel heißt Seestern. Fast vierzigtausend Menschen lebten dort, und es gab einen der Hauptraumhäfen, bevor der Handel eingestellt wurde. Es war ein fürchterlicher Schock, als Seestern plötzlich nicht mehr sendete. Gehen Sie zur nächsten Aufzeichnung, Tuf. Fahren Sie fort.«
    Tuf drückte mehrere Lichter auf der Konsole.
    Ein totes Ding lag auf einem Strand, verrottete im indigoblauen Sand.
    Es war ein einzelnes Bild, dieses eine, kein Band. Haviland Tuf und Wächterin Kefira Qay hatten sehr viel Zeit, dieses Ding zu studieren, wie es da ausgebreitet lag und verrottete. Darum herum und darauf lagen menschliche Leichen verstreut und verliehen ihm durch ihre Nähe eine entsprechende Größe. Das tote Ding hatte die Form einer umgedrehten Schüssel, und es war groß wie ein Haus. Sein ledriges Fleisch, aufgebrochen und mit nässenden Pusteln übersät, war graugrün gesprenkelt. Ringsum auf dem Sand ausgebreitet, wie die Speichen einer Radnabe, lagen die Anhängsel des Dings – zehn verdrehte grüne Tentakel, übersät mit rosig weißen Mündern, und zur Abwechslung zehn Glieder, die steif und hart und schwarz aussahen und anscheinend Gelenke hatten.
    »Beine«, sagte Kefira Qay bitter. »Es war ein Läufer, Tuf, bevor sie ihn getötet hatten. Wir haben nur dieses eine Exemplar gefunden, aber das genügte schon. Wir wissen jetzt, warum unsere Inseln verstummen. Sie kommen aus dem Meer, Tuf. Dinge wie dieses. Größer, kleiner, auf zehn Beinen laufend wie eine Spinne und mit den anderen zehn, den Tentakeln, greifend und fressend. Der Rückenschild ist dick und fest. Ein einzelnes Explosivgeschoss oder ein Laserstoß würden das da nicht töten, wie wir es mit den Feuerballons tun konnten. Jetzt wissen Sie es. Zuerst das Meer, dann die Luft, und jetzt hat es auch auf dem Land begonnen. Das Land . Sie brechen zu Tausenden aus dem Wasser und schreiten über den Strand wie eine schreckliche Flut. Zwei Inseln wurden allein letzte Woche überrannt. Sie wollen uns von diesem Planeten eliminieren. Ohne Zweifel werden ein paar von uns auf Neu-Atlantis überleben, im Hochgebirge, aber es wird ein hartes und kurzes Leben sein. Bis Namor irgendetwas Neues über uns bringt, einen neuen Albtraum.« Ihre Stimme hatte einen hysterischen Unterton.
    Haviland Tuf schaltete seine Konsole aus, und alle Bildschirme wurden schwarz. »Beruhigen Sie sich, Wächterin«, sagte er und drehte sich zu ihr um. »Ihre Ängste sind verständlich, aber unnötig. Ich verstehe Ihre missliche Lage jetzt besser. Sie ist in der Tat tragisch, aber nicht hoffnungslos.«
    »Sie glauben immer noch, dass Sie uns helfen können?«, sagte sie. »Allein? Sie und dieses Schiff? Oh, ich will Sie auf keinen Fall entmutigen. Wir werden nach jedem Strohhalm greifen. Aber …«
    »Aber Sie glauben es nicht«, sagte Tuf. Ein kleiner Seufzer entrang sich seinen Lippen. »Zweifel«, sagte er zu dem grauen Kätzchen und hob es in seiner riesigen weißen Hand empor, »dein Name ist wahrlich gut gewählt.« Er richtete den Blick wieder auf Kefira Qay. »Ich bin ein nachsichtiger Mann, und Sie sind durch so viel schreckliche Mühsal gegangen, dass ich von der gedankenlosen Art, mit der Sie mich und meine

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