Plasma City
ich will«, gibt sie schließlich zu. »Ich wollte Sicherheit – Geld auf der Bank und nicht mehr kämpfen müssen. Weiter habe ich nie gedacht. Aber jetzt hast du mir die Sicherheit gegeben und so viele andere Dinge dazu, dass ich fürchten muss, ich werde zu gierig.«
Er beugt sich über sie und küsst sie auf die nackte Schulter. »Du kannst dir von mir nehmen, was du willst, solange wir noch Zeit haben«, sagt er.
Sie sieht ihn an. »Ich sagte dir gerade, dass ich gierig werde«, erinnert sie ihn.
Constantines Lächeln zeigt, dass er über ihre Antwort erfreut ist. »Nimm dir, was du willst«, sagt er. »Ich an deiner Stelle hätte keine Hemmungen.«
■ ■ ■
Als sie nach Hause kommt, warten im reparierten Kommunikationsgerät mehrere Nachrichten von Stonn. Ein weiterer Anruf von ihm geht ein, als sie frühstückt.
»Was du da gemacht hast, war ziemlich gut«, sagt er.
Die Müdigkeit senkt sich über Aiah wie ein warmer Regen. »Wirklich? Was habe ich denn gemacht?«
»Dass du dich um Guvag gekümmert hast. Die Sache kam sogar im Video, stell dir vor. Er musste wegen der Verbrennungen ins Krankenhaus. Der wird ziemlich lange niemanden mehr ärgern.«
»Wie kommst du auf die Idee, ich wäre dafür verantwortlich?«
»Hör doch auf, Aiah. Du hast gesagt, du würdest dich um ihn kümmern, und das hast du gemacht.«
»Wer sagt, dass ich es war? Er hat viele Feinde.«
Stonn lacht. »Was du nicht sagst. Jedenfalls weiß ich eine Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen.«
»Nein.« Keine Erklärungen, schlicht und einfach ein klares Nein.
»Wer Zugang zu so viel Plasma hat, könnte … ich meine, wir könnten es …«
»Nein. Ich kann nicht.«
»Hör doch zu …«
»Ich kann nicht!« Kaffee schwappt aus ihrer Tasse, als sie die flache Hand auf den Tisch knallt.
Es gibt ein kurzes, enttäuschtes Schweigen. »Du treibst Handel mit dem Zeug«, sagt Stonn. »Nur so kann man sich das erklären. Und jetzt willst du dein Chonah nicht mit deiner Familie teilen.«
»Stonn …« Sie sucht nach den richtigen Worten. Du bringst mich noch ins Gefängnis … das wären die richtigen Worte gewesen, doch sie würden zu einem Streit führen, den sie im Augenblick lieber vermeiden will.
»Es gibt nichts umsonst«, sagt sie. »Ich habe kein eigenes Plasma. Wenn ich überhaupt etwas erreicht habe, dann nur, weil jemand mir einen Gefallen getan hat. Und jetzt muss ich mich mit Gefälligkeiten erkenntlich zeigen, falls du verstehst, was ich meine.«
»Dann tu dem Mann doch einen Gefallen«, sagt Stonn. »Stell ihn mir vor. Ich weiß eine großartige Gelegenheit für ihn.«
»Das geht nicht.«
»Wer ist der Kerl überhaupt?«
Aiah reibt sich die schmerzende Stirn. »Stonn«, sagt sie, »es tut mir Leid, aber daraus wird nichts.«
Stonns Stimme klingt beinah hasserfüllt. »Also gut«, sagt er. »Dann behältst du eben alles für dich und deine Familie bekommt überhaupt nichts.«
»Ich kann dir nicht helfen«, sagt Aiah. »Ich würde es tun, wenn ich könnte.«
Stonn legt auf, bevor Aiah ganz ausgesprochen hat. Sie hängt den Kopfhörer auf den Haken.
Jetzt hat sie ihre Familie zu Passus gemacht. Sie hat sie angelogen, wie sie alle anderen angelogen hat. Sie fragt sich, was passieren wird, wenn die Lügen sich gegenseitig einholen – wenn Gil mit jemandem in der Familie über Constantine spricht oder wenn Rohder etwas über Bobo und Momo hört …
Kümmere dich darum, wenn es so weit ist, sagt sie sich müde. Mehr kann sie ohnehin nicht tun.
■ ■ ■
Tellas Kind schreit ohne ersichtlichen Grund – alle üblichen denkbaren Ursachen wurden überprüft und verworfen – und derart laut, dass Aiah die Nachrichtenkapsel nicht in den Auffangkorb fallen hört. Auf einmal sieht sie hoch und das Ding ist da und sie fragt sich wie lange schon. Die mit blauem Stift geschriebene Nachricht ist mit »Rohder« unterzeichnet. Er will sie sofort sprechen.
Ein kalter Hauch streicht ihr über den Nacken.
Aiah weiß nicht, ob Rohder befugt ist, ihr Anweisungen zu erteilen. Er ist nicht ihr unmittelbarer Vorgesetzter, aber sein Rang ist so hoch, dass er möglicherweise diese Befugnisse hat, auch ohne dass es ihr ausdrücklich gesagt wurde. Sie ruft die Disposition an und meldet sich für die Besprechung ab. Die Schreie des Kleinkinds sind so laut, dass sie die Antwort des Disponenten kaum verstehen kann.
Sie geht zu den Aufzügen des Gebäudes. Die eigenartige fließende Bewegung nach oben bringt ihren
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