Planetenwanderer: Roman (German Edition)
scheint fast, als würde irgendein dunkles Gegenstück der Arche einen Biowaffenkrieg gegen Sie führen, obwohl dies ganz offensichtlich nicht der Fall ist. Ob neu oder alt, diese Seeungeheuer sind auf Namor zu Hause, ein Produkt der lokalen Evolution. Ihre nahen Verwandten bevölkern die Ozeane – die Schlammtöpfe, die Springenden Freddies, die Tanzenden Quallen und die Kriegsschiffe. So. Und was sagt uns das?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Kefira Qay.
»Ich ebenso wenig«, sagte Tuf. »Fahren wir fort. Diese Seeungeheuer pflanzen sich in großer Anzahl fort. Die See wimmelt von ihnen, sie füllen die Lüfte, sie überrennen dicht besiedelte Inseln. Sie töten. Dabei töten sie weder sich gegenseitig noch scheinen sie andere natürliche Feinde zu haben. Die brutalen Kontrollmechanismen eines normalen Ökosystems wirken also nicht. Ich habe die Berichte Ihrer Wissenschaftler mit großem Interesse gelesen. Vieles an diesen Seeungeheuern ist faszinierend, aber vielleicht am fesselndsten ist die Tatsache, dass Sie von ihnen nichts kennen außer ihrer ausgewachsenen Form. Riesige Zerstörer streifen durch die Ozeane und bringen Schiffe zum Kentern, monströse Feuerballons wirbeln durch die Lüfte. Wo, wenn ich fragen darf, sind die kleinen Zerstörer, die Baby-Ballons? Wo nur?«
»Tief in den Ozeanen.«
»Vielleicht, Wächterin, vielleicht. Sie können es nicht mit Sicherheit sagen, und ich ebenso wenig. Diese Ungeheuer sind äußerst wunderbare Kreaturen, aber ich habe auf anderen Planeten ebenso vollkommene Räuber gesehen. Aber nicht in so großer Anzahl. Warum? Aha, weil die Jungen, die Eier oder die Nestlinge nicht so vollkommen sind wie ihre Eltern, und weil die meisten sterben, bevor sie ausgewachsen sind. Dies scheint auf Namor nicht zu passieren. Es scheint überhaupt nicht zu passieren. Was kann das alles bedeuten? Was nur?« Tuf zuckte mit den Achseln. »Ich kann es nicht sagen, aber ich arbeite daran, ich denke, ich bin dem Rätsel Ihrer übervölkerten Ozeane auf der Spur.«
Kefira Qay zog eine Grimasse. »Und in der Zwischenzeit sterben wir. Wir sterben, und Sie kümmert es nicht im Geringsten.«
»Ich protestiere!«, begann Tuf.
»Still!«, sagte sie und schwang den Laser. »Jetzt rede ich, Sie hatten Ihre Chance. Heute haben wir den Kontakt mit der Gebrochenen Hand verloren. Dreiundvierzig Inseln, Tuf. Ich will gar nicht daran denken, wie viele Menschen dort lebten. Alle tot, innerhalb eines einzigen Tages. Ein paar verstümmelte Funksprüche, Hysterie, dann Stille. Und Sie sitzen hier und reden über Rätsel. Genug davon. Sie werden jetzt etwas unternehmen! Ich bestehe darauf. Oder ich drohe, wenn Ihnen das lieber ist. Später werden wir uns um das Wie und Warum dieser Wesen kümmern. Vorläufig werden wir sie töten, ohne Fragen zu stellen.«
»Einstmals«, sagte Haviland Tuf, »gab es einen Planeten, der einfach idyllisch war und nur einen einzigen Makel aufwies – ein Insekt von der Größe eines Staubkorns. Es waren harmlose Kreaturen, aber sie waren überall. Sie ernährten sich von den Mikrosporen eines schwimmenden Pilzes. Die Leute auf diesem Planeten hassten das winzige Insekt, das manchmal in so dicken Wolken flog, dass sie die Sonne verdunkelten. Wenn die Einwohner das Haus verließen, landeten die Insekten zu Tausenden auf ihnen und überzogen ihre Körper mit einer lebenden Kruste. Ein Möchtegern-Ökoingenieur versprach, ihr Problem zu lösen. Er führte ein anderes Insekt von einem fernen Planeten ein, ein größeres, das die lebenden Staubkörnchen jagen sollte. Der Plan funktionierte vortrefflich. Die neuen Insekten vermehrten sich immer weiter. Sie hatten in diesem Ökosystem keine natürlichen Feinde, bis sie schließlich die einheimische Art völlig ausgelöscht hatten. Es war ein großer Triumph. Unglücklicherweise gab es unvorhergesehene Nebeneffekte. Nachdem die Eindringlinge eine Lebensform zerstört hatten, gingen sie zu anderen, nützlicheren Arten über. Viele einheimische Insekten starben aus. Die Vogelwelt, ihrer üblichen Beute beraubt und unfähig, die fremden Insekten zu verdauen, litt ebenfalls schrecklich. Pflanzen wurden nicht mehr bestäubt wie zuvor. Ganze Wälder und Dschungel veränderten sich und verdorrten. Und die Sporen der Pilze, die die Nahrung des ursprünglichen Ärgernisses gewesen waren, vermehrten sich unkontrolliert. Der Pilz wuchs überall – auf Gebäuden, auf Gemüsepflanzen, sogar auf lebenden Tieren. Kurz gesagt, das Ökosystem kippte
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