Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
Vom Netzwerk:
Bestenfalls war es eine Verzögerung und sehr wahrscheinlich sogar ein Fehler. Er wollte nicht, dass Gilbride seine Reaktion missverstand. Alles ist heillos verkorkst. Aber er kehrte nicht um. Noch nicht.
    Es waren mehr Soldaten im Freien als sonst, da die Arbeitstrupps gerade vom Berg zurückkamen. Mit Schaufeln und Felsblöcken beladen, strebten sie zu zweit oder zu dritt auf ihre Unterstände zu. Hernandez hatte keine Mühe, ihnen auszuweichen. Er stapfte bergauf, während sie bergab marschierten, aber irgendwie kam es ihm so vor, als habe er die falsche Entscheidung getroffen. Normalerweise war er bemüht, ein paar Worte mit den Leuten zu wechseln oder sie wenigstens anzulächeln – eine kleine Brücke zwischen Offizier und Untergebenen zu schlagen.
    Er konnte sich denken, wie der Widerstand begonnen hatte. Jeder seiner Sergeants hatte die Aufsicht über drei Bunker mit insgesamt achtzehn Mann. Viele waren jede Nacht und über einen Großteil des Tages allein. Wenn sich alle Soldaten einig waren, reichte eine Stimme nicht aus, um sie zur Umkehr zu bewegen, insbesondere dann nicht, wenn diese eine Stimme sich zu spät zu Wort meldete. Es war ein kleineres Modell dessen, was er jetzt erlebte. Der Einfluss von unten war zu stark. Ein kluger Anführer wählte nur solche Richtungen, die seine Anhänger bereitwillig einschlugen. Wenn er die Zügel zu straff anzog, konnte es geschehen, dass sie sich losrissen.
    Aber wir haben doch keine andere Möglichkeit, als hier zu bleiben, überlegte er. Wohin wollen sie denn gehen? Zurück in die Stadt? Sie standen unter dem Befehl der Heerführung und hatten ihren Auftrag zu erfüllen, ganz gleich, ob ihr Einsatz in diesem Luftkrieg sinnvoll war oder nicht.
    Hernandez blieb neben einem Granitblock stehen. Hier war es etwas wärmer, und er starrte in den leeren Himmel, bis sich sein Atem wieder beruhigt hatte. Dann drehte er sich um und wanderte zum nächsten Gipfel. Der Wind fegte über die niedrigen Felsenbuckel und zerrte an seiner Uniform, bis die Ärmel und Hosenbeine wie Fahnen knatterten.
    Rede mit Gilbride, dachte er. Versuch ihn zu beruhigen. Wenn du erst mal ihn auf deine Seite bringen kannst, gelingt es vielleicht gemeinsam, die anderen im Kommandozelt zu überzeugen. Falls es noch nicht zu spät ist...
    Wenn ein Einziger unter den Soldaten die Geduld verlor, wenn nur ein Einziger zu wütend, zu erschöpft oder zu leichtsinnig war, zwang ihn das vielleicht zum Handeln. Wie sollte er sich verhalten, wenn sich ein Untergebener seinen Anordnungen widersetzte? Er hatte nicht genug Leute, um jemanden einzusperren, geschweige denn jemanden bewachen zu lassen. Selbst wenn er seine Position als Befehlshaber behaupten konnte, würde die Krise seine Effektivität ruinieren. Die Moral der Truppe war jetzt schon miserabel. Angenommen, er sperrte zehn aufsässige Leute in einen der Bunker und zog darüber hinaus mindestens zwei Mann ab, die mit der Waffe im Anschlag vor dem Gefangenenzelt Wache schoben. Tag für Tag, immer im Wechsel.
    Ich brauche mehr Zeit.
    Jenseits der gezackten Gipfel befand sich Leadville. Er konnte die Hauptstadt nicht sehen, obwohl nachts ein schwacher Elektrizitätsschimmer wie ein rosa Nebel aus dem Boden sickerte. Dennoch blieb er, wo er war. Der innere Druck war zu stark. Das Bedürfnis nach Sicherheit.
    Nach der Entscheidung, die Raumstation zu verlassen, hatten sich die Ereignisse überstürzt. Hernandez waren Gerüchte über Umbesetzungen im Generalstab zu Ohren gekommen, und er fragte sich noch immer, was mit James Hollister geschehen war. Hatte er sich rechtzeitig abgesetzt, oder befand er sich in Haft ? War er wegen Hochverrats erschossen worden? Hernandez hegte den Verdacht, dass der Rat des Präsidenten einen Staatsstreich befürchtete.
    Außerdem hätte er zu gern gewusst, ob der Impf-Nano tatsächlich wirkte. Er vermutete es stark, da die Rebellen sonst nicht ständig Angriffe fliegen und auf diese Weise ihre spärlichen Ressourcen verheizen würden ... Und wenn Captain Young und die anderen Verräter keine Immunität gegen die Pest-Nanos besessen hätten, wären sie niemals in das verseuchte Sacramento geflüchtet, anstatt sich zu ergeben. Oder doch? Vielleicht waren sie auch längst tot. Vielleicht hatten die Regierungstruppen sie überwältigt und hielten sie nun in Kalifornien oder Leadville selbst gefangen. Er wusste es nicht. Diese Dinge wurden streng geheim behandelt, denn wenn sie nach außen gelangten ... wenn es tatsächlich stimmte

Weitere Kostenlose Bücher