Plasma City
Theater, das nur zwei Häuserblocks von den Loeno Towers entfernt ist. Was glaubt er denn, mit wem ich dort hingehen könnte?, denkt Aiah. Sie betrachtet das überzählige Ticket und denkt lächelnd: Vielleicht sollte ich Rohder einladen.
Im Gebäude der Behörde macht sie einen Umweg zu ihrem Büro und holt ihre Nachrichten ab. Sie findet eine Rohrpost von Mengene im Auffangkorb. Was Sie auch für Rohder tun, machen Sie weiter. Er ist vor Begeisterung über Ihre Leistungen ganz aus dem Häuschen.
Aiah freut sich über die Nachricht, aber sie hat Mühe sich vorzustellen, wie es aussehen mag, wenn Rohder vor Begeisterung aus dem Häuschen ist. Vielleicht kommt es dem Zustand nahe, der bei ihm eintreten könnte, wenn man ihm das Nikotin entzieht.
Sie fährt mit dem Aufzug in Rohders Büro hinauf. Die Türen der Kabine blenden das Geschrei von Tellas Baby aus, das gerade aus einem benachbarten Aufzug auf die Menschheit losgelassen wird. Aiah ist dankbar für die Fluchtmöglichkeit.
»Ich habe mir einige der anderen Adressen angesehen, die Sie mir gegeben haben«, erklärt Rohder. »Mindestens eins der Gebäude scheint einem regelrechten Plasmagroßhandel zu gehören. Wenn wir den ersten Einsatz erledigt haben, besorge ich mir gleich den nächsten Durchsuchungsbefehl.«
»Hoffentlich finden Sie noch mehr heraus.«
Im 60. Stock wird Aiah wie die persönliche Abgesandte des Intendanten empfangen. Sie bekommt ein sauberes Privatbüro mit einem Fenster, das ihr einen Ausblick über die Avenue of the Exchange hinweg zu einem Fenster der Börse erlaubt. Das Büro ist mit dem neuesten Evomatic-Leser ausgerüstet, und sie bekommt einen Assistenten, einen nervösen jungen Abteilungsleiter, der schwarzen Samt und Rüschen trägt. Anscheinend hat es sich ziemlich schnell herumgesprochen, dass sie von einem mächtigen Vorgesetzten protegiert wird.
Sie geht sorgfältig die Bänder durch, aber der Intendancy-Bezirk wird gut überwacht und besteht ohnehin überwiegend aus Regierungsgebäuden. Obwohl sie den ganzen Tag arbeitet, findet sie nur zwei verdächtige Adressen. Beide wurden, so vermutet sie, von dem Programmierer eingegeben, der auch in Rocketman am Werk war, oder von jemand anderem, der nach dem gleichen Schema vorgegangen ist.
Eine der Adressen ist an der Old Parade. Wahrscheinlich geht es dort um Streitigkeiten wegen der Neubauten. Die zweite Adresse gehört zur Fahndungsabteilung der Behörde, zur behördeneigenen Polizei also.
Wer überwacht die Wächter?, fragt sie sich.
Anscheinend ist das jetzt ihre Aufgabe. Je länger sie darüber nachdenkt, desto amüsanter findet sie den Gedanken.
Am Ende der Schicht berichtet sie Rohder von ihren Erkenntnissen.
»Danke«, sagt er. Er lümmelt auf seinem großen Stuhl, einen Fuß auf die Sitzfläche gestellt, und starrt anscheinend mit großem Interesse das Chaos auf seinem Schreibtisch an, während er mit dem Zigarettenanzünder herumfummelt.
»Was ist mit dem Einsatz?«, fragt Aiah. »Wird es heute Nacht passieren?«
»Hmm?« Rohder blinzelt erstaunt, schaut mit wässrigen blauen Augen zu ihr auf. »Oh, ja. Wahrscheinlich heute. Das Einsatzteam wird um 20.00 Uhr ins Gebäude eindringen. Danach hängt es vor allem davon ab, was unsere Kriminellen gerade tun.«
»Dann wünsche ich Ihnen viel Glück.« Aiah will gehen, zögert, dreht sich um. Rohder starrt schon wieder den Schreibtisch an.
»Mr. Rohder?«, sagt sie.
»Ja?« Er schaut nicht einmal auf.
»Ich habe gestern Abend den letzten Band Ihrer Protokolle durchgesehen. Ich fand die Informationen über Ihre WS sehr interessant. Darf ich mir die Bände ausleihen, die mit diesem Thema zu tun haben?«
»Das sind die Bände sieben bis zwölf«, sagt Rohder knapp.
Aiah betrachtet die lange Reihe der rot gebundenen Bücher. »Dann sollte ich vielleicht mit Nummer Sieben beginnen.«
■ ■ ■
Das überzählige Ticket schenkt Aiah schließlich dem Türsteher in ihrem Apartmenthaus, der gerade Feierabend macht, als sie nach Hause kommt. Das Theater ist gewaltig, es bietet mindestens tausend Zuschauern Platz und hat ein riesiges Kuppeldach mit einem Fresko, auf dem die Musen abgebildet sind, die den Autoren, Schauspielern, Regisseuren und Kameraleuten göttliche Inspirationen eingeben. Die große weiße Fläche des ovalen Bildschirms scheint einen halben Häuserblock entfernt zu sein. Die Vorstellung ist komplett ausverkauft und die Zuschauer sind für den Anlass festlich gekleidet, auch wenn die offizielle
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