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Plasma City

Plasma City

Titel: Plasma City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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hat auswendig lernen lassen, falls sie ihm etwas Wichtiges zu sagen hat. Sie sollte in jedem Fall ein öffentliches Telefon benutzen und keinen Rückruf erwarten.
    Vor dem Gebäude der Behörde ist ein Unfall passiert, zwei Personenwagen und ein umgekippter Viehtransporter. Verstörte Miniaturrinder, kaum größer als Schafe, rennen zwischen den Fahrzeugen herum. Verwirrte Polizisten der Behörde wandern ziellos hin und her und fragen sich, ob sie sich irgendwie nützlich machen können. Aiah überlegt, ob ein solcher Unfall für Constantines Coup eine nützliche Ablenkung bieten könnte, weil er die Sicherheitskräfte aus ihren Quartieren in die Öffentlichkeit lockt, wo sie leichter angegriffen werden können.
    Seltsam, aber solche Gedankengänge kommen ihr überhaupt nicht mehr abwegig vor.
    Als sie das Büro betritt, will Tella sofort wissen, wie das Wochenende mit ihrem Arbeitgeber verlaufen ist. Aiah hat sich längst eine passende Geschichte zurechtgelegt.
    »Bobo hat sich an mich herangemacht«, sagt Aiah, als sie sich an den Schreibtisch setzt. Tellas Augen funkeln begeistert. »Aber ich habe nein gesagt«, fährt Aiah fort und Tella macht ein enttäuschtes Gesicht.
    »Warum denn?«, fragt sie. »Es hat doch so vielversprechend begonnen.«
    Aiah schaltet ihren Computer ein. Sie muss ein paar Minuten warten, bis er sich aufgewärmt hat. »Hättest du denn ja gesagt?«, fragt sie zurück.
    »Wir reden doch nicht über mich«, erwidert Tella. »Warum hast du ihn abgewiesen?«
    Aiah setzt den Kopfhörer auf, lächelt und gibt eine Weisheit ihrer Großmutter zum Besten. »Wenn er es wirklich ernst meint, dann lässt er sich durch ein einfaches Nein nicht abhalten.«
    Tella denkt darüber nach und muss schließlich einräumen, dass da etwas dran ist. »Na ja«, meint sie, »jedenfalls musst du mir unbedingt erzählen, wie es sich weiterentwickelt.«
    »Natürlich«, sagt Aiah. Der Geschmack der Lüge auf ihrer Zunge ist einfach köstlich.
     
    ■ ■ ■
     
    Aiah freut sich, als sie am Ende ihrer Schicht den Elton sieht. Constantine wartet im Wagen, durch die hochgefahrene Scheibe vom Fahrer und dem Leibwächter abgeschirmt. Eine gekühlte Flasche Wein, Früchte und Blumen in handgeschliffenen Vasen erwarten sie. Constantine sitzt ganz hinten in der Ecke. Er trägt seine schwarze Lederjacke und nickt wortlos, als Aiah einsteigt. Sein undurchschaubarer Gesichtsausdruck jagt ihr kleine ängstliche Schauder über die Haut.
    »Ist gestern mit deinem Freund alles gut verlaufen?«, fragt er.
    »Ja«, sagt sie. »Keine Probleme.«
    »Das ist gut. Ich wollte mich nicht zwischen euch drängen«, sagt er. Und dann, als ihm bewusst wird, wie banal und unglaubwürdig die Bemerkung geklungen hat, fügt er hinzu: »Jedenfalls nicht ohne Einladung.«
    Sie reagiert auf das heimliche Strahlen in seinen Augen und nimmt seine Hand. Er seufzt, dreht sich etwas herum und sieht nervös nach vorn. »Sorya ist wieder da«, sagt er. »Sie ist in den Mage Towers.«
    Die Eröffnung verschlägt Aiah die Sprache. Sie braucht eine Weile, bis sie etwas sagen kann.
    »Ach.« Schon wieder nichts sagende Worte. »Ich verstehe.«
    Constantine ist in sich zusammengesunken und sitzt in der Ecke wie ein Häufchen Elend. »Ich kann es mir nicht erlauben, die Sache in Caraqui ohne sie anzugehen. Sie ist zu wertvoll. Ich brauche …« – er leckt sich die Lippen, sieht sie an. »Ich brauche jeden.«
    Aiah findet schließlich im Unwetter, das in ihr tobt, doch noch ein paar Worte. »Und wozu brauchst du mich ?«
    Er überlegt einen Augenblick lang, ehe er antwortet. »Ich glaube, ich kann nicht mehr tun, als dich um Geduld zu bitten.«
    »Nun …« Unsicher bricht sie ab.
    »Aber trotzdem …« Er sieht sie amüsiert an und nimmt ihre Hand. »Ich habe Khoriak eine Suite im Landmark Hotel reservieren lassen, falls du nach alledem noch bereit bist, etwas Zeit mit mir zu verbringen. Falls nicht, hätte ich allerdings Verständnis dafür.«
    Aiah ist für einen Augenblick in Versuchung, schallend zu lachen. Also liegt die Entscheidung bei ihr.
    »Oh«, sagt sie schließlich, »warum eigentlich nicht?«
     
    ■ ■ ■
     
    Einige Sicherungsvorkehrungen sind nötig, um Constantines Anonymität zu garantieren, aber danach ist alles in Ordnung. Die Wände sind weiß, der Teppich dick und weich, und das Bettzeug besteht aus blauer Seide. Zur Erfrischung gibt es Scheiben von Blutorangen, die im Dachgarten des Hotels angebaut werden. Sie liegen geschmackvoll

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