Plasma City
riskiert, Tochter«, sagt er. »Das bedeutet, dass Ihnen dieses Geschäft wichtig ist.«
»Das ist es.«
»Mir ist heute kaum noch etwas wichtig«, sagt er und sieht sie herausfordernd an. »Warum ist dies Ihnen so wichtig?«
Aiah holt tief Luft. Constantines Hand ist warm. »Der Wirtschaft geht es nicht gut, und ich bin eine Fremde. Oder ich werde als Fremde behandelt, obwohl ich hier geboren bin. Genau wie meine Eltern. Für die meisten Menschen hier … ganz sicher für die Männer, die mich angegriffen haben … bin ich überflüssig, ersetzbar. Mein Volk ist vor Generationen als selbständige Nation untergegangen. Durch zwanzig Jahre Bür gerkrieg wurde alles zerstört, was noch irgendwie an ein halbwegs normales Familienleben erinnert hat. Mein Volk hat sich bis heute nicht davon erholt.«
Ein verletzter Ausdruck ist in Constantines Augen zu sehen. Er drückt Aiahs Hand. »Mein Volk«, sagt er. »Die Cheloki … habe ich das Gleiche mit Ihnen getan?«
»Ich …« Sie zögert und fragt sich, warum sie auf einmal den Impuls spürt, ihn zu trösten. »Ich kann es nicht sagen. Die Barkazil haben eigenwillige Vorstellungen von sich selbst, und das macht ihre Situation einzigartig.«
Constantine spürt, dass sie ihn gern aufmuntern würde. Er lässt ihre Hand los, steht auf und geht wieder zum Geländer. Er blickt zur Stadt hinaus, die Augen bewegen sich ruhelos. Die Stimme grollt so tief in der mächtigen Brust, dass Aiah die Worte kaum verstehen kann.
»Es stand viel mehr auf dem Spiel als das Leben der Menschen und ihre Not«, sagt er. »Eine schlecht regierte Metropolis – gibt es so etwas nicht überall? Warum sollte es mir wichtig sein? Warum sollte ich überhaupt eine Hand erheben?« Er dreht sich zu ihr um. »Es war nur ein erster Schritt«, fährt er fort. »Ich wollte nicht nur eine einzige Metropolis retten, sondern unsere ganze elende Welt. Aber …« Er lächelt unglücklich. »Aber ich habe mich schon beim ersten Schritt verschätzt. Und deshalb habe ich der Welt nur noch mehr Elend gebracht, nichts als Krieg und Zerstörung, und so ist Cheloki gestorben und in seinen eigenen Trümmern versunken. In meiner Ausbildung habe ich gelernt, keine Verhaftung an die Welt zu haben, nur nach Wissen zu streben, meinen Geist zu erforschen und die Realität des Plasmas zu erleben, Distanz zum Physischen zu wahren … aber trotzdem.« Er packt das Geländer, tastet über das Eisen. »Aber trotzdem macht es mir etwas aus. Ich leide mit meinem Volk, und ich will einen neuen Platz für mein Volk finden.«
Mit einer jener abrupten Bewegungen, die sie schon öfter bei ihm gesehen hat, dreht er sich wieder zu ihr um und kommt zu ihr. Er ragt über ihr auf, dass sie innerlich zusammenzuckt, erbarmungslos und riesig, als wäre einer der Mage Towers aus seinen Fundamenten gesprungen. Sie riecht sein Haaröl, spürt seine Körperwärme.
»Wollen Sie mir dabei helfen?«, fragt er.
Sie hebt die Hand, ein zaghafter Versuch, sich vor der einschüchternden Ausstrahlung abzuschirmen. »Ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen.«
»Sie sollen mir helfen, Ihr Geschenk einzusetzen. Sie sollen nicht einfach um Geld bitten und verschwinden, sondern mir helfen, diese Kraft einzusetzen. Sie sagten, Sie bewundern die Neue Stadt – helfen Sie mir, sie aus der Asche neu zu erbauen.«
Sie starrt den Zopf mit der silbernen Spitze an, der über Constantines Schulter hängt, dieses komplizierte Abzeichen der Schule von Radritha. Das Stück ist geformt wie ein schwebender Vogel, der von einem komplizierten, vielschichtigen Plasma-Fokus umgeben ist. Sie konzentriert sich darauf und versucht, ihre Gedanken zu ordnen.
»Ich weiß nicht, was Sie wollen«, sagt sie noch einmal.
Er stößt ein bellendes Lachen aus, weicht einen Schritt zurück. »Ich weiß es auch nicht«, sagt er. »Nicht genau jedenfalls. Mir wurden … man hat mir verschiedene Projekte angetragen. Ich habe weder ja noch nein gesagt.« Er schreitet unruhig im Raum hin und her. »Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich wirklich interessiert war. Vielleicht hatte ich auch einfach Angst.«
»Mut kann ich Ihnen nicht geben, Metropolit.«
Darüber scheint er ehrlich amüsiert. »Nein, das können Sie nicht. Aber Sie können mich beraten.« Er setzt sich wieder, verharrt einen Augenblick reglos auf dem Stuhl. »Ich muss mir überlegen, wie man Ihre Entdeckung nutzen kann. Wie man die Energie am besten anzapft und weiterleitet und einsetzt.«
Aiah ist überrascht.
Weitere Kostenlose Bücher